Copenhagen, den 22. April.
Mit geſtriger Poſt hat man aus Juͤtland die Nach-
richt erhalten, daß der Herr General-Lieutenant von
Staffelt, Commendant in Fridericia, mit Tode abge-
gangen. Vorigen Donnerstag kam unſer Retour-
Schiff von Oſt-Jndien mit einer reichen Ladung auf
hieſiger Rhede, und wird am Montage im Baum le-
gen. Die Frau Conferenz-Raͤthin Berregard iſt die-
ſer Tagen auf ihrem Gute Borrebyl mit Tode abge-
gangen. Der Herr Geheime Rath und Kammer-
Herr Carl von Holſtein in Gottorf iſt dem ſel. Herrn
Geheimen Rath Moͤnch in der Amtmanns-Charge
gefolget.
Kunzendorf bey Zuckmantel, den 4. April.
Den erſten dieſes marſchirte die Koͤnigl. Ungari-
ſche Armee, in 2. Treffen bereits eingetheilet, ſammt
der Artillerie von Liechtenwoͤrt bis Hermſtadt, eine
Meile von Zuckmantel, allwo unſere Huſſaren 6.
Spionen, wovon 5. als Bauern, und einer als ein
Weib verkleidet geweſen, eingebracht, ſo ſich hin und
her um den Zuſtand und Staͤrke unſerer Armee er-
kundiget haben ſollen. Eben dieſen Tag kamen 10.
Preußiſche Deſerteurs, worunter 3. mit Ober- und
Unter-Gewehr durchgegangen ſind, an, welche die all-
gemeine Furcht unter der feindlichen Armee insge-
ſammt beſtaͤtiget, anbey aber ausgeſagt haben, daß
ein ganzes Commando von 100. Mann, ſo in der
Gegend Neuß einiges Proviant abzuholen und zur
Armee zu convoyren befehliget geweſen, mit Zuruͤck-
laſſung ihrer Officiers nach Neuß gefluͤchtet, und ſich
in den Schutz des daſigen Commendanten begeben
haben. Selbigen Tags hat ein Huſſaren-Wachtmei-
ſter, ſo mit 40. Mann zu recognoſciren auszureiten
befehliget worden, auf eine feindliche Preußiſche Huſ-
ſaren-Parthey geſtoſſen, welche bey Erblickung der
Unſrigen die Flucht ergriffen, davon einer aber ge-
fangen genommen, der ebenfalls zu Hermſtadt einge-
bracht worden. Den 3ten dieſes fruͤhe wurde Befehl
ertheilet, den in der ſehr langen und beſchwerlichen
Defilee nach Zuckmantel gemachten Verhack durch
die Hermſtaͤdter Bauren unter der Aufſicht derer Huſ-
ſaren aufhauen zu laſſen, woſelbſt denn die Armee in
ihrer Ordnung gegen 1. Uhr Nachmittags nach Zuck-
mantel zu defiliren angefangen, und hatten die geſam̃-
ten Grenadier-Compagnien von den Jnfanterie-Re-
gimentern die Avant-Garde. Es wurden auch da-
ſelbſt die gehoͤrigen Canonen unter die Regimenter
eingetheilet, weil, den Kundſchaftern ihrer Ausſage
nach, der Feind zu Ziegenhals, eine Meile von Zuck-
mantel, alſo vertheilet ſtuͤnde, daß er in 4. Stunden
22000. Mann zuſammen ziehen koͤnne, und ſich da-
ſelbſt zu verſchanzen anfing. Es marſchirte alſo
unſere Armee bis hieher nach Kunzendorf uͤber Zuck-
mantel, eine halbe Meile von Ziegenhals, welche auch
den 4ten dieſes ſogleich wieder den Marſch weiter
fortgeſetzt haben wuͤrde, wenn nicht wegen der allzu
beſchwerlichen Defileen, wodurch nur 2. Mann hoch
marſchiret werden koñte, die Armee aufgehalten wor-
den waͤre, alſo zwar, daß, ungeachtet alle Bagage zu-
ruͤck bleiben muͤſſen, die Truppen mit der Artillerie
doch kaum heute Nachmittags hier eintreffen koͤnnen.
Heute hat man die Nachricht allhier erhalten, daß
durch einige unſerer Deſerteurs der Feind in Ziegen-
hals von unſerm Anmarſch benachrichtiget worden,
mithin bereits geſtern Abends um 6. Uhr ſich von dar
zuruͤck gezogen habe, welchem heute 250. Huſſaren
nachgeſchickt worden, um entweder in ſeine Arrier-
Garde oder in die nachgehende Bagage einzubrechen,
und da wir nun noch drittehalb Meilen von Neuß, mit-
hin Troppau und Jaͤgerndorf ſchon ſeitwerts zuruͤck-
geleget haben, ſo duͤrfte der Feind daſelbſt, wenn er ſich
in der Zeit nicht retiriret hat, wohl abgeſchnitten und
uns die daſelbſt angelegte ſchoͤne Magazyne zu Theil
werden, da der General Baronay mit einem Corpo
durch die Jablunka auch in Anmarſch iſt. Morgen
hoffen wir den Feind bey Neuß zu ſehen, und mit ihm,
wann er anderſt Stand haͤlt, eins zu wagen, an deſſen
guten Ausſchlag nicht gezweifelt wird, weil unſere
Truppen insgeſammt dermaſſen muthig, daß ſie bey
einer vor ſich gehenden Action ihre Tapferkeit gewiß
erweiſen werden.
Jaͤgerndorf, den 4. April.
Heute gerieth allhier alles in Allarm, denn die
Preußiſchen Truppen, welche einige Zeit dieſen Ort
beſetzt haben, muſten, weil die Ungariſche Armee im
Anmarſch war, ſich zuruͤck ziehen; ſie pluͤnderten da-
hero nicht nur das Schloß, das Minoriten-Kloſter
und die ganze Stadt, ſondern ſie trieben auch alles
Vieh weg, ſchlugen den Buͤrgern die Bier- und Wein-
Faͤſſer ein, und was ſie nicht aus dem hieſigen groſſen
Magazyn mitnehmen konnten, warfen ſie in das
Waſſer.
Glatz, den 5. April.
Jn Warta hat ſich vor einigen Tagen zugetragen,
daß eine zum Recognoſciren ausgeweſene Preußiſche
Cavallerie-Parthey ſich jenem Orte genaͤhert, die in
Warta befindliche Preuſſen aber haben ſolche fuͤr die
Unſrigen gehalten, und mit ihren allda aufgepflanz-
ten Stuͤcken Feuer unter ſolche gegeben, einige Mann
zu Schanden geſchoſſen, wovon bereits 2. geſtorben,
und 8. Pferde ſind dadurch crepiret. Von hieſiger
Beſatzung wurden neulich 60. Mann auscomman-
diret, eine kleine Bruͤcke, welche die Preuſſen eine Mei-
le Weges von Warta geſchlagen hatten, auseinan-
der zu reiſſen, welches auch gluͤcklich ins Werk ge-
richtet ward; man war aber kaum damit fertig, ſo
lieſſen ſich 100. Mann Preußiſche Dragoner auf der
andern Seite ſehen, worauf die Unſrigen die Flucht
nahmen, und des Abends hier wieder einruͤckten. Wir
erwarten heute 40. gefangene Preuſſen, welche ge-
ſtern ſchon ankommen ſollen.
Glatz, den 8. April.
Man hat Nachricht erhalten, daß eine gewiſſe
Schleſiſche Dame an den Maͤhriſchen Grenzen etli-
chen Preußiſchen Officiers des Abends eine Soupe ge-
geben, ehe ſichs aber jemand verſehen, ſind die Ghi-
laniſchen Huſſaren in den Edelhof gekommen, da ſich
denn die Officiers zwar zur Wehre geſetzt, aber doch
ergeben muͤſſen, worauf ſie nebſt der Dame gefan-
gen weggefuͤhret worden. Ehe dieſes aber geſchehen,
hat der Officier von den Huſſaren noch mit den Preuſ-
ſiſchen Officiers gegeſſen und getrunken, die Huſſa-
ren aber haben ſich ſelber eine Tafel zubereitet, wor-
auf zwar wenig Eſſen, Wein und Bier aber im Ueber-
fluß geweſen iſt. Vorgeſtern kam ein Preußiſcher
Deſerteur nebſt ſeinem Weibe anhero, welche berich-
teten, daß die Preußiſche Armee ſich zuſammen ziehe,
um die Ungariſche, welche nicht weit mehr entfernet
iſt, anzugreifen. Geſtern brachte man 5. Spionen
hier ein, welche alle unſere ausgegangene Partheyen
verrathen haben.
Breßlau, den 18. April.
Ob wohl der Cardinal von Sinzendorf neulich aus
Otmachow in ſeine hieſige Biſchoͤfliche Reſidenz ge-
bracht, und der genauen Aufſicht eines Officiers an-
vertrauet, uͤbrigens aber ihm mit allem ſeinem Cha-
racter und ſeiner Gebuhrt zukommenden Vorzuge und
Hoͤflichkeit begegnet wurde; ſo haben dennoch Se.
Koͤnigl. Majeſtaͤt in Preuſſen, dero gerechten Miß-
vergnuͤgens uͤber die Auffuͤhrung gemeldeten Praͤla-
tens ohngeachtet, da nemlich derſelbe ſeinen Stand
dergeſtalt vergeſſen, daß er ſich mit den Feinden Sr.
Koͤnigl. Majeſtaͤt in eine verbotene Correſpondenz
eingelaſſen, ihm nunmehro aus einer Wirkung Jhrer
Koͤniglichen Guͤte, und aus Conſideration vor ſeine
Familie, ja vor ſeine eigene Perſon, die voͤllige Frey-
heit wieder ertheilet, mit der Erlaubniß, ſich waͤhren-
der Unruhe in Schleſien nach Wien zu begeben. Sol-
ches iſt ihm heute durch den Koͤnigl. Cabinets-Mini-
ſter, Herrn von Podewills, welcher ſich jetzo nebſt
verſchiedenen auslaͤndiſchen Miniſtern allhier befin-
det, wuͤrklich angekuͤndiget worden.
Dresden, den 21. April.
Bis jetzo kann man von der in voriger Woche in
Schleſien vorgefallenen Schlacht noch keine gewiſſe
Nachricht melden. Einige wollen aber durch beſon-
dere Briefe von Breßlau wiſſen, daß die Niederlage
der Ungariſchen Truppen ſich auf 8. bis 10000.
Mann, der Preußiſchen aber auf 4000. Todte und
800. Bleßirte ſich erſtrecken ſoll.
Leipzig, den 24. April.
Vorgeſtern Nachmittags gegen 5. Uhr ſind Jhro
Majeſtaͤten der Koͤnig und die Koͤnigin, unſere aller-
gnaͤdigſte Landes-Herrſchaft, nebſt des Koͤniglichen
und Chur-Prinzen Hoheit, wie auch des Prinzen
Xaverii Koͤnigl. Hoheit, im Gefolge der meiſten aus-
waͤrtigen und vieler einheimiſchen Miniſter auch
anderer Stands-Perſonen beyderley Geſchlechts hier
gluͤcklich angelanget.
Berlin, den 25. April.
Auf Befehl Sr. Majeſtaͤt unſers allergn aͤdigſten
Koͤnigs iſt mit einigen Roß-Taͤuſchern ein Contract
geſchloſſen, nach welchem dieſe ſich anheiſchig ge-
macht, binnen wenig Monaten Zeit 6000. leichte
Pferde, wovon jedoch nur die Haͤlfte ſchwarz ſeyn
duͤrfen, das Stuͤck zu 50. bis 55. Rthlr. zu liefern.
Am 19ten dieſes iſt wegen des von GOtt den Waffen
Sr. Koͤnigl. Majeſtaͤt in Schleſien verliehenen herr-
lichen Sieges auch in dem Lager bey Brandenburg
von dem Herrn Doctor Elsner, der von hier zu ſolchem
Ende dahin berufen worden, eine erweckende Dank-
Predigt gehalten: Sodann aber hat man das Te De-
um Laudamus angeſtimmet, auch die ſaͤmmtlichen
Feld-Stuͤcken dreymal geloͤſet, und von allen Regi-
mentern ein dreyfaches Lauf-Feuer machen laſſen.
Se. Koͤnigl. Majeſtaͤt haben den bisherigen General-
Lieutenant, Erb-Prinz Leopold von Anhalt-Deſſau,
zum General der Jnfanterie, und den Herrn General-
Major von Kleiſt zum General-Lieutenant erklaͤret,
auch dieſen letzteren mit dem Orden des ſchwarzen
Adlers begnadiget. Das erledigte Schulenburgiſche
Regiment iſt von hoͤchſtgedachter Sr. Koͤnigl. Ma-
jeſtaͤt dem Herrn Obriſten, Baron von Poſadowsky,
ertheilet worden. Die Leiche Sr. Hoheit des hochſeli-
gen Prinzen Friederichs ſoll auf dem Schloſſe zu
Friederichsfelde bereits angekommen ſeyn, wo die-
ſelbe ſo lange bleiben wird, bis die hieſigen Anſtalten
zur oͤffentlichen Beyſetzung vollkommen fertig ſind.
Magdeburg, den 22. April.
Briefe von Berlin melden, daß den 13ten dieſes
der erſte Courier daſelbſt angekommen, welcher die
Nachricht uͤberbracht, daß den 10ten dieſes die Unga-
riſche Armee von der unſrigen geſchlagen iſt. Dieſe
Nachricht hat ein anderer Courier, welcher den fol-
genden Tag um 12. Uhr angelanget, beſtaͤtiget. Es
ſind dieſem Courier von Berlin aus 11. Poſtillions
entgegen geſchickt, mit welchen er daſelbſt eingeritten,
und jedermann iſt begierig geweſen, dieſen Courier
ankommen zu ſehen; ja die regierende Koͤnigin nebſt
andern hohen Perſonen haben aus den Schloß-Fen-
ſtern zugeſehen, und auf dero Befehl ſind etliche hun-
dert Thaler an neugepraͤgten Zwey-Groſchen-Stuͤk-
ken unter das bey dem Schloſſe in groſſer Menge ver-
ſammlete Volk geworfen worden. Jeder von dieſen
beyden Couriers hat 100. Louis d’ Or zum Geſchenk
erhalten. Jn der Schlacht ſoll es ſehr hitzig zuge-
gangen ſeyn, und Jhro Koͤnigl. Preußiſche Majeſtaͤt,
welche ſich in die aͤuſſerſte Gefahr darbey gewaget,
ſollen durch dero Zurufen das Volk immer zur Be-
ſtaͤndigkeit ermahnet haben. Die Ungariſche Ca-
vallerie ſoll, nach Ausſage obgedachter Couriers,
ganz deſperat gefochten und Feuer auf Feuer ausge-
halten haben; ja ſie hat ſogar den einen Preußiſchen
Fluͤgel ſchon zuruͤck getrieben; wie Jhro Majeſtaͤt der
Koͤnig ſolches geſehen, ſind ſie in hoher Perſon mit
einem Corpo Grenadierer angeruͤcket, dieſe Leute ha-
ben ſich ungemein tapfer erwieſen, und durch ihr be-
ſtaͤndiges Granadenwerfen Mann und Pferde in Un-
ordnung gebracht, da ſich denn das Blatt gewendet,
und die feindliche Reuterey der Jnfanterie, welche
ſchon einen ganzen Strich gewichen war, folgen muͤſ-
ſen. Die ganze Armee bewundert den Muth, den
Jhro Majeſtaͤt waͤhrender Schlacht bezeiget, und
ohngeachtet einige Grenadiers um dero Perſon herum
weggeſchoſſen worden, ſind ſie doch beſtaͤndig bey ih-
rem Commando geblieben. Die feindliche Armee
hat die Abſicht gehabt, die Preußiſche Artillerie weg-
zunehmen. Von feindlicher Seite iſt der Graf von
Neuperg hart verwundet, der Obriſte vom Collow-
rathiſchen Battaillon ſey ſehr ſtark am Kopfe, Gene-
ral Lentulus gefaͤhrlich, und der Prinz von Birken-
feld ins dicke Bein bleßiret. Von unſerer Seite ſoll
der Graf von Schwerin zweymal ſtark bleßiret ſeyn,
des Koͤnigs Bruder, Prinz Wilhelm, ſoll auch ver-
wundet, der Prinz von Anhalt ins dicke Bein geſchoſ-
ſen, und vor dem Koͤnig der Kuͤchenmeiſter Joer nie-
dergeſchoſſen ſeyn, Jhro Majeſtaͤt aber haben nicht
den geringſten Schaden erlitten.
Von neuen gelehrten Sachen.
Frankfurt und Leipzig. Hier ſiehet man:
Kurzgefaßte Beſchreibung des allgemeinen Staats-
Rechts des Roͤm. Deutſchen Reichs, worinn nebſt
allen Rechten des Kayſers und der Reichs-Staͤnde,
inſonderheit mit was fuͤr Ceremonien und Solenni-
taͤten ein Roͤm. Deutſcher Kayſer erwaͤhlet und ge-
kroͤnet wird, mit catholiſcher Feder beſchrieben, aber
mit einer proteſtantiſchen Feder mit noͤthigen An-
merkungen und Regiſter verſehen, in Octav 394.
Seiten. Auch ein altes und vergeſſenes Buch kann
bey gewiſſen Vorfaͤllen wieder ſeine Leſer finden, und
wer ſollte an dem Schickſal dieſer Schrift zweifeln, da
alle Oerter von Geſchoͤpfen wimmeln, welche Staats-
Kuͤndige ſeyn wollen. Dies Buch erblickte das Licht
der Welt zum erſtenmal 1721. zu Muͤnchen, und
wurde von einem Mann abgefaßt, der bey der Aus-
arbeitung uns Proteſtanten eine ganze Menge von
Geſetz-Predigten hielt. Er laͤßt nicht die geringſte
Gelegenheit vorbey, uns nach catholiſcher Art und
Weiſe zu betrachten, wenn er ſie auch mit der groͤſten
Muͤhe ſuchen ſoll. Jnzwiſchen macht er denen einen
kleinen Begriff von dem Zuſtand des Roͤm. Deutſchen
Reichs, und von den praͤchtigen Gebraͤuchen einer
Kayſer-Wahl, welche auf eine kurzgefaßte Art darin-
ne unterrichtet ſeyn wollen. Man hat zu dieſer Auf-
lage noͤthige Anmerkungen gemacht, und es war bil-
lig. Der Verfaſſer verſtoͤßt hin und wieder in der
Gruͤndlichkeit der Geſchichts-Kunde, und dringt uns
Proteſtanten aus einem heil. Eyfer die unbilligſten
Handlungen auf. Man hat ihm deswegen mit Recht
den Ungrund ſeines Verfahrens gezeigt. Es wird
auch die Frage weitlaͤuftig beruͤhrt: Ob ein pro-
teſtantiſcher Fuͤrſt die Kayſer-Krone erhalten koͤnne?
Der Verfaſſer dieſer Schrift verneint es, und ſucht
den Beweis in der Wahl-Capitulation, welche der neu
erwaͤhlte Roͤm. Kayſer beſchweren muß. Er iſt aber
ſehr irrig in der Folge ſeiner Schluͤſſe. Der erwaͤhlte
Kayſer ſchwoͤrt, daß er in der Zeit ſeiner Regierung
ein beſtaͤndiger Beſchuͤtzer des wahren chriſtl. Glau-
bens, des Stuhls zu Rom und des Papſts ſeyn wolle.
Dieſe Worte bemerken mit der groͤſten Deutlichkeit,
daß der erwaͤhlte Kayſer denen Bekennern des chriſt-
lichen Glaubens, die im Deutſchen Reiche geduldet
werden, Schutz und Sicherheit zugeſtehen will. Die-
ſe Verbindung kann ſo wohl ein proteſtantiſcher als
catholiſcher Fuͤrſt in Ausuͤbung bringen, und nach
den Grund-Saͤtzen derer Friedens-Vertraͤge haben
beyde gleiches Recht zur Kayſer-Krone. Wir wuͤr-
den ſchon ein Beyſpiel haben, daß ein proteſtanti-
ſcher Fuͤrſt Roͤm. Kayſer geweſen waͤre, wo der
Glorwuͤrdigſte Churfuͤrſt von Sachſen Johann Ge-
orge der Erſte nur die Kayſer-Krone haͤtte annehmen
wollen, welche dieſer unvergleichliche Prinz Ferdi-
nand dem Dritten uͤberließ.
Hamburg. Folgendes iſt uns eingeſendet worden:
Sie ſind es gewohnt, der Wahrheit Gerechtigkeit
wiederfahren zu laſſen. Ein gleiches erbitte ich
fuͤr nachſtehende Gedanken. Bey dem Durchleſen
der Goͤttingiſchen gelehrten Zeitung von dieſem Jah-
re finde ich, daß es dem Herrn Prof. Waͤhne daſelbſt
gefallen, eine ganz neue Meynung von dem Jnnhalt
der bekannten Spruͤche, worinn, Spruͤchw. XXV. 22.
und Roͤm. XII. 20., die Feindes-Liebe angeprieſen
wird, der Welt mitzutheilen. Jch kann nicht begrei-
fen, was dieſen gelehrten Mann zu der unverantwort-
lichen Dreiſtigkeit gebracht habe, durch eine Erklaͤ-
rung, welche der Hebraͤiſchen Sprache Gewalt an-
thut, lieber einen offenbaren Widerſpruch zwiſchen
den goͤttlichen Schriften des alten und neuen Bundes
zu erdichten, als bey dem Verſtande zu bleiben, der oh-
ne gezwungene Deutung ganz natuͤrlich herauskoͤm̃t,
wenn man die Sache auswickelt, welche in figuͤrlichen
Vorſtellungs-Arten eingekleidet worden. Feurige
Kohlen ſind das Mittel, einen kalten Koͤrper zu er-
waͤrmen, und das Haupt iſt der empfindlichſte Theil
an einem lebenden Geſchoͤpfe. Es wiſſen aber auch
die Kinder, daß Haß und Feindſchaft mit der Kaͤlte,
Zuneigung und Liebe hergegen mit dem Feuer vergli-
chen werde. Wenn man nun nach den Regeln der
Aehnlichkeit urtheilet, ſind denn nicht die Mittel, wo-
durch man Haß in Liebe verwandeln kann, dasjenige,
was feurige Kohlen bey einem kalten Koͤrper? Kann
das Sammlen der feurigen Kohlen auf jemandes
Haupt etwas anders bedeuten, als jene Mittel ſo an-
wenden, daß die beſtmoͤglichſte Wuͤrkung erfolge?
Jſt es denn gezwungen, wenn ich die Worte: So dei-
nen Feind hungert, ſo ſpeiſe ihn --- wenn du das thuſt,
ſo wirſt du feurige Kohlen auf ſein Haupt ſammlen;
alſo erklaͤre: Wenn du deinen Feind in ſeiner Noth
thaͤtige Proben der Liebe erweiſeſt; ſo brauchſt du das
allerkraͤftigſte Mittel, ihn zur Gegenliebe empfindlich
zu machen. Dieſes Gleichniß iſt fruchtbar genug,
recht viele wichtige Wahrheiten daraus herzuleiten.
Jch bin ꝛc.