I. Ueber einige elektro-magnetische Erscheinun-
gen und den verminderten Luftdruck in der
Tropen-Gegend des Atlantischen Oceans.
Auszug aus einem Briefe von Alexander
von Humboldt an den Herausgeber.
Paris, im December 1835.
— Ich habe, auf meine Aufforderung, von Hrn. Fara-
day das bestimmte Versprechen erhalten, sich bei der
Königlichen Societät zu London ernstlich dahin zu ver-
wenden, daſs man von der Nordost-Küste von Süd-
Amerika, aus dem Guarapiche, unfern dem Golf von
Paria, aus dem Delta des Orinoco oder aus den kleinen
Flüssen der englischen Guyana doch endlich einmal wie-
der lebendige elektrische Gymnoten nach Europa kom-
men lasse. Der Transport ist minder schwierig, als man
glaubt. Sie erinnern Sich, daſs man diese wunder-
baren Fische, an denen alle magneto-elektrischen Er-
scheinungen, vom Einflusse des Hirnes abhängig, deut-
licher, als an der Torpille (Zitterrochen) hervortreten,
lebend in Philadelphia und Stockholm gehabt hat. Ich
bin überzeugt, daſs, bei dem jetzigen glänzenden Zustande
der Physiologie und der Physik überhaupt, diese Gym-
noten, wenn man ihre Kräfte anfangs schont, und die
Thiere nicht (wie leider hier geschah) in den ersten Ta-
gen zu Tode quält, auf denkwürdige Entdeckungen über
den geheimniſsvollen Proceſs, der im Hirn und Nerven-
system vorgeht, führen werden. Unter den schönen
Versuchen, die wir John Davy über chemische Zer-
setzungen und Magnetisirung von Stahlnadeln durch Tor-
Poggendorff's Annal. Bd. XXXVII. 17
pillen verdanken, haben mich drei für die Theorie der elek-
tromagnetischen Lebens-Erscheinungen besonders interes-
sirt. John Davy hat sich nun auch überzeugt, daſs die
Torpille willkührlich den Schlag nach jeder Richtung (in
any direction it chooses) leitet, daſs der Schlag selbst
bei einer Kettenverbindung in der Flamme (bei der klein-
sten Zwischenschicht) unterbrochen wird, und daſs die
Torpille durch eine dünne Schicht Salzwasser durchschla-
gen kann, so daſs man den Schlag empfängt, ohne den
Fisch selbst zu berühren (Phil. Transact. for 1834, T. II
p. 545 und 547). Alles dieſs war schon bei den Gym-
noten beobachtet worden, ob es gleich Thatsachen sind,
die man lange und mehrfach geläugnet hat. Das Nicht-
Leiten der Flamme hatte mich besonders beschäftigt, da
auch in den einfachen galvanischen Versuchen mit Frosch-
schenkeln die Flamme isolirt. Die stärksten Schläge der
Gymnoten wurden erst fühlbar, wenn metallene Leiter
sich im Innern der schmalsten Flamme berührten. (Siehe
meine Relation hist. T. II p. 187.) Diese Erscheinung,
die man bei den Froschversuchen durch die schwache
Spannung der Kette erklärt, ist in den mächtigen Gym-
noten um so auffallender, als nach den scharfsinnigen
Bemerkungen Erman's (des Vaters) in der Voltaischen
Säule die Flammen eine ganz andere Rolle, und zwar
als Leiter, spielen (Abhandl. der Berl. Acad. 1818 bis
1819, S. 361). Das Durchbrechen von Schichten Salz-
wasser, welches John Davy bei der Torpille beobach-
tete, erinnert an den lebendigen 27 Zoll langen Gym-
noten, den Norderling in Stockholm, vier Monate lang,
wenn der Fisch sehr hungrig war, andere lebendige Fi-
sche durch Schläge aus der Ferne tödten sah. Nor-
derling setzt hinzu »daſs der Gymnote sich selten in
seinem Urtheile täuschte, um den elektrischen Schlag nach
Verhältniſs der Gröſse und Entfernung der Beute abzu-
messen.« Gegen die Behauptung von John Davy
(Phil. Tr. l. c. p. 546), daſs die Torpille nur den Schlag
giebt, wenn beide elektrischen Organe berührt werden,
sprechen nicht bloſs Gay-Lussac's und meine Beob-
achtungen, als auch Todd's Erfahrung, daſs das Aus-
