V on E heuerlöbniſſen /
vnd verbotenen Gradibus . Wie nahe /
vnd fern der Verwandnis ein Chriſt
mit gutem Gewiſſen / freien möge .
Durch
Tilemanum Heshuſium Doctorem.
M. D. LXXXIII.
Den Ehrwirdigen / Wirdigen / vnd Wolgelarten Ehrn Ertzpriestern / Pharherrn / vnd Seelsorgern / im Fürstenthumb Preussen / meinen lieben Herrn / vnd Brüdern in Christo .
GOTtes Gnade / Friede vnd Segen / durch Jhesum Christum seinen eingebornen Son vnsern HErrn / vnd trewen Heiland zuuor . Ehrwirdige liebe Herrn / vnd Brüder . In der Gemeine Jesu Christi sol der Ehestand heilig / vnd ehrlich gehalten werden / denn er ist Gottes Ordnung / von jm selbs gestifftet / vnd gesegnet . Vnd wie Gott ein keuscher / heiliger / vnd reiner Geist ist / also wil er auch das seine Christen / als seine Kinder keusch / vnd heilig leben / vnd sich von aller Vnzucht / vnd Vnreinigkeit enthalten sollen . Nicht allein Gottes helles Wort / sondern auch die Historia der gantzen Welt / vnd teglich erfahrung zeuget / wie schrecklich Gott wider alle Vn-
zucht / Blutschande / vnd verbotene Vermischung zürnet / vnd so wol mit der ewigen Verdamnis drawet / als mit mancherley schweren zeitlichen plagen straffet . Derwegen gebüret vns Predigern / vnd Dienern Göttliches Worts / das wir vnsere befohlene Schefflin vom heiligen Ehestande trewlich vnd fleissig vnterrichten / Gottes befehl jnen verkündigen / seinen Zorn wider allerley Vnzucht / mit ernst fürhalten / vnd jedermenniglich zu Zucht / vnd Erbarkeit vermanen / damit Gottes Name bey vns nicht gelestert / die grossen schweren Landstraffen durch die grewliche Laster der Vnzucht nicht geheuffet / vnd die tegliche Anruffung / so aus reinen vnbefleckten Gewissen geschehen sol / nicht verhindert werde . Trewe Gottselige Pfarherr sollen jrer Gemeine den hohen Spruch Christi offt fürtragen / Matth. 5. Selig sind die reines Hertzens sind / denn sie werden Gott schawen / Daraus folget / das die / so vnzüchtige / vnreine Hertzen / vnd Gewissen haben / Gott nicht schawen / sondern mit blindheit sollen geschlagen werden . Auch spricht die Epistel zun Hebreern / Die Hurer / vnd Ehebrecher / wird Gott richten .
Neben solcher ernsten warnung / vnd verma-
nung / müssen die Zuhörer aus Gottes Wort berichtet werden / welche Gesetze er vber den Ehestand gegeben hat / vnd welche Personen mit gutem Gewsssen mögen ehelich werden / auff das sich niemand vnwissend an seiner Blutfreundin / oder verwandte vergreiffe / vnd also Gottes Zorn auff sich / vnd die gantze Gemeine lade . Gott zeuget selber im Mose / das er die Heiden vertilge aus dem Lande von wegen der Blutschande / vnd Laster / vnd gebeut mit grossem ernst / das sein Volck sich für solchen Lastern hüten sol . Dieweil denn sehr viel klagens fur mich kömet vber Ehegeliebten / vnd beschwerlichen Ehefellen / vnd viel / so sich wider Gottes Gebot / vnd gute Landsordnung versündigen / sich damit entschüldigen wollen / es sey jnen vnwissend gewesen / das jr furhaben solte Gottes Wort zu wider sein : Auch offenbar / vnd am Tage ist / das nicht alle Pastores des verstandes / vnd geschickligkeit sind / noch die erfarenheit haben / das sie in den furfallenden Ehehendeln / als bald den Leuten rathen / vnd Gottes befehl anzeigen könten . So habe ich fur eine Notturfft angesehen / den einfeltigen / vnd vngeübten Pfarherrn / vnd Kirchendienern eine kurtze anleitung zu stellen / vnd jnen auffs einfeltigste fürzuschrei-
ben / welche Personen mit Gott / vnd gutem Gewissen können ehelich werden / vnd welchen Personen verboten ist / sich mit einander in den Ehestand zu begeben . Wie ich denn vmb solchen einfeltigen Bericht von Ehegeliebten zu stellen / von vielen Pastoribus bin ersucht worden .
Es sollens aber die Herrn Pastores / meine Mitdiener am heiligen Euangelio / oder auch andere Christen nicht dahin verstehen / als ob ich newe Gesetze von Ehesachen / oder andern hendeln zu machen mich vnterstünde / Weis mich durch Gottes Gnade wol zu bescheiden / das weder mir noch einem Kirchendiener solches mit nichte gebüret / Sondern zeigen wil ich den einfeltigen Seelsorgern / welche Gesetze von Ehegelübden / vnd Ehestande in Gottes Wort stehen / vnd klar ausgedruckt sind . Auch welche Gradus beide der Blutfreundschafft vnd Schwegerschafft / so wol in Deudschland in den zun Ehesachen verordneten Consistorijs / vnd nach der Augspurgischen Confession reformirten Kirchen / als auch in diesem Fürstenthumb Preussen entweder zugelassen / oder nicht zugelassen werden . Damit die Herrn Pastores jre Zuhörer desto fleissiger warnen / sich für Blutschande zu hüten / vnd desto leichter denen /
so in solchen fellen Rath / vnd vnterricht bedürffen / zu rathen wissen / auch menniglichen für zu legen / was in dem zu den Ehesachen verordenten Consistorio zu erhalten / oder nicht zu erhalten ist . Auff das sich die arme Leutlin nicht vnwissend in grosse beschwerung / vnd vergebliche vnkosten füren .
Fürs erste sol allen Pastoribus wol bekant sein / das 18. Capitel des 3. Buchs Moisi / welchs die Quelle vnd Brunne aller Gesetze von Ehegelübden / vnd Ehestand ist . Vnd sol niemand so vnuerstendig sein / das er wolte meinen / oder sich bereden lassen / die Gesetze dieses Capitels weren nur dem Jüdischen Volcke gegeben / vnd giengen vns Christen nicht an . Denn wie das sechste Gebot / Du solt nicht Ehebrechen / nicht alleine den Kindern Jsrael / sondern allen Völckern auff Erden gegeben ist / vnd bindet / also binden auch diese Gesetze in diesem Capitel alle Menschen auff Erden . Denn Gott spricht ausdrücklich / das er die Heiden / die Cananiter / vnd andere Völcker vmb dieser vrsachen willen aus dem Lande / vnd vom Erdbodem vertilge / das sie wider diese Gesetze dieses Capitels / Grewel / vnd Blutschande getrieben haben / damit er klar zuuerste-
hen gibet / das Gott alle Völcker auff Erden / vnd jedermenniglich der wider diese Gebot von Ehegelübden sich versündiget / vnd an seiner Blutfreundin verunreiniget / mit Göttlichem ernst straffen / vnd vom Erdboden vertilgen wolle .
Das XVIII. Capitel des dritten Buchs Moisis .
VNd der HErr redet mit Mose / vnd sprach : Rede mit den Kindern Israel / vnd sprich zu jnen / Ich bin der HERR ewer Gott / jr solt nicht thun nach den Wercken des Landes Egypten / darinne jr gewonet habet / Auch nicht nach den Wercken des Landes Canaan / darein ich euch füren wil . Ir solt euch nach jrer weise nicht halten / sondern nach meinen Rechten solt jr thun / vnd meine satzung solt jr halten / das jr darinnen wandelt / denn ich bin der HERR ewer Gott / darumb solt jr meine satzung halten /
vnd meine rechte . Denn welcher Mensch dieselbigen thut / der wird dadurch leben / Denn ich bin der HERR .
Niemand sol sich zu seiner nechsten Blutfreundin thun / jre Scham zu blössen / denn ich bin der HERR . Du solt deines Vaters / vnd deiner Mutter Scham nicht blössen / es ist deine Mutter / darumb soltu jre Scham nicht blössen . Du solt deines Vaters Weibes Scham nicht blössen / denn es ist deines Vaters Scham . Du solt deiner Schwester Scham / die deines Vaters / oder deiner Mutter Tochter ist / daheim oder draussen geboren nicht blössen . Du solt deines Sons / oder deiner Tochter Tochter Scham nicht blössen / denn es ist deine Scham . Du solt der Tochter deines Vaters Weibes die deinem
Vater geboren ist / vnd deine Schwester ist / Scham nicht blössen . Du solt deines Vatern Schwester Scham nicht blössen / denn es ist deines Vaters nechste Blutfreundin . Du solt deiner Mutter Schwester Scham nicht blössen / denn es ist deiner Mutter nechste Blutfreundin .
Du solt deines Vãtern Bruder Scham nicht blössen / das du sein Weib nemest / denn sie ist deine Wase . Du solt deiner Schnur Scham nicht blössen / denn sie ist deines Sons Weib / darumb soltu jre Scham nicht blössen . Du solt deines Bruders Weibes Scham nicht blössen / denn sie ist deines Bruders Scham . Du solt deines Weibes sampt jrer Tochter Scham nicht blössen / noch jres Sons Tochter / oder Tochter Toch-
ter nemen / jr Scham zu blössen / denn es ist jre nechste Blutfreunden / vnd ist ein Laster . Du solt auch deines Weibes Schwester nicht nemen / neben jr jre Scham zu blössen / jr zu wider / weil sie noch lebet .
Du solt nicht zum Weibe gehen weil sie jre Kranckheit hat / in jrer Vnreinigkeit jre Scham zu blössen .
Du solt auch nicht bey deines nechsten Weibe liegen / sie zubesamen / damit du dich an jr verunreinigest .
Du solt auch deines samens nicht geben / das es dem Molech verbrand werde / das du nicht entheiligest den Namen deines Gottes . Denn ich bin dein HERR .
Du solt nicht bey Knaben liegen / wie beim Weibe / denn es ist ein Grewel . Du solt auch bey keinem Thier liegen / das du mit jm verunreiniget werdest / vnd kein Weib sol mit einem Thier zu schaffen haben / denn es ist ein Grewel .
Ir solt euch in dieser keinem verunreinigen / denn in diesen allem haben sich verunreiniget die Heiden / die ich fur euch her wil ausstossen / vnd das Land dadurch verunreiniget ist / vnd ich wil jre Missethat an jnen heimsuchen / das das Land seine Einwoner ausspeie . Darumb haltet meine Satzung / vnd Rechte / vnd thut dieser Grewel keine / weder der Einheimische / noch der Frembling vnter euch . Denn alle solche Grewel haben die Leute dieses Landes gethan die vor euch waren / vnd haben das Land
verunreiniget / auff das euch auch nicht das Land ausspeie / wenn jr es verunreiniget / gleich wie es die Heiden hat ausgespeiet die vor euch waren . Denn welche diese Grewel thun / der Seelen sollen ausgerottet werden von jrem Volck . Darumb haltet meine Satzunge / das jr nicht thut nach den grewlichen Sitten / die vor euch waren / das jr nicht verunreiniget werdet / denn ich bin der HERR ewer Gott .
WIder dis Göttliche Gesetz hat kein Mensch / er sey gleich Bapst / oder Keiser macht zu dispensiren / sondern alle die darwider handeln / die fallen in Gottes Zorn / vnd Vngnad / vnd ist die Regel recht . In gradibus Iuris diuini non solùm prohibetur contrahendum , sed etiam dirimitur contractum . In den Gliedern so in Gottes Gesetz ausdrücklich verboten sind / wird nicht allein nicht zugelassen das jemand ehelich werde / sondern auch da sichs jemand vnterstanden hette / so wirds doch erkant / das es keine Ehe / sondern Blutschande sey . Müssen derwegen von einander bleiben / darumb das zwischen jnen keine Ehe sein kan .
Nu wollen wir kürtzlich / vnd einfeltig anzeigen / welche Gradus der Blutfreundschafft / vnd Schwegerschafft beide in Gottes Wort / vnd in gemeinen vblichen Landsordnungen Christlichen / vnd nach der Augspurgischen Confession reformirten Kirchen verboten sind / vnd nicht zugelassen werden .
Von der Blutfreundschafft .
I. Regula .
Alle vermischung zwischen Eltern / vnd Kindern in der rechten Linien auffwarts / vnd niderwarts / Vsque in infinitum hat Gott vnwandelbar verboten . Moses fasset die Regel kurtz . Du solt deines Vaters / vnd deiner Mutter Scham nicht blössen / Durch Vater / vnd Mutter verstehet er auch Großvater / vnd Großmutter / vnd so fort an . Daher spricht man : So Adam noch auff diesen Tag lebete / würde jm nicht zugelassen ein Weib zur Ehe zu nemen / darumb das alle Weiber von jm her komen / vnd seine Töchter sind / Also wird keine Ehe zugelassen zwischen Eltern / vnd Kindern / sie sind nahe / oder fern einander verwand / wenn sie auch tausent Glied von einander weren .
II. Regula .
Brüdern / vnd Schwestern sich mit einander zuuerehelichen ist in Göttlichen natürlichen / vnd allen rechten verboten / sie sind gleich von voller / oder halber Geburt / das ist / von einem Vater / vnd einer Mutter / oder von der beiden einen / ja auch die nicht / so etwa ausser der Ehe von Vater / oder Mutter erzeuget . Moses spricht / Du solt deiner Schwester Scham / die deines Vaters / oder Mutter Tochter ist / daheim oder draussen geboren / nicht blössen . Vnd hie ist mit fleis zu mercken / das Moses gleich rechnet / die von voller / vnd die von halber Geburt / Brüder / vnd Schwester sind / welche erinnerung grosse nachrichtung gibet / auch in andern Gradibus der Blutfreundschafft .
III. Regula .
In der seitwarts Linien ist der ander Grad vnleicher Linien in Gottes Wort verboten . Moses spricht / Du solt deines Vatern / oder Mutter Schwester Scham nicht blössen . Dis ist der ander Grad vngleicher Linien . Also .
Dieser Johannes sol die Annam seines Vatern Schwester zur Ehe nicht nemen / vnd sind folgende felle alle gleich .
Du Son solst nicht zur Ehe nemen deines Vatern / noch deiner Mutter Schwester .
Du Tochter solst nicht zur Ehe nemen deines Vatern / oder Mutter Bruder .
Du Man solst nicht nemen deines Brudern / oder deiner Schwester Tochter .
Du Weib solst nicht nemen deines Brudern / oder deiner Schwester Son .
Diese felle alle im andern Grad vngleicher Linien / vnd von Gott ausdrücklich verboten / denn sie sind vnser Eltern nechste Blutfreunde / vnd wir sind schüldig sie als Eltern zu ehren .
Hie ist nun auch die Regula zu mercken / so von Brüders / oder Schwester Kinder gesetzt wird . Cuius fratris vel sororis filiam ducere non licet , neque neptem permittitur . Das ist / welches Bruders oder Schwester Tochter ich nicht darff zur Ehe nemen / desselben Tochter ist mir auch verboten / ja auch desselbigen Tochter Tochter Tochter .
Damit sich die einfeltigen darinne richten mögen / wollen wir die felle setzen .
Der Bruder sol nicht nemen hinabwarts .
Seines Brudern Tochter Tochter . noch Seines Brudern Sons Tochter . noch Seiner Schwester Tochter Tochter . noch Seiner Schwester Sons Tochter .
Item die Schwester sol nicht nemen hinabwarts .
Des Brudern Son. noch Der Schwester Son. noch Des Brudern Sons Son. noch Der Schwester Sons Son. noch Des Brudern Tochter Son. noch Der Schwester Tochter Son. noch Des Brudern Sons Sons Son. noch Der Schwester Sons Sons Son. noch Des Brudern Tochter Tochter Son. noch Der Schwester Tochter Tochter Son .
Exempli gratia .
Dieser Timotheus / ob er wol im vierden Grad vngleicher Linien der Maria verwand ist / sol er sie dennoch zur Ehe nicht nemen / Sondern als seine Mumen / vnd nechste Blutfreundin ehren / viel weniger sol sie Georgius ehelichen / oder Jacobus / die jr noch neher verwand sind .
IIII. Regula .
Ob wol in Gottes Wort / vnd Keiserlichen Rechten nicht verboten ist / Brüder vnd Schwester Kinder sich mit einander zuuerehelichen / so wird doch in gemeinen Landsordnungen an denen örten / da die Kirchen nach der Augspurgischen Confession reformieret sind / vmb Zucht willen nicht zugelassen / das sich zweier Brüder / oder zweier Schwestern / oder Brüder / vnd Schwester Kinder die einander im andern Grad gleicher Linien verwand sind / einander zur Ehe zu nemen .
Exempli gratia .
Vnd hie ist zu wissen / ob die geschwistrige Kinder / von gantzer oder halber Geburt sind / so wird dennoch nicht zugelassen / das sie einander zur Ehe nemen mögen .
V. Regula .
In diesem Fürstenthum Preussen / wird nicht gestattet / das Blutsfreunde die einander verwand sind im dritten Grad vngleicher Linien einander zur Ehe nemen / wie gleichfals in den reformierten Kirchen Deudscher Nation / als Sachsen / Düringen / Meissen / der dritte Grad vngleicher Linien nicht wird zugelassen .
Exempli gratia .
Diese Clara sol den Michaelem jren Vettern zur Ehe nicht nemen .
Dergleichen Exempel .
Dieser Petrus sol die Christinam zur Ehe nicht nemen / vnd gilt gleich so viel Joachimus vnd Marcus die Brüder sind von halber / oder voller Geburt / ob sie beide in der Ehe / oder einer aus der Ehe gezeuget sind . Dennoch sol Petrus die Christinam zur Ehe nicht nemen .
Bisher sind die Glieder der Blutfreundschafft in diesen Landen verboten . Doch brauchen verstendige / vnd Gottselige Eherichter diese bescheidenheit / vnd halten diese Regel .
In Gradibus Iuris diuini prohibetur matrimonium contrahendum , & dirimitur contractum .
In Gradibus Iuris positiui prohibetur contrahen dum , sed non dirimitur contractum .
VI. Regula .
In der Kirchen der Augspurgischen Confession / so wol auch in diesem Fürstenthum Preussen / wird der dritte Grad gleicher Linien zugelassen .
Exempli gratia :
Dieser Petrus mag die Catharinam wol zur Ehe nemen . Die Christen sind an das Ius Canonicum im wenigsten nicht verbunden . Denn der Bapst zu Rom hat nicht macht newe Gesetze der Kirchen Gottes auff zu bringen . Darumb ist man jm keiner Prohibition gestendig / weder im Fünfften / noch im Vierden / noch im Dritten Grad gleicher Linien .
Das aber die Weltliche Christliche Obrigkeit dieser Lande den andern Grad gleicher Linien / vnd den dritten Grad vngleicher Linien verboten hat / vmb Zucht vnd Ehre willen / damit die Christen desto vorsichtiger in Ehegelübden fahren / vnd Gottes ernste Gebot desto mehr in achtung haben / das ist löblich vnd recht / sie hats macht von Gott / vnd die Christen sind schüldig in solchen Gesetzen vnd Geboten / die nicht wider Gottes Wort / auch nicht wider das natürliche Recht sind / vmb des Gewissens willen gehorsam zu leisten .
Es hat aber auch eine Christliche Obrigkeit macht in den Gradibus , so Iuris positiui sind / aus erheblichen wichtigen Vrsachen zu dispensiren .
Das Bepstliche Gesetze de Spirituali cognatione , von der Geistlichen Verwandschafft / das die so miteinander Gefatter gestanden sind / nicht solten einander zur Ehe nemen / oder das einer seine Pate / so er aus der Tauffe gehaben / nicht solte freien / ist gantz zuuerachten / Denn es hat keinen grund in Gottes Wort / Die Keiserlichen Rechte haben solche Bepstliche Gesetze aus vnuerstand gebilliget .
Von Schwegerschafften .
Die Erste Regel .
Alle vermischung zwischen Stiffvater / vnd Stifftochter / zwischen Stiffmutter / vnd Stiffson / vsque in infinitum , so weit als man rechnen kan / in der auffsteigenden / vnd absteigenden Linien / sind in Göttlichem Rechte verboten . Moses saget ausdrücklich / Leuit. 13. Du solt deines Vatern Weibes Scham nicht blössen / denn es ist deines Vatern Scham . Das ist / du Stiffson solt deine Stiffmutter nicht zur Ehe nemen / sie sey gleich die Erste / die Andere / die Dritte / oder die Vierde . Also sol die Stiefftochter den Stieffvater nicht zur Ehe nemen / er sey gleich der Erste / der Ander / der Dritte / oder der vierde Stieffvater .
Diese Regel gilt in den auffsteigenden / vnd absteigenden Linien vsque in infinitum , so weit man rechnen kan .
Vmb der einfeltigen / vnd vngeübten willen / wollen wir die verbotene Personen nach einander setzen .
In der auffsteigenden Linien / mus man vnten anfahen zu zelen / oder zu rechnen .
Personen so von wegen der Schwegerschafft in der rechten Linien / hinauffwarts zu rechnen zu ehelichen verboten sind .
III .
6. Des Großvatern Vaters Weib / das ist / des Großvater Stiffmutter . 5. Der Großmutter Vaters Weib / das ist / der Großmutter Stiffmutter . 4. Seines Weibes Großvaters Mutter . 3. Seines Weibes Großmutter Mutter . 2. Seines Stiffvaters Großmutter . 1. Seiner Stiffmutter Großmutter .
II .
4. Des Großvaters Weib / das ist / seines Vaters oder seiner Mutter Stiffmutter . 3. Seines Weibes Großmutter / sie sey des Vaters / oder der Mutter Mutter . 2. Seines Stiffvaters Mutter . 1. Seiner Stiffmutter Mutter .
I.
5. Seiner Braut Mutter / das ist die / mit welcher Tochter er sich zuuor verlobet / vnd doch nicht Hochzeit mit jr gehalten / noch sie fleischlichen erkant hat / ist jm aber öffentlich verlobet gewesen . 3. Seines Vatern Braut oder vertrawete / welche seine Stiffmutter solte geworden sein . 2. Seines Weibes Stiffmutter / welche jr Vater nach jm verlassen . 1. Seine Stiffmutter / es sey die Erste / Andere / oder die Dritte / welche sein Vater zur Ehe gehabt .
Der Son sol nicht nemen hinauffwarts zu rechnen .
In der auffsteigenden Linien mus man vnten anfahen zu rechnen .
Personen so von wegen der Schwegerschafft in der rechten Linien / hinauffwarts zu rechnen / zu ehelichen sind verboten .
III .
6. Ires Großvaters Mutterman / das ist / jres Großvaters Stiffvater . 5. Irer Großmutter Mutterman / das ist / jrer Großmutter Stiffvater .
4. Ires Mannes Großvater Vater . 3. Ires Mannes Großmutter Vater . 2. Ires Stiffvaters Großvater . 1. Irer Stiffmutter Großvater . II .
4. Irer Großmutter Man / das ist / jres Vaters oder Mutter Stiffvater . 3. Ires Mannes Großvater / es sey des Vaters oder der Mutter Vater . 2. Ires Stiffvaters Vater . 1. Irer Stiffmutter Vater .
I.
5. Ires Breutigams Vater / das ist der / mit welches Son sie sich zuuor verlobet / vnd doch nicht Hochzeit mit jm gehalten . 4. Irer Mutter Breutigam / oder vertraweten / welcher jr Stiffvater solte geworden sein . 3. Iren Schweer / das ist / jres Mannes Vater . 2. Ires Mannes Stiffvater / welchen seine Mutter nach jr gelassen . 1. Iren Stiffvater / er sey der Erste / der Ander / oder der Dritte / welchen jre Mutter zur Ehe gehabt hat .
Die Tochter sol nicht nemen hinauffwarts .
Personen so von wegen der Schwegerschafft in der rechten Linien hinabwarts zu rechnen / zu ehelichen verboten . Denn solche Personen für vnsere Töchter gehalten werden .
Der Vater oder Stiffvater sol nicht nemen .
I .
1. Die Stifftochter / die seinem vorigen Weibe geboren . 2. Seines vorigen Weibes Stifftochter . 3. Des Stiffsons Weib . 4. Die Schnur / das ist / seines Sons Weib . 5. Des Sons verlobte Braut .
II .
1. Der Stifftochter Tochter . 2. Des Stiffsons Tochter . 3. Des Sons Son Weib . 4. Seiner Tochter Son Weib .
III.
1. Der Stifftochter Tochter Tochter . 2. Des Stiffsons Tochter Tochter . 3. Des Sons Sons Son Weib . 4. Seiner Tochter Sons Son Weib .
Personen so von wegen der Schwegerschafft in der rechten Linien / herunterwarts zu rechnen / zu ehelichen verboten . Denn solche Personen fur vnsere Söne gehalten werden .
Die Mutter oder Stiffmutter sol nicht nemen .
I .
1. Den Stiffson / der von jrem vorigen Manne geboren ist . 2. Ires vorigen Mannes Stiffson . 3. Der Stifftochter Man. 4. Der Tochter Man. 5. Der Tochter verlobten Breutigam .
II .
1. Des Stiffsons Son. 2 . Der Stifftochter Son. 3. Des Sons Tochter Man. 4. Der Tochter Tochter Man .
III.
1. Des Stiffsons Sons Son. 2 . Der Stifftochter Tochter Son. 3. Des Sons Son Tochter Man. 4. Irer Tochter Tochter Tochter Man .
Diese jtzt erzelte Personen / sind alle an stat vnserer lieben Töchtern / vnd Söne zu halten / vor welchen / das Vater vnd Mutter / oder auch Stiffvater vnd Stiffmutter eine schew haben / vnd sie nicht berüren noch schenden / sondern mit Zucht ehren sollen / leret beide Göttliche vnd beschrieben / ja auch das natürliche Recht / vnd alle Menschliche vernunfft / derhalben wisse sich jederman darnach zu halten .
Personen so von wegen der Schwegerschafft in der seitwarts Linien zu ehelichen verboten .
III .
1. Des Großvaters Bruder Weib . 2. Der Großmutter Bruders Weib .
II .
1. Seines Vettern Weib / das ist / seines Vaters Bruders Weib . 2. Seines Oms Weib / das ist / seiner Mutter Bruders Weib .
I.
1. Seines Schwehers Schwester / das ist / seines Weibes Vaters Schwester . 2. Seiner Schwieger Schwester / das ist / seines Weibes Mutter Schwester .
Der Bruder sol nicht hinauffwarts nemen .
Der erste Fall ist also zu setzen .
Dieser Nicolaus sol nach absterben seines vorigen Weibes Clara / seiner Schwieger Schwester die Annam nicht zur Ehe nemen .
Personen so von wegen der Schwegerschafft in der seitwarts Linien zu ehelichen verboten .
III
2. Des Großvaters Schwester Man. 1. Der Großmutter Schwester Man .
II .
2. Irer Wase / das ist / jres Vaters Schwester Man. 1. Irer Mumen / das ist / jrer Mutter Schwester Man .
I.
2. Ires Schwehers / das ist / jres Mannes Vaters Bruder . 1. Irer Schwieger / das ist / Mannes Mutter Bruder .
Die Schwester sol nicht hinauffwarts nemen .
Der erste Fall ist also zu setzen .
Diese Martha sol nach absterben jres Mannes Peters / den Jacob jrer Schwieger Bruder zur Ehe nicht nemen .
Der ander Fall ist also zu setzen .
Diese Elisabeth sol nach tödlichem abgang der Agneten den Dauid / das ist / jrer verstorbenen Mumen Man nicht zur Ehe nemen .
Personen so von wegen der Schwegerschafft in der seitwarts Linien zu ehelichen verboten .
Der Bruder sol nicht hinunterwarts nemen .
I .
1. Seines Bruders Weib . 2. Seines Weibes Schwester .
II .
1. Seines Brudern Sons Weib . 2. Seiner Schwester Sons Weib . 3. Seines Weibes Bruders Tochter . 4. Seines Weibes Schwester Tochter .
III.
1. Seines Bruders Sons Sons Weib . 2. Seines Brudern Tochter Sons Weib . 3. Seiner Schwester Sons Sons Weib . 4. Seiner Schwester Tochter Sons Weib . 5. Seines Weibes Bruders Tochter Tochter . 6. Seines Weibes Schwester Tochter Tochter .
Dieser letzter Fall ist also zu setzen .
Dieser Erhard sol nach absterben seiner vorigen Hausfrawen / die Annam nicht zur Ehe nemen .
Personen so von wegen der Schwegerschafft in der seitwarts Linien zu ehelichen verboten .
Die Schwester sol nicht hinabwarts nemen .
I .
1. Irer verstorbenen Schwester Man. 2. Ires verstorbenen Mannes Bruder .
II .
1. Ires Bruders Tochter Man. 2. Irer Schwester Tochter Man. 3. Ires Mannes Bruders Son. 4. Ires Mannes Schwester Son .
III.
1. Ires Bruders Sons Tochter Man. 2. Ires Bruders Tochter Tochter Man. 3. Irer Schwester Sons Tochter Man. 4. Irer Schwester Tochter Tochter Man. 5. Ires Mannes Bruders Sons Son. 6. Ires Mannes Schwester Sons Son .
Dieser letzter Fall ist also zu setzen .
Diese Sophia sol nach absterben jres Mannes Arnoldi den Paulum nicht zur Ehe nemen . Denn Paulus ist der Sophia mit Schwegerschaffe verwaud im dritten Grad vngleicher Linien .
II. Die ander Regel von der Schwegerschafft .
Alle Blutfreunde des Mannes sind seinem Weibe geschwegert der gestalt . In welchem Grad der Blutfreundschafft sie dem Manne zugethan sind / im selbigen Grad sind sie dem Weibe mit Schwegerschafft verwand . Vnd hergegen alle Blutfreunde des Weibes / sind jrem Manne geschwegert / der gestalt / In welchem Glied der Blutfreundschafft sie dem Weibe verwand sind / Im selben Glied sind sie jrem Manne schwegerschafft halben zugethan . Vnd demnach / wie weit sich die Prohibition in der Blutfreundschafft erstreckt / also weit erstreckt sie sich auch in der Schwegerschafft . Denn gleicher gestalt / wie sich einer von seinen Blutsfreunden enthalten sol / Also ist er auch schüldig / sich von seines Weibes Freunden zu enthalten . Vnd in solcher massen das Weib von jres Mannes freunden . Als denn / wie oben vermeldet / der dritte Grad in der Blutfreundschafft vngleicher Linien ist verboten / also ist auch derselbige dritte Grad vngleicher Linien in der Schwegerschafft verboten .
Nemlich .
1. Der Man sol nicht nemen seines vorigen Weibes Vaters Bruder oder Schwester Sons Tochter .
2. Das weib sol nicht nemen jres vorigen Mannes Vaters Bruder oder Schwester Sons Son .
Diese beide Felle sind also zu setzen .
Dieser Marcus sol nach absterben seines ersten Weibes Catharina nicht zur Ehe nemen die Rosam . Denn wie Rosa seinem verstorbenen Weibe ist verwand gewesen / im dritten Glied vngleicher Linien der Blutfreundschafft . Also ist die Rosa dem Marco im dritten Glied vngleicher Linien / Schwegerschafft halben zugethan / vnd demnach nicht zuleßlich .
Der ander Fall .
Diese Anna sol nach absterben jres vorigen Mannes Justi nicht zur Ehe nemen den Martinum / viel weniger den Salomonem . Denn Salomo ist der Anna im andern Glied gleicher Linien Martinus aber ist der Annen im dritten Glied vngleicher Linien mit Schwegerschafft zugethan / vnd derhalben nicht zuleßlich .
Nützliche vnd nötige Erinnerung .
Weil die Leute allerley behelff / vnd Feigenbletter pflegen zu suchen / damit sie jr fürhaben / darauff sie einmal gefallen sind / fort zu setzen vermeinen / So sollen die Pastores , vnd wer in den Ehesachen zu rathen hat / auff diese Erinnerung acht haben .
1. Es ist nicht daran gelegen / ob die ersten Eheleute mit einander Kinder gezeuget haben / oder nicht / Die Prohibition hat nicht desto minder jre Krafft .
Diese Anna ob sie gleich mit dem Martino keine Kinder hat gezeuget / dennoch sol sie Johannem jres vorigen Mannes Vettern nicht zur Ehe nemen .
2. Es gilt gleich viel in rechnung der Glieder / vnd der verwandnis / in der Blutfreundschafft / vnd Schwegerschafft / Die Brüder / vnd Schwestern sind von gantzer oder halber Geburt / die Prohibition ist gleiche krefftig .
Ob gleich die Pulcheria des Felicis halbe Schwester ist / von einem Vater / aber nicht von einer Mutter / Dennoch sol Otto nach absterben seines vorigen Weibes Eua / die Annam zum Weibe nicht nemen . Denn sie ist im andern Glied gleicher Linien jme mit Schwegerschafft verwand .
3. Es ist auch nicht daran gelegen / ob vnter den verwandten Personen eine oder mehr ausser der Ehe / die andern in der Ehe gezeuget werden . Die verwandnis in Blutfreundschafft / vnd Schwegerschafft wird gleichwol gerechnet .
Ob gleich Hieronymus wert ausser der Ehe gezeuget / Magdalena aber seine Schwester in der Ehe / nichts desto minder sol Adolphus nach absterben seines vorigen Weibes Margaretha die Johannam nicht zum Weibe nemen / denn sie ist jm verwand mit Schwegerschafft im andern Grad gleicher Linien .
4. Daran ist auch nicht gelegen / ob das vorige Weib viel oder wenig Jare sey tod gewesen / denn die Zeit mehret / oder ringert die verwandnis nicht .
5. Also ist auch nicht daran gelegen / ob der Man nach dem ersten Weibe / aus anderer Freundschafft hette gefreiet / vnd nach dem Tode des andern Weibes / in seines ersten Weibes Freundschafft wider wolte freien : Nichts desto minder sol jme der dritte Grad vngleicher Linien verboten sein .
6. Wenn die Ehe durch ein öffentlich Christlich Verlöbnis ist volnzogen vnd bestettiget worden / so gilt die Verwandnis / ob gleich die Hochzeit / vnd öffentlicher Kirchgang / oder das beyschlaffen nicht darauff erfolget ist / sondern ein theil vor der Hochzeit mit dem Tode vbereilet worden .
Der Vater sol nicht nemen seines Sons verlobte Braut .
Die Mutter sol nicht nemen jrer Tochter verlobten Breutigam .
Der Son sol nicht nemen seiner verstorbenen Braut Mutter .
Der Son sol nicht nemen seines Vatern Braut / oder vertrawete / welche seine Stiffmutter solte worden sein .
Die Tochter sol nicht nemen jrer Mutter Breutigam / oder vertraweten / welcher jr Stiffvater solte geworden sein .
Die Tochter sol nicht nemen jres verstorbenen Breutigams Vater / das ist / den / mit welches Sone sie sich zuuor verlobet / vnd nicht Hochzeit gehalten hat .
Der Bruder sol nicht nemen seines verstorbenen Bruders Braut / die seinem Bruder war ehelichen zugesagt .
Die Schwester sol nicht zur Ehe nemen jrer verstorbenen Schwester verlobten Breutigam / der jrer Schwester war ehelichen versprochen .
Consensus enim facit matrimonium , non Nuptiae .
Die öffentliche verwilligung zu beiden theilen bindet die Ehe / vnd nicht die Hochzeit .
Die Schwegerschafft gehet nicht weit / denn auff einer seiten trifft sie nur die Person / die sich mit andern befreundet . Des Mannes Freunde sind seinem Weibe alleine verschwegert / vnd des Weibes Freunde sind jrem Manne alleine verschwegert . Aber des Mannes Freunde sind des Weibes Freunden nicht verschwegert . Also auch des Weibes Freunde sind jres Mannes Freunden nicht verschwegert . Auff deudsch heist man dis Freundes Freunde / vnd so weit erstreckt sich die Prohibition nicht / wie auch die Schwegerschafft nicht .
Darumb kan es wol sein / das zwene oder drey Brüder / zwo oder drey Schwestern freien . Es kan wol sein das Vater vnd Son / Mutter vnd Tochter zur Ehe nemen .
Dieser Petrus der Vater kan die Mutter Annam zur Ehe nemen . Vnd Paulus Petri Son / kan Mariam Anna Tochter zur Ehe nemen . Denn zwischen Paulum vnd Mariam ist keine Schwegerschafft / wenn gleich Petrus die Annam zur Ehe genomen hat .
Item / Es kan wol sein / das Vater vnd Son zwo Schwestern zur Ehe nemen .
Item / Das Vater vnd Tochter / Schwester vnd Bruder zur Ehe nemen .
Item / Das Mutter vnd Son / Bruder vnd Schwester zur Ehe nemen .
Aus diesem Grunde . Denn des Mannes Blutfreunde sind allein seinem Weibe verschwegert / seines Weibes Blutfreunden aber sind sie gar nicht verschwegert / wie ferne vnd nahe sie gleich dem Manne verwand sind . Also widerumb / des Weibes Blutfreunde sind wol jrem Manne verschwegert / aber jres Mannes Blutfreunden / wie ferne oder nahe die dem Manne gleich verwand / sind sie gar nicht verschwegert .
Damit die drey letzten Felle desto richtiger mögen verstanden werden / wil ich sie deutlich setzen .
Wenn gleich Jacobus der Vater die eine Schwester Luciam zur Ehe nimpt / so mag dennoch wol Petrus Jacobi Son die andere Schwester Agneten zur Ehe nemen .
Der ander Fall .
Wenn gleich Hermannus der Vater die Elisabeth zur Ehe nimpt / so mag dennoch des Hermanni Tochter jrer Stiff mutter Bruder den Casimirum wol zur Ehe nemen .
Der dritte Fall .
Wenn gleich Anastasia den Fridericum zur Ehe nimpt / so mag dennoch Quirinus der Anastasien Son seines Stiffvatern Frideriei Schwester Margretham wol zur Ehe nemen . Aus diesem Grunde / wie oben gemeldet / das des Mannes Blutfreunde seinem Weibe alleine geschwegert sind . Aber seines Weibes Blutfreunde sind sie gar nicht verwand .
Desecundo & tertio genere adfinitatis .
Von der andern / vnd dritten Art der Schwegerschafft .
Als denn auch diese Frage furfellet / ob jemand seines verstorbenen Weibes Bruders nachgelassene Widwe zur Ehe nemen möge / so mus man wissen / das die sey secundum genus adfinitatis , die andere Art der Schwegerschafft .
Als
Paulus hat zur Ehe genomen Annam / der Anna Bruder heist Petrus . Dieser Petrus ist dem Paulo verschwegert / nach der ersten Art der Schwegerschafft . Nu freiet Petrus die Claram / diese Clara ist dem Paulo verschwegert / nach der andern Art der Schwegerschafft . Wenn sich nun zutreget / das Anna vnd Petrus die zwo mittel Personen versterben / wird gefraget / ob der Widman Paulus / die Widfraw Claram die jm verschwegert ist in secundo genere adfinitatis , zur Ehe mit gutem Gewissen nemen mögen .
Hierauff ist zu wissen / das gegenwertiger Fall in Gottes Wort nicht ist ausgedruckt / noch verboten . Wie auch die Keiserlichen Rechte dauon stille schweigen / so sagen die Con-
sistoria der reformierten Kirchen in Deudschland / quod hodie nulla sit prohibitio in secundo & tertio genere adfinitatis . Das heutiges Tages in der andern / vnd dritten Art der Schwegerschafft nicht verboten sey zu ehelichen .
Der Fall in secundo genere adfinitatis ist also zu setzen .
Diesem Paulo / erleuben die Rechte / vnd Geistliche Consistoria der reformierten Kirchen / das er nach absterben seines Weibes Anna / vnd jres Bruders Petri / die Widwe Claram wol möge zur Ehe nemen / vnd sol secundum genus adfinitatis nichts doran hindern .
Die dritte Art der Schwegerschafft ist / da drey mittel Personen sind . Als Jacobus hat zur Ehe genomen Martham / dieser Martha Schwester ist Maria / derer Eheman ist Philippus / nach absterben Maria / nimpt Philippus Magdalenam zur Ehe . Diese Magdalena ist dem Jacobo ver-
schwegert / tertio genere adfinitatis , nach der dritten Art der Schwegerschafft . Vnd wenn die drey mittel Personen verstürben / als Martha / Maria / vnd Philippus / so möchte Jacobus der Widwer / die andere Fraw Philippi / vnd nachgelassene Widwe Magdalenam wol zur Ehe nemen . Denn wird secundum genus adfinitatis nachgelassen / viel mehr tertium genus , welches weiter gehet .
Die Personen sind also zu setzen .
Diesem Jacobo erleuben die Rechte / vnd Consistoria , das er nach absterben der dreien Personen / Martha / Maria / vnd Philippi / die Widfraw Magdalenam zur Ehe nemen möge .
Aus diesem allen kan nun ein Pfarherr , auch Gottseliger Christ wol verstehen / welche Gradus beide in Gottes
Wort / in Keiserlichen / in gemeinen / vnd vblichen Landsordnungen verboten sind / vnd nicht zugelassen werden / vnd welche nicht verboten sind .
Da nun ein Pfarherr oder jemands / noch weitern bericht bedürffte / der mag bey dem Consistorio , zun Ehesachen verordnet / Rath suchen .
Es sollen auch die Herrn Pastores , jre Zuhörer zum offtermal / sonderlich in den Hochzeit Predigten / vnd wenn sonst gelegenheit furfellet / vermanen / vnd warnen / das sich niemand heimlich im Winckel verlobe / sondern die einander zur Ehe begeren / sollen ehrliche Leute / Freunde / vnd Nachbare als Zeugen / dem heiligen Ehestande zu ehren / darzu nemen / wie es in der Gemeine Gottes breuchlich ist / auch die not erfordert / in dieser letzten argen vnd vntrewen Welt .
Mancher füret sich durch heimliche Verlöbnis in grossen schweren vnkosten / darzu in hohn vnd spot / daran ist niemand so sehr schüldig / als er selbs / das er seinen Ehestand nicht in Gottes furcht angefangen / vnd so ein heiliges vnd hohes Werck im Winckel heimlich / vnd mit Leichtfertigkeit furgenomen hat .
Desgleichen sollen die Pastores jre Zuhörer trewlich vermanen / das der jungen Leute zusagung der Ehe / one bewilligung vnd ausdrücklichen Consens der Eltern / oder Vormünden / so an stat der Eltern sind / nicht bindig noch krefftig sey / sie haben einander zum Malschatz / viel / wenig oder nichts gegeben . Denn Gottes Wort leret ausdrücklich / das die Kinder mit rath / vnd verwilligung jrer Eltern sich in den heiligen Ehestand begeben sollen . Vnd ist derwegen in der Christlichen Kirchen keines weges zu leiden / das durch Geschenck oder Koplerey oder andern betrug / den Eltern
jre Kinder / die sie mit grosser mühe erzogen haben / jr bester Schatz ist / vnd an denen sie jre beste freude zu erleben hoffen / abgestolen werden .
Doch sollen auch die Eltern mit jren Kindern Gottselig vnd vernünfftig fahren / die Kinder wider jren willen nicht zwingen / die zur Ehe zu nemen / zu denen sie weder lust noch liebe haben . Denn ein Vater sol kein Tyran sein . Wo ferne jemand seines Veterlichen gewalts in solchem mißbrauchen / oder die Vormünder jren Pflegkindern one billiche vrsachen / aus gesuch des geniesses / oder aus Haß oder Feindschafft gegen etliche an dem Ehestande hinderlich sein wolten / so hat ein Kind / Junger Geselle oder Jungfraw den Pfarherr vmb Christlichen trewen Rath an zu sprechen / der als denn mit den sterrigen Eltern / oder vnbillichen Vormünden aus Gottes Wort zu reden / vnd sie zur billigkeit zu weisen wissen werden . Wenn solches one Frucht abgehet / vnd das Consistorium zun Ehesachen verordnet vmb hülffe / vnd einsehen angeruffen wird / sol einem jglichen mitgeteilet werden was recht ist / vnd mit Gottes Wort stimmet .
Ferner sollen die Pastores jre Zuhörer trewlich vermanen / vnd ernstlich verwarnen / das sich niemand vnterstehen sol / öffentlich geschehene Ehe verlöbnis / vnd zusage der Ehe / durch widersendung der Malschetze / Geld oder vortrege auff zu heben / vnd Eheleute von einander zu scheiden . Vnd sollen sich die Leute fürchten fur dem Wort Christi / Was Gott zu samen füget / sol kein Mensch scheiden . So gebüret auch keinen Priuat Personen in solchen Ehefellen zu richten / sondern denen solches von Gott vnd der hohen Obrigkeit ist befohlen worden . Darumb / wo fern jrrung nach dem öffentlichen Verlöbnis furfellet / sol man dieselbige an das Consistorium
weisen / vnd daselbs sich bescheids erholen . Wo fern hierüber etliche vnterstehen würden nach öffentlich gehaltenen Verlöbnis / sich selbs durch Vortregsleute von einander zu scheiden / so sollen die Pastores solche Leute nicht zum Tische des HErrn gehen lassen / auch da sie sich mit andern verloben / keines weges trewen / bis sie jre Sache fur dem Consistorio ausgefüret haben .
Gleicher gestalt sollen die Pfarherr jre Zuhörer vermanen / wenn etwa Personen von jren Breutigamen oder Ehegatten mutwillig verlassen werden / das sich niemand vnterstehen sol / mit andern sich zuuerloben / es sey denn / das sie fur dem Consistorio jre Sachen rechtlich ausgefüret / vnd vom Richter vnd Beysitzer des Consistorij . loß gesprochen sind / vnd des ergangenen Vrteils kuntschafft vnter des Consistotij Einsigel auff zu legen haben . Wird jemand one erkentnis vnd sententz des Consistorij sich vnterstehen zuuerendern / vnd als eine verlassene Person sich zuuerloben / der / oder die sol nicht getrewet / viel mehr aber von der Weltlichen Oberkeit in gebürliche straffe genomen werden .
Diese anleitung / erinnerung / vermanung / vnd warnung / wollet jr Pastores , vnd Seelsorger euch lassen befohlen sein / vnd euch ewres Ampts in Gottes furcht mit allem ernst vnd trewe annemen . Ir wollet eingedenck sein / das wir müssen rechenschafft geben an jenem herrlichen Tage / vber deren Seele die vns vertrawet sind . Darumb gebüret vns zu wachen / vnd stets mit vermanung anzuhalten . Vnzucht / Ehebruch / Blutschande / vnd alle Vnreinigkeit verunreiniget das gantze Land fur Gottes Angesicht / das endlich das Land seine Einwoner ausspeiet / wie Gott selbs im Gesetz bezeuget / Leuit . am 18. Sodoma / Gomorra / vnd der schreck-
liche vntergang des Stams Benjamin / desgleichen Sichem / Troja / Corinthus / Theba / vnd andere vnzehliche Historien zeugen gewaltig / das Gott fest vber der Regel helt zun Hebreern . Die Hurer vnd Ehebrecher wird Gott richten . Auch schonet Gott des trefflichen Königes Dauids nicht / weil er sich mit Vnzucht beflecket / sondern füret ein Vnglück nach dem andern vber jn .
Denn Gott wil in seinem Volck / das nach seinem Namen genennet wird / aller ding keine Vnzucht noch vnreinigkeit leiden . Darumb wollet jr Pfarherr stets mit straffen / warnen / vermanen / vnd leren anhalten / bey ewren Zuhörern / die Exempel Göttliches Zorns / wider die Vnzüchtige / furtragen / sie vnterrichten was Gottes Wille ist / damit ein jglicher wisse seinen Leib in Zucht / Ehre / vnd Heiligung zu bewaren / vnd wir in diesem Lande Preussen / eine heilige gemeine Gottes sein / darinne Gott selbs wohne / in reinem Hertzen vnd warem Glauben anruffen / auch stets mit freudigem bekentnis seines seligmachenden Worts vnd heiligen gehorsam gerühmet vnd gepreiset werde . Darzu verleihe Gott seine Gnade vmb seines eingebornen Sons Jesu Christi willen durch seinen heiligen Geist / AMEN . Datum Königssperg in Preussen / den 15. Aprilis / Anno 1574 .
Tilemanus Heßhusius / Doctor / Ewer Mitdiener am Euangelio Jesu Christi .