Aus dem Archipelago, vom 25 Junii.
Die Griechiſche Nation hat folgende merkwuͤrdige
Schrift aufſetzen laſſen, in welcher ſie dem chriſtlichen
Europa ihre Geſinnungen und Wuͤnſche bey den gegen-
waͤrtigen Zeiten, wo ſo ſtark vom Frieden geſprochen
wird, bekannt zu machen ſuchet. (Wir wollen ſelbige,
aus dem Italieniſchen uͤberſetzt, unſern Leſern nach und
nach mittheilen.)
Wuͤnſche der Griechen an das chriſtliche Europa.
Die gluͤcklichen Zeiten des alten Griechenlandes machen
in der Weltgeſchichte eine ſo beruͤhmte Epoche aus,
daß es nicht noͤthig iſt, hier zu wiederholen, wie dieſe
Laͤnder, welche jetzt durch das Betragen unſerer Tyran-
nen ein Schauplatz ſo vielen Elendes ſind, ehedem, da
unſere Vorfahren noch ihr freyes Vaterland regierten,
eines ſolchen Ruhms und eines ſo großen Gluͤcks genoſ-
ſen, als durch eine weiſe Geſetzgebung, durch eine ordent-
liche Verwaltung der Gerechtigkeit, durch die Erfahrung
im Kriegsweſen, durch die Kenntniß der ſchoͤnſten und
nuͤtzlichſten Wiſſenſchaften und Kuͤnſte, und vorzuͤglich
durch eine allgemeine Ausuͤbung aller Arten von oͤffent-
lichen und Privat-Tugenden, uͤber ein Volk zu kommen
pflegen. Eben ſo unnoͤthig wuͤrde es ſeyn, wenn wir
dasjenige, was dem ganzen Europa bekannt iſt, beſchrei-
ben wollten, in was fuͤr elenden Umſtaͤnden ſich naͤmlich
alle Griechiſche Chriſten befinden, ſeitdem ſie durch die
Schwaͤche der Fuͤrſten von Conſtantinopel unter das
Tuͤrkiſche Joch gerathen, und als niedrige Werkzeuge
ihrer Herren, ohne Geſetz, das ſie beſchuͤtzen koͤnnte,
in der Sclaverey ſeufzen, welche, von den Grundſaͤtzen
der Muhamedaniſchen Religion, die entweder bekehret,
oder zerſtoͤhret, eingenommen, ſie ſaͤmmtlich ſchon wuͤr-
den ausgerottet haben, wenn es ihnen ihr Intereſſe
eher, als jetzt, gerathen haͤtte.
Wenn es aber wahr iſt, daß Clima und Generation
die natuͤrliche Beſchaffenheit der Menſchen beſtimmen,
welche Geſetze und gute Erziehung zum Guten unterrich-
ten und anreizen, ſo ſind die jetzigen Griechen von Natur
von denen nicht unterſchieden, welche ohnedem wegen
ihrer Tapferkeit ſo bekannt waren. Das Clima iſt noch
eben ſo, wie in den vergangenen Zeiten, beſchaffen, und
eben der Grundſatz einer gottesdienſtlichen Verfolgung,
welcher die Tuͤrken von allen andern Voͤlkern trennet,
hat beſonders dazu beygetragen, daß die alte Generation
bey den Griechen noch rein geblieben iſt. Es iſt alſo
kein Wunder, daß ſie ſich auch in einem Zeitraum von
318 ſclaviſchen Jahren noch nicht an dem Joche gewoͤh-
nen koͤnnen, und daß ſie in dem Ablauf einer ſo langen
Zeit niemals einige Gelegenheit unverſucht gelaſſen, wo
ſie nur hoffen konnten, nach Zerbrechung ihrer Feſſeln
entweder als ein freyes Volk, oder wenigſtens unter der
gemaͤßigten Regierung eines chriſtlichen Fuͤrſten ruhig
zu leben.
Sollte ſich vielleicht wol jemand wundern, daß bey
den Griechen, unter einer Barbariſchen Regierung, wo
Kenntniſſe entweder unnuͤtz, oder gefaͤhrlich ſind, Kuͤnſte
und Wiſſenſchaften nicht ſonderlich im Flor ſtehen? Er
wundere ſich vielmehr daruͤber, wie es moͤglich ſey, daß
ſich noch ſo viele Griechen, bey einer ſo ungluͤcklichen
Situation, auf den Europaͤiſchen Univerſitaͤten finden,
um den Studien obzuliegen. Er erinnere ſich, daß alle
Kuͤnſte und das Commercium, wovon die Tuͤrken ſelbſt
ſubſiſtiren, in ihren Haͤnden ſind. Und wenn es jeman-
den befremdet, daß bey einem Volke, welches nun ſchon
ſeit drey Jahrhunderten in die Sclaverey gebracht, ver-
ſchiedene Menſchen ſind, welche von den Laſtern der
Knechte angeſteckt worden, den bitten wir, zu bedenken,
daß bey Leuten, welche in aͤhnlichen Umſtaͤnden leben,
alle hervorſtechende Tugend ein Verbrechen ſey; daß,
wenn Aufrichtigkeit und Muth durch eine ſchlechte Ein-
richtung der Regierung, die Menſchen ungluͤcklich machen,
die Enthaltung von allem Betruge, einen ſolchen He-
roiſmus erfordere, welchen man ſchwerlich von allen
hoffen kann; daß endlich eben dieſelbe Faͤhigkeit, welche
ſolche Laſter erfordern, nur einen Geſetzgeber erwarte,
der ſie alsdenn, wenn alle Buͤrger in der Ausuͤbung der
Tugend und in dem oͤffentlichen Wohl, welches daraus
entſtehen wird, ihre eigene Privat-Gluͤckſeligkeit finden
werden, auf die Ausuͤbung tugendhafter Handlungen
wird zu richten wiſſen.
Ob aber bey den Griechen ſolche muthige Tugenden
gaͤnzlich verloſchen, oder vielmehr nur im Herzen unter-
druͤckt ſind, und unter dieſen beſonders dieſe Art von
Edelmuth, durch welche die Menſchen, mit Nachſetzung
alles eigenen Privat-Vortheils, ihr Haab und Gut,
ihre Verwandten, ihre lieben Kinder, ja ſelbſt das Leben,
der Aufrechthaltung der Religion, und dem Wohl des
Vaterlandes aufopfern; dies kann man aus unſern Hand-
lungen, bey einer jeden Unternehmung, welche chriſtliche
Fuͤrſten wider das Ottomanniſche Reich vorgenommen
haben, deutlich genug ſehen. Die Venetianer laſſen
uns fuͤr die Verſpruͤtzung ſo vielen Blutes bey der Er-
oberung von Morea Gerechtigkeit wiederfahren. Die
Beſtaͤndigkeit, welche wir in der langen und beſchwer-
lichen Belagerung von Candia bewieſen, iſt bekannt ge-
nug. Vorzuͤglich aber wird uns das Durchlauchtigſte
Haus Oeſterreich ein ewiges Zeugnis unſers Eifers und
unſers Vertrauens auf deſſen hohen Schutz geben, wenn
es an den Untergang der Einwohner von Coron, die ſich
aus Liebe zu Carl dem Fuͤnften, und fuͤr die Unterneh-
mung von Doria aufopferten, und beſonders an die
traurige Scene von Niſſa denken wird, wobey zuletzt
im Jahre 1737 die Raſcianiſchen Griechen nicht ſowol
ihrem eigenen, als vielmehr dem gemeinſchaftlichen Ver-
langen, die Fahne Chriſti von neuem in dieſen Gebieten
durch dieſes Durchlauchtigſte Haus aufgeſtellet zu ſehen,
mit ihrem voͤlligen Untergang ein Genuͤge thaten. Allein,
der Belgradiſche Friede machte alle unſere ſchoͤnen Hoff-
nungen mit einmal verſchwinden.
Nicht aus Prahlſucht erinnern wir, was wir geweſen,
was wir ſind, und was wir werden koͤnnen; nur des-
wegen thun wir es, damit uns die Chriſten, unſere Bruͤ-
der, nicht dem ungluͤcklichen Schickſale, welches uns be-
vorſtehet, ohne Mitleiden uͤberlaſſen. Kann zu dieſem
Endzweck die Betrachtung, daß bey uns nun ſchon ſeit
300 Jahren die Macht der heiligen chriſtlichen Religion
mehr als der Schmerz einer abſcheulichen Sclaverey
vermocht hat, und noch immer vermag, uns dienlich
ſeyn; ſo wollen wir auch dieſe Betrachtung nicht vorbey
laſſen. Wir wiſſen, daß die Ausuͤbung der eigenen Pflicht,
und beſonders einer ſo heiligen Pflicht fuͤr den Menſchen
ein gerechter Bewegungsgrund zum Troſte, nicht aber
zur Prahlerey ſey. Wenn aber die Ausuͤbung einer
Pflicht bey dem, der ſie erfuͤllet, einen uͤberaus großen
Zwang, die ſtaͤrkſten Leidenſchaften, welche uns die
menſchliche Natur einfloͤßet, zu uͤberwinden, vorausſetzet;
ſo verdienet ſie doch von andern einigermaßen in Be-
trachtung gezogen zu werden. Man denke, daß ſo viele
Millionen Griechen, welche ſeit 300 Jahren im Elende
und in Feſſeln leben, durch ihr bloßes Wollen, Mitge-
ſellſchafter ihrer Tyrannen werden, und an der herr-
ſchaftlichen Fuͤhrung der Waffen, ſo wie an allen Vor-
theilen der Regierung Antheil haben koͤnnen. Die Be-
dingung erfuͤllt einen Chriſten mit Entſetzen. Man muß
der Religion entſagen, und ſich zu Muhameds Geſetz
bekennen. Gott aber unterſtuͤtze aufs kuͤnftige unſerer
aller menſchliche Schwachheit, wie er in den abgewi-
chenen Jahrhunderten die mehreſten regieret hat.
Es wird nicht lange mehr dauern, ſo werden wir
nicht mehr zwiſchen Abfall von der Religion und Scla-
verey, ſondern zwiſchen Abfall und gaͤnzliche Vertilgung
waͤhlen koͤnnen. Dieſe Vertilgung wird gewiß mit
aller ſchrecklichen Begleitung von Martern verbunden
ſeyn, ſo wie dieſe Barbaren auf ihren Gerichtsplaͤtzen
ſie auszuuͤben pflegen. (Die Fortſetzung folgt.)
Neapolis, den 29 Junii.
Neulich wurde hier eine Frau aus San Germano
ins Gefaͤngniß gebracht, weil ſie auf Anreizen ihres
zweeten Mannes, mit dem ſie verſchiedene Kinder ge-
habt, ihren Sohn aus der erſten Ehe, der viel Geld von
ſeinem verſtorbenen Vater geerbet, in ſeinem zwoͤlften
Jahre hatte caſtriren laſſen.
Livorno, den 4 Julii.
Vor einigen Tagen kamen 2 Rußiſche Fregatten aus
Paros hier an, davon die eine nach Mahon abgegangen.
Seit der Zeit hat ſich das Geruͤcht ausgebreitet, daß
das ganze Tuneſiſche Geſchwader, welches den Tuͤrken
zu Huͤlfe geſchickt worden, von den Ruſſen aufgefangen
ſey.
Der hieſige Arzt, Herr Campani, macht ſich fertig, nach
Jaros abzugehen. Er iſt von dem Grafen von Orlow
zum Director des dortigen Hoſpitals ernannt worden.
Venedig, den 5 Julii.
Zu Ende des vergangenen Monats ſegelte ein großes
Kauffahrdenſchiff, gefuͤhrt vom Capitain Nordio, mit
einer Ladung Korn, Reiß, Zwieback ꝛc. auch einer an-
ſehnlichen Summe Geldes aus unſerm Haven, nach der
Inſel Corfu. Auf dieſem Fahrzeuge befanden ſich 100
Perſonen, die zum Dienſte auf den oͤffentlichen in der
Levante befindlichen Galeeren verdammt waren, und
zwar unter der Wache einiger Soldaten und ihrer Auf-
ſeher. Als das Schiff an die Kuͤſten von Iſtrien gekom-
men war, fanden 30 dieſer Ruderknechte Mittel, ſich
durch Feilen und anderes Geraͤthſchaft von ihren Ketten
los zu machen. Sie ſprangen hierauf unterm Verdeck,
wo ſie mit den andern geſchloſſen geweſen waren, hervor,
bemaͤchtigten ſich einiger Beile und anderer Waffen,
und fielen uͤber die kleine Equipage des Schiffes und die
wenigen Soldaten, die zu ihrer Wache beſtim̃t waren her.
Vier Soldaten und ein Aufſeher hatten indeſſen beym
Anfang des Angriffs Zeit, das Schiffsboot zu gewinnen,
und kamen damit in unſerm Haven an, mit der Nach-
richt, daß dieſes Geſindel die ganze Equipage des Schif-
fes ermordet, und ſich deſſelben bemaͤchtiget haͤtte.
Es waͤren, bey der Abfahrt des Bootes, von ihnen
verſchiedene Flintenſchuͤſſe und nachher ein Kanonen-
ſchuß gehoͤret worden.Von den uͤbrigen Umſtaͤnden
koͤnnten ſie keine eigentliche Nachricht geben. Der
Vorfall aber iſt eigentlich ſo beſchaffen geweſen. Die-
jenigen wenigen Soldaten, welche ſich noch vertheidigen
konnten, gaben bey dieſem unerwarteten Angriff Feuer
auf die Aufruͤhrer, und toͤdteten 4 davon; die Ruder-
knechte hingegen, welche ſich einiger Flinten, die aber
abgeſchoſſen waren, bemaͤchtiget hatten, giengen voller
Verzweifelung nach dem Zimmer des Capitains und
der Pulverkammer, um Waffen und Pulver zu haben.
Hier hatte ſich der Capitain mit einer brennenden Lunte
in der Hand eingeſchloſſen. Er rief ihnen laut zu, er
wolle ihrem Verlangen ein Genuͤge leiſten. Wuͤrden ſie
aber fortfahren, Gewalt zu gebrauchen, ſo wuͤrde er
Feuer in die Pulverkammer werfen, und ſie alle mit dem
Schiffe in die Luft ſprengen. Der Entſchluß des Capi-
tains, ſeine wiederholte Verſicherung, es zu dieſem aͤuſ-
ſerſten kommen zu laſſen, die Bitten des frommen Schiffs-
Capellans, der kniend, mit einem Crucifix in der Hand,
und thraͤnenden Augen, die Aufruͤhrer bat, ſich zu be-
ruhigen, brachte ſie dahin, daß ſie capitulirten. Sie
ſagten, daß ſie nichts als ihre Freyheit, Mundproviſion,
Kleider und Geld verlangten. Es wurde ihnen eidlich
verſprochen, ihr Begehren zu erfuͤllen, und man machte
einen Stillſtand; doch behielten beyde Theile die Waffen
in den Haͤnden, und der Capitain ſtand immer fertig,
Feuer in die Pulverkammer zu legen. Nun ward eben
in dieſem Augenblicke von den Aufruͤhrern eine große
Fiſcherbarke entdeckt. Man gab ihr durch einen Ka-
nonenſchuß ein Zeichen, an Bord zu kommen. Sie
kam, und unterdeſſen hatten die Aufruͤhrer, welche ſich
auf dem Verdeck befanden, die Thuͤre zu dem Unterver-
deck verſchloſſen, damit ihre uͤbrigen Compagnons nicht
herauf kommen moͤchten. Sie empfiengen ſodann, zu-
folge der Capitulation, 1550 Zechinen, einige Faͤſſer Wein,
Zwieback, ein Faß Pulver, Flinten und Kleider. Alles
dies ladeten ſie in die Fiſcherbarke, und ſtiegen hierauf
ſelbſt hinein, da ſie denn die Fiſcher weiter fort, wohin
ſie wollten, bringen mußten. Auf dieſe Weiſe wurde
durch den ſtandhaften Muth und Auffuͤhrung des beſag-
ten Capitains das Schiff mit dem groͤßten Theil der
Ladung, mit einer anſehnlichen Summe Geldes und
noch mit einigen Galeeren-Sclaven gerettet. Die
Zahl der Entflohenen belief ſich auf 26. Darunter war
1 Aufſeher, der ihnen Inſtrumente, um ſich von den
Ketten los zu machen, geliefert hatte. Der Capitain iſt
hierauf in unſerm Haven zuruͤckgekommen, und hat ob-
gedachten Vorfall ſelbſt bekannt gemacht.
Aus der Levante haben wir gar keine Nachricht.
Marſeille, den 5 Julii.
Zu Toulon iſt ein Griechiſcher Seeraͤuber, den der
Ritter von Glandeves genommen, angekommen. Er
hatte 12 kleine Kanonen, und 26 Mann Equipage. Die
letztern ſind einem Baſſa auf der Inſel Candia zuruͤck-
gegeben worden, um ſie abzuſtrafen. Herr von Treſſemane
iſt nun auch im Archipelago angelanget.
Capitain Martichon hat auf ſeiner Reiſe von Conſtan-
tinopel den 25ſten May ein Rußiſches Kriegsſchiff, von
66 Kanonen, vor den Dardanellen angetroffen, dem er
ſeine Ausfertigung zeigen muͤſſen. Einige Tage vor-
her hatte dieſes Schiff das Fahrzeug des Capitains
Egries, welches von Alexandrien mit einer Ladung fuͤr
Tuͤrkiſche Rechnung, nach Salonichi gieng, genommen.
Capitain Reinier, der von hier abgegangenen, iſt von den
Ruſſen angehalten, aber auf Befehl des Rußiſchen Ad-
mirals zu Paros wieder frey gelaſſen worden.
Warſchau, den 13 Julii.
Wir erwarten hier den Kronjaͤgermeiſter, Graf Bra-
nicki, von Crakau. In hieſiger Gegend iſt es, nach der
Declaration des Herrn von Saldern, ziemlich ſicher;
aber nach Willemberg zu iſt die Gefahr ſo groß, daß
keine Poſt mehr ungehindert durchkommen kann.
Nachdem der Groß-Feldherr von Litthauen, Graf
Oginsky, wegen der Confoͤderation in Litthauen alles
eingerichtet hat, iſt er fuͤr ſeine Perſon weggegangen;
das Commando aber hat er einem andern uͤbertragen.
Der Bylack und Kornky haben durch ihre Partheyen
die Confoͤderirten ſehr verſtaͤrket; auch ſollen noch auf
Befehl des Pulawsky, 800 Mann unter dem Szys dazu
ſtoßen. Die Ruſſen haben aus Wilna, Kewno und an-
dern beſetzten Staͤdten, alles, was daraus entbehrlich
geweſen, zuſammen gezogen, um daraus ein Corps zu
formiren; zu dieſem