schneiden eines der elektrischen Organe die Wirkung
des Fisches nicht hindere. Es bleibt noch viel über diese
Lebenswirkungen der magneto-elektrischen Gymnoten und
Torpillen, wie über andere, einer Selbstzündung (theil-
weisen Einäscherung) fähigen nicht nach auſsen wirken-
den, und vielleicht eben so magneto-elektrischen, mit Hirn
und Nerven begabten Thiere zu erforschen übrig. So we-
nig es bisher neueren Physikern und mir selbst geglückt ist,
bei Torpillen und Gymnoten Lichterscheinungen zu se-
hen, wie sie Walsh, Sir John Pringle, Magellan,
Williamson, Ingenhouſs und Fahlberg in über-
springenden Funken wollen beobachtet haben (Gay-
Lussac und ich haben auch bei dem Gymnoten in Pa-
ris den Ingenhouſsischen Versuch mit zwei auf eine
Glasplatte geklebten, und nur ¼ Linie von einander ent-
fernten Goldblättchen ohne Erfolg wiederholt), so ist,
nach Ehrenberg's merkwürdigen mikroskopischen Ent-
deckungen über die Leuchtthiere des Oceans, die Exi-
stenz eines magneto-elektrischen, lichtausströmenden Le-
bensprocesses in anderen Thierklassen, als Fischen, doch
der ernstesten Betrachtung würdig geworden. »In der
Oceania (Thaumanthias) hemisphaerica entsprechen
Zahl und Lage der Funken der verdickten Basis der
gröſseren Cirren am Rande oder Organen in deren Nähe
und mit ihnen abwechselnd. Das Erscheinen des Feuer-
kranzes ist ein Lebensact. Wenn man die Photocharis
reizt, so entsteht erst ein Flimmern einzelner Funken an
jedem Cirrus, welches an Stärke zunimmt, und endlich
den ganzen Cirrus erleuchtet, bis das Feuer über den
Rücken des nereidenartigen Thierchens hinläuft, so daſs
es einen brennenden Schwefelfaden mit grünlichgelben
Lichte gleicht« (Ehrenberg, über das Leuchten des
Meeres, S. 136. 140. 158. 160 und 163). Der scharf-
17 *
sinnige Beobachter hat in den willkührlich oder gereizt
aufblitzenden Organen der Photocharis eine groſszellige
Structur mit gallertartiger Beschaffenheit im Inneren ge-
funden, die mit dem elektrischen Organe der Gymno-
ten und Zitterrochen viel Aehnlichkeit zeigt. Ist dem-
nach die Secretion der schleimigen Flüssigkeit, welche
sich bei andern Leuchtthieren reichlich ergieſst, und
die ohne weiteren Einfluſs der Organismen fortleuchtet,
nur bloſs Folge der elektrischen Funken? Von Salz-
wasser, einer vortrefflich leitenden Flüssigkeit, umge-
ben, müssen diese kleinen Geschöpfe eine ungeheure
Spannung haben, um als Wasserthiere zu blitzen. Sie
erinnern sich mein theurer Freund, wie lange man bei
dem Zitterrochen die Möglichkeit der Wasserzersetzung
und chemischer Wirkungen geläugnet hat, weil bei den
sorgfältigen, in Triest von Sir Humphry Davy ange-
stellten Versuchen weder Wasserzersetzung noch andere
chemische Wirkungen sichtbar wurden. Sie wissen,
wie schwierig es selbst seinem Bruder, Herrn John
Davy, geworden ist, die Ursach des früheren Nichtge-
lingens zu erklären. Vielleicht werden Sie noch eine
Zeit erleben, in der man aus dem, sich so schnell und
nach dem Willen der Thiere wieder ladenden elektri-
schen Organen der Gymnoten die elektro-magnetische
Kraft, unter gewissen bisher unerkannten Verhältnissen,
von Lichterscheinungen begleitet, ausbrechen sieht. Dann
wird es vielleicht klar werden, was jetzt nur vermuthet
werden kann, daſs in den kleinsten lebendigen Organis-
men, in den aufblitzenden Leuchtinfusorien und Ringel-
würmern, wie in den donnernden Wolkenschichten und
in dem stillen magnetischen Wetterleuchten (dem Polar-
Lichte), das als Folge verstärkter Spannung im Inneren
des Erdkörpers der veränderte stündliche Gang der Mag-
netnadel lange vorher andeutet, ein und derselbe Pro-
ceſs vorgeht.
Erlauben Sie mir Ihre Aufmerksamkeit noch auf ei-
nen andern Gegenstand zu lenken, der mich schon wäh-
rend meiner amerikanischen Reise lebhaft beschäftigt hat.
Ich glaubte durch Barometer, die mit denen der Pariser
Sternwarte sorgfältig verglichen waren, seit dem Jahre
1799 zu finden, daſs der mittlere Stand des Barometers
unter den Tropen geringer als in der temperirten Zone,
an den französischen Küsten, sey. Ich schätzte den Un-
terschied auf zwei Millimeter, und schrieb ihn dem un-
ter dem Aequator aufsteigenden Luftstrome zu. (S. mei-
nen Essai sur la Geographie des Plantes, 1807, p. 90.
Rel. hist. T. III p. 313.) Viel genauere, von Bous-
singault mit Fortin'schen Barometern angestellte Ver-
suche schienen zwar im Allgemeinen jene Annahme ge-
ringeren Druckes zu bestätigen, reducirten aber den Un-
terschied zwischen Havre und La Guayra, das heiſst,
zwischen den französischen Küsten und der Küste von
Venezuela, auf kaum \tfrac{7}{10}Millimeter, genau 0l,30, statt
deren man 1,24 Millimeter oder 0l,55 annehmen müſste,
wenn man die mittlere Barometerhöhe der Pariser Stern-
warte bei 0° nicht mit Arago 755mm,43, sondern mit Bou-
vard 755mm,99 setzt. Boussingault's Resultat 336l,98
hat den groſsen Vorzug, daſs die beiden Barometer, wel-
che in La Guayra beobachtet wurden, genau densel-
ben kleinen Unterschied unter einander zeigten, welchen
sie bei der Abreise auf der Pariser Sternwarte gezeigt
hatten. Es war also, als wäre das Normalbarometer der
Pariser Sternwarte selbst an die Küste von Venezuela
gebracht, und mit einem und demselben Instrumente
beobachtet worden. Die kurze Dauer der Beobachtung
(12 Tage) konnte Zweifel erregen, da die stündlichen
Variationen nicht immer das Quecksilber auf denselben
absoluten Stand zurückführen; aber an der Küste von
Guinea zu Christiansborg (5° 24' N.) haben Trente-
pohl und Chenon mit vortrefflichen, wohl vergliche-
nen Barometern, als Mittelzahl von 22 Monaten (aus
fünf täglichen Beobachtungen in den Jahren 1829 und
1830) fast genau, trotz des Längenunterschiedes von
67°¼, Boussingault's Zahl wiedergefunden, nämlich
336l,95. In dem groſsen Längenthale des Atlantischen
Oceans zeigt sich nun, nach Sir John Herschel's ei-
genen Beobachtungen, eine ganz andere Aequatorial-Ver-
ringerung des Luftdruckes. Dieser groſse Astronom und
Physiker fand, auf seiner Schiffahrt von England nach
dem Vorgebirge der guten Hoffnung, den Barometerstand
unter dem Aequator \tfrac{2}{10} eines englischen Zolles niedriger,
als unter 20° nördlicher und südlicher Breite. Bei 35°
war der Unterschied volle \tfrac{3}{10} Zoll. Neuere Beobach-
tungen, die Sir È. Ryan auf einer Schiffahrt von Cal-
cutta nach dem Cap und Mac-Hardy auf einer Schif-
fahrt vom Cap nach England anstellten, gaben dasselbe
Resultat. »Es bleibt mir, schreibt Herschel an Hrn.
Whewell in einem Briefe, der in der Versammlung
der philosophischen Societät von Cambridge vorgelesen
ward, auch nicht der mindeste Zweifel über den niede-
rern Barometerstand unter dem Aequator als unter 30° und
35° Breite.« (S. Beilage A.). Als ich nach Lima kam,
um dort den Durchgang des Mercur durch die Sonnen-
scheibe zu beobachten (vor nun schon vollen 33 Jahren),
fand ich im Hafen Callao auf der Spanischen Fregatte
Santa Rufina, commandirt vom Capitain Quevedo,
ein vortreffliches englisches Schiffsbarometer von Ga-
bory, und ein Schiffsjournal, dessen barometrische An-
gaben mich, wegen der evidenten Druckverminderung
der Atmosphäre in der groſsen Furche des Atlantischen
Oceans, lebhaft interessirten. Ich verglich das Barome-
ter des Hrn. Quevedo, da zu vermuthen war, daſs es
im Nullpunkt, als Gefäſsbarometer, nicht berichtigt sey,
mit meinen Instrumenten, und fertigte im November 1802
einen Auszug aus dem Schiffsjournale der Rufina an, die
von Cadiz abgesegelt den 19. Februar, und, nach einer
Schifffahrt von vier Monaten, am 21. Junius im Callao
de Lima vor Anker gegangen war. Ich gebe Ihnen in
der Beilage B eine Abschrift jenes Auszuges, wie ich
denselben in mein Reisebuch eingetragen finde. Ich hatte
dieſs Resultat ganz vergessen, bis es Herschel's Beobach-
tungen mir in das Gedächtniſs zurückriefen. Da der Capitain
Quevedo einige Wochen nach mir Lima verlieſs, so for-
derte ich ihn auf, bei seiner Rückfahrt nach Spanien mit
derselben Genauigkeit täglich die Barometerhöhe, die
Temperatur der Luft und die des Wassers an der Ober-
fläche zu beobachten. Das Versprechen ist pünktlich er-
füllt worden. Die Rufina ankerte in Cadiz den 30. Mai
1803, und bei meiner Rückkehr nach Europa erhielt ich
das sehr vollständige meteorologische Journal, das ich die-
sem Briefe theilweise beilege, und aus dem ich Sie bitte einen
Abdruck der Tage zu veranstalten, in denen im Atlanti-
schen Oceane die Zone von 35° 7' Süd bis 34° 59' Nord
durchschnitten ward. Ich hoffe, daſs die schon in den
Jahren 1802 und 1803 gesammelten Materialien, bei der
Wichtigkeit, die Sir John Herschel mit Recht auf
seine Beobachtung über einen niederen Aequatorial-Luft-
druck legt, auch diesem allgemein verehrten Gelehrten
angenehm seyn werden, wenn sie ihm einst nach seiner
glücklichen Rückkunft in die Hände fallen. Mittelzahlen
(S. Beilage C) geben, auf Null Temperatur reducirt:
Br. | 34° 59' N. | — | 7° 53' N. | 29z,92 |
- | 7 53 N. | — | 6 29 S. | 29 ,62 |
- | 6 29 S. | — | 35 7 S. | 29 ,79. |
Will man die Beobachtungen als gleichzeitig betrachten,
wie Herschel bei den seinigen thut (die Rufina segelte
von 35° 7' S. bis zum Aequator in 27 Tagen, von dem
Aequator bis 34° 59' N. in 23 Tagen), so findet man einen
Unterschied des Luftdruckes zwischen der Aequatorialge-
gend und der nördlicheren Zone von 0z,30 engl. oder 3,38
Lin. Par. Maaſs. Für die Hinreise von Cadiz nach Callao
ergiebt sich ein gleichmäſsiger Unterschied von 0z,31 oder
3l,49. In beiden Reisen ist auſserdem die beträchtliche
Depression des Barometers südlich und südwestlich vom
Cap Horn wieder sehr auffallend. Diese Erscheinung
ist, glaube ich, zuerst vom Admiral Krusenstern be-
merkt worden. Quevedo, Beechey und Dr. Meyen
(dessen Reisebericht, Bd. I S. 136, so wichtige Resultate
über die Meteorologie des Oceans enthält) haben sie be-
stätigt. Es bleibt mir jetzt keine Muſse in den Werken
von Freycinet und Duperrey nachzuschlagen, um zu
sehen, ob diese Seefahrer den verringerten Luftdruck in der
Tropen-Gegend des Atlantischen Oceans eben so evident
gefunden haben, als er in den Beobachtungen von Sir John
Herschel, Sir E. Ryan und Mac-Hardy erscheint;
aber in der gehaltvollen Abhandlung von Schouw über
den Mittelstand des Barometers am Meeresufer (Pogg.
Annalen, Bd. XXVI S. 403 bis 408) ist durch Zusammen-
stellung der Beobachtungen von Trentepohl, der (1826
und 1827) vier Mal die Linie passirte, vom Capitain
Spencer und Dr. Lund das Gesetz des in der Zone
der Passatwinde mit wachsender Breite zunehmenden
Luftdruckes nicht zu verkennen. Die allmälige Ab-
nahme gegen den Aequator hin ist besonders in Tren-
tepohl's Beobachtungen überaus beträchtlich, und steigt
bis auf volle 4 Linien, die freilich nicht den jährlichen
mittleren Zustand ausdrücken. Auch die Messungen, die
wir A d. Erman's Reise um die Erde verdanken, geben,
wenn man die Gruppen solcher Beobachtungen, die in we-
nigen Tagen auf einander folgen (z. B. im Meridian von
Kamtschatka und Sommer 1829 zwischen 0° und 25° Breite;
im Meridian des Cap Verd und Winter 1828 zwischen 6°
und 7° Breite u. s. w.), absondert, den niederen Barometer-
stand in niederen Breiten. Erman sagt ausdrücklich: »in
dem Bezirk der Passatzonen ist der Luftdruck stets gröſser
an der Polargränze derselben, als an ihrer Aequatorial-
gränze.« (Pogg. Ann. Bd. XXIII S. 143). Mittelzahlen,
die ich aus Krusenstern's und Beechey's Beobachtun-
gen genommen, geben zwar nur sehr kleine Unterschiede,
doch ist in der Reise der Nadeshda, bei der Ueberfahrt
von Teneriffa nach Rio Janeiro, die Abnahme gegen den
Aequator hin deutlich. Die Südzone ist überaus der
Aequatorial-Gegend, auch dem Klima nach, ähnlicher,
daher das Gesetz dort bisweilen minder bemerkbar ist.
Die einzelnen Zonen geben für November und December
1803 Krusenstern's Reise, T. III S. 318 bis 322):
Br. | 27° 48' N. | bis | 13° 51' N. | 29z,79 |
- | 13 51 N. | - | 12 16 S. | 29 ,62 |
- | 12 16 S. | - | 25 34 S. | 29 ,68. |
Unterschied gegen Norden, wo nahe an der Gränze der
Nord-Ost-Passatregion schon Leopold von Buch
(Klima der Canarischen Inseln, S. 4) einen hohen mitt-
leren Barometerstand gefunden hatte, 0z,17; gegen Süden
nur 0z,06. Auf der Heimschifffahrt, im Mai und Junius
1806 (Krusenstern, T. III S. 356 bis 358):
Br. | 0° 11' S. | bis | 13° 59' N. | 29z,73 |
- | 0 11 S. | - | 14 51 S. | 29 ,76 |
- | 13 59 N. | - | 35 54 N. | 29,92 |
- | 14 51 S. | - | 29 34 S. | 29 ,78. |
Unterschied gegen Norden 0z,19, gegen Süden, wo der
Luftdruck immer geringer zu seyn scheint, nur 0z,02.
Die Linie ward in beiden Reisen fast in gleichen Län-
gen (22° bis 24° Par.) durchschnitten.
Capitain Beechey's Meteorologische Beobachtun-
gen, die Hr. Schouw in seiner vorerwähnten Abhand-
lung noch nicht benutzen konnte, gehören zu den be-
sten, und, in ihren Resultaten, wohlgeordnetsten, wel-
che je Reisende geliefert haben. Aus der Tabelle der
stündlichen Variationen (Voyage to the Pacific, T. II
p. 678) ergeben sich für den Atlantischen Ocean, im Ju-
nius 1825, folgende auffallend regelmäſsig fortschreitende
Mittelzahlen:
Br. | 25° | — | 20° | N. | 30z,022 |
- | 20 | — | 15 | N. | 30 ,005 |
- | 15 | — | 10 | N. | 29 ,954 |
- | 10 | — | 5 | N. | 29 ,929 |
- | 5 | — | 0 | | 29 ,895 |
- | 0 | — | 5 | S. | 29 ,918 |
- | 5 | — | 10 | S. | 29 ,971 |
- | 10 | — | 15 | S. | 30 ,013 |
- | 15 | — | 20 | S. | 30 ,037 |
- | 20 | — | 23 | S. | 30 ,040. |
Die einzelnen Höhen sind auf 0° R. reducirt. Der Aequa-
tor wurde in 26° Par. Länge durchschnitten. Die Un-
terschiede von dem Luftdruck unter den beiden Wende-
kreisen sind hier freilich nur 0z,11 und 0z,13, aber das
Gesetz tritt deutlich hervor, da die Mittelzahlen aus sechs
Beobachtungen jedes Tages gezogen sind. Die kleine
Unregelmäſsigkeit zwischen 20° und 23° S. fällt dazu
noch auf die Landung in Rio Janeiro, da in der Nähe
der Küste das Barometer in den letzten zwei Tagen zwi-
schen 30z,177 und 30z,149 schwankte.
Ich beschränke mich in diesen Betrachtungen auf
die Passat-Region, auf die Zone zwischen dem Aequa-
tor und 25° bis 30° Br., auf welche sich Herschel's
neueste und durch Windstille so ungemein begünstigte
Beobachtungen beziehen. Daſs es hier auf relative Un-
terschiede, und nicht auf ihre absolute Gröſse ankommt,
daſs wenige gute Beobachtungen beweisender sind als
ein Gemisch vieler, bei unruhigem Barometerstande ge-
sammelten, versteht sich von selbst; wie auch, daſs jen-
seits der Polargränzen der Passat-Region, besonders in
höheren Breiten der kalten Zone, der Luftdruck, mit den
wachsenden Breiten wieder abnimmt. So an den Nor-
wegischen Küsten, in Island, West-Grönland, Sitcha,
Unalaschka, Kamtschatka und am Strande des Ochozki-
schen Meeres, bei den Kurilen, in der Magellanischen
Meerenge und südlich vom Feuerlande. (L. v. Buch in
Gilb. Annal. Bd. XXV S. 330. Krusenstern, T. I
S. 140. Lütke und Erman in Poggend. Ann. Bd.
XXIII S. 116 und 130. Schouw, vom Barom. Middel-
stand, p. 40. 45).
Beilage A.
Auszug aus dem Protokoll der Physikal. Gesellschaft
zu Cambridge. Sitzung vom 16. Nov. 1835. — Es wurde
ein Brief von Hrn. J. Herschel vorgelesen, wovon nach-
stehendes ein Bruchstück ist.
»Gewiſs hat das Barometer unter und nahe beim
Aequator beständig und sehr deutlich einen niedrigeren
Stand. Der sehr starke aufsteigende Strom, in Folge der
Passatwinde, kann alleinig diesen Unterschied erklären.
Mir bleibt an dieser Thatsache kein Zweifel übrig; und
wie schwierig es auch ist, am Bord das Barometer zu
beobachten, so hat mir doch die ungewöhnliche Meeres-
ruhe, welche während unserer Ueberfahrt geherrscht hat,
erlaubt, den Unterschied des Barometerstands zwischen
hier und unseren Breiten ziemlich genau zu bestimmen.
Die Depression am Aequator unterhalb der, welche un-
ter 20° Breite stattfindet, mag ungefähr 0,2 engl. Zoll
betragen.
»Folgendes sind die Resultate einer Reihe von Beob-
achtungen, welche Sir E. Ryan auf meine Bitte auf ei-
ner Reise von Calcutta nach dem Cap angestellt hat.
Der Barometerstand ist reducirt auf 32° F., und durch
einen strengen Vergleich mit meinen Troughton'schen
Barometern, auf das Normalbarometer der K. Gesell-
schaft.
Gränzen der Zonen nördl.
und südl. Breiten | Zahl der
Beob-
achtung | Mittlerer
Barometerst. | Beobachtete
correspond.
mittl. Breite.
|
Br. 5° N. bis 5° S. der
Aequatorialzone | | | |
7 | 29z,821 | 0°41' | 0°41' |
Br. 5° bis 15° der Zo-
nen N. und S. | | | |
10 | 29 ,849 | 9 50 |
Zonen 15° bis 25° Br. | 8 | 30 ,030 | 19 12 |
- 25 - 35 - | 10 | 30 ,125 | 31 00 |
- 35 - 40 - | 24 | 29 ,934 | 38 25 |
»Die folgende Reihe Beobachtungen, (nachlässig und
mit einem schlechten Barometer) von Hrn. Mac-Hardy
auf seiner letzten Reise nach England angestellt, bestä-
tigt auch diese Aequatorialdepression:
Br. | 0° | S. | bis | 5° | S. | 8 | 29,821 | 1° 42' |
- | 5 | - | - | 15 | - | 5 | 29,802 | 9 20 |
- | 15 | - | - | 25 | - | 6 | 29,960 | 19 41 |
- | 25 | - | - | 35 | - | 16 | 30,085 | 31 20. |
»Da ich Hrn. Mac-Hardy's Nullpunkt nicht kenne,
so habe ich sein Aequatorial-Resultat durch Addition ei-
ner Constanten (+0,188) mit dem von Sir E. Ryan
in Uebereinstimmung gebracht. Die Depression von Hrn.
Ryan ist etwas stärker; die von Herrn Mac-Hardy
kommt der von mir aus eigenen Beobachtungen gefunde-
nen (0,25 engl. Zoll) beinahe gleich.«
Beilage B.
Aus meinem Reisejournal. Lima, Nov. 1802. »Um
die Beobachtungen des spanischen Schiffs-Capitain Don
Jose de Quevedo, der die Fregatte Sta Rufina com-
mandirte, benutzen zu können, habe ich das auf der Fre-
gatte befindliche Schiffsbarometer von Gabory (aus Lon-
don), wegen nicht rectificirten Nullpunkts, mit meinen
Instrumenten, bei derselben Temperatur, sorgfältig zu ver-
gleichen angefangen. Wenn meine Instrumente Morgens
am Meeresufer von Callao 337l,72, alten Pariser Maaſses,
zeigten, stand das Gefäſsbarometer von Gabory, das
mit einem Nonius versehen war, auf 29z,35; das Niveau
war also um volle 0z,64 englischen Maaſses zu niedrig.
Bei den Schwankungen des Schiffes blieb das Quecksil-
ber in der Röhre sehr ruhig, und doch hinderte die un-
tere Capillarität der sehr weiten Röhre nicht das schnelle
Nachsteigen des Quecksilbers, wie ich aus den vielen
Beobachtungen sehe, die ich in Callao mit diesem Schiffs-
barometer (Baromètre maritime) über die stündlichen
Variationen des Luftdruckes gemacht. Es hat sich gleich-
zeitig mit meinen anderen Barometern bewegt, im Stei-
gen und Fallen oft um wenige Fractionen einer Pariser
Linie. Ich habe an dem Barometer von Gabory kei-
nen anderen Fehler als den mir gleichgültigen, aber schwer
zu erklärenden der absoluten Höhe wahrnehmen können.
In den vier Monaten der Schifffahrt von Cadiz um
das Cap Horn nach Callao (19. Febr. bis 21 Jun. 1802)
war, nach täglichen Beobachtungen zwischen 36° N. und
57° S. der höchste Stand (ich gebe die uncorrigirten Ba-
rometerstände, d. h. ohne Correction für Niveau und
Temperatur) 29z,82 (60° F.), der niedrigste 28z,83
(54° F.) gewesen. Von 33° bis 24° N. meist 29z,68
bis 29z,34 (Temp. 68° bis 71° F.), Zwischen den Tro-
pen finde ich, nach dem Journal, nördlich vom Aequa-
tor im Atlantischen Ocean (Länge 12° bis 17° westl.
von Cadiz) erst 29z,25, und nach und nach 29z,00 sehr
regelmäſsig gegen den Aequator abnehmend. (Tempera-
tur meist 80° bis 82° F.) Von dem Aequator südlich
bis 21° S. stand das Barometer ununterbrochen 29z,02
oder 29z,08. Es schwankte kein Zehntheil des engl.
Zolles. Da alle Beobachtungen um Mittag gemacht wur-
den, so ist die stündliche Periode nicht zu bemerken.
Den Wendekreis des Steinbockes durchschneidend, fand
Quevedo von 23° S. bis 43° S. meist 29z,12 und 29z,42
(Temper. 58° bis 63° F.). Der höhere Stand erhielt
sich mit wenig Abweichung fast von 43° S. bis 57° S.
(Länge 58° Cad.); bei dem Cap Horn selbst aber fiel
das Quecksilber auf 28z,83 (Temp. 54° F.).
Westlich vom Cap Horn, in der Südsee, längs den
Küsten von Chili und Peru, fast unter denselben hohen
Breiten, von 52° S. bis 40° S. oscillirte das Barometer
zwischen 28z,96 bis 29z,41, doch bemerkte man im Gan-
zen, je mehr man sich vom Cap Horn entfernte daſs
das Quecksilber wiederum stieg. Es schwankte indeſs im
Ganzen weit unregelmäſsiger als unter denselben Paral-
lellkreisen im Atlantischen Ocean. Die Ruhe ward erst
hergestellt nördlich vom 30°; von da an bis zum Callao
war der Luftdruck stets zwischen 29z,35 und 29z,41 (Temp.
67° bis 73° F.). Aus diesen Angaben folgt, daſs in der
der südlichen Aequinoctial-Zone und nahe bei derselben,
der Barometerstand sich westlich von Amerika um 2 bis
3 Zehentheile eines engl. Zolles höher zeigte, als öst-
lich von Amerika. Da es nicht wahrscheinlich ist, daſs
beide Meere oder die verschiedenen Theile desselben
Meeres ein verschiedenes Niveau haben, so muſs es me-
teorologische Gründe (Luftströme) geben, die den Baro-
meterstand bedingen. Nach Quevedo's Journale ist in
dem Atlantischen Ocean der Luftdruck zweimal sehr ge-
ringe gewesen, einmal nahe bei dem Aequator und dann
in der südlichen Zone von 0° bis 30° S. (westl. Länge
17° bis 31° Cad). Ich schreibe diese Resultate hier nicht
als positive, sondern nur als sehr wahrscheinliche nieder;
sie verdienen groſse Aufmerksamkeit, und ich habe Hrn.
Quevedo gebeten, auf der baldigen Rückkehr von Cal-
lao nach Cadiz, täglich wieder dasselbe Barometer zu
beobachten, um zu sehen, ob das Quecksilber dieselben
Unterschiede zwischen der West- und Ost-Küste von Süd-
Amerika, zwischen den Tropen und der temperirten Zone
zeigen werde. Der niedere Stand kann nicht Folge ver-
lorenen Quecksilbers gewesen seyn, da das, in Carda-
nischen Doppel-Ringen wohl aufgehangene Instrument,
nach dem es, nahe am Aequator, auf 29z,00 stand, in
höheren südlichen Breiten zu 29z,42 gestiegen war, dann
am Cap Horn zu 28z,83 sank, und in der Südsee wie-
der bis 29z,41 stieg.«
In diesen Zahlen, bei der Schifffahrt von und nach
Cadiz, sind nur die relativen Höhen wichtig, nicht die
absoluten, die im Ganzen einen niedrigeren Barometer-
stand anzeigen, als in den Beobachtungen von Herschel
und Ryan. Nach Basil Hall (Krusenstern, Mem.
hydr. T. I p. XLVII) ist um das Cap der guten Hoffnung
ein Barometerstand von 29z,6 (oder 27z 9l,2 Par.) schon
ein Vorbote des Sturmes. Ich finde durch Correction
des Niveaus und auf 0° R. reducirt:
Br. | 33° | N. | — | 24° | N. | 30z,02 |
- | 23 | - | — | 0 | - | 29 ,61 |
- | 0 | - | — | 23 | S. | 29 ,54 |
- | 23 | - | — | 43 | - | 29 ,81. |
Unterschied des Luftdruckes der ganzen Tropen-Zone
und des Mittels der beiden temperirten Zonen 0z,35 engl.
oder 3l,94 franz.
Beilage C.
Aus dem spanischen Journale der Rückfahrt von Cal-
lao nach Cadiz auf der Königl. Fregatte La Santa Ru-
fina gebe ich hier zuerst die täglichen Beobachtungen
Quevedo's im Atlantischen Ocean, vom 12. März bis
2. Mai 1803.
Atlantischer Ocean.
Die
Die Barometerstände in vorliegender Tabelle sind, da
jede Correction ohne Nutzen würde gewesen seyn, weder
auf Null reducirt, noch von dem Fehler des Niveaus, der
bereits angegeben worden ist, befreit. Beide Correctio-
nen sind aber oben (S. 247) in den allgemeinen Resul-
taten oder Mittelzahlen der Zonen mit Sorgfalt angewandt.
Südsee und Umschiffung des Cap Horn.
Poggendorff's Annal. Bd. XXXVII. 18
Auch hier sind die Barometerstände ohne Correction
aus Quevedo's Journal abgedruckt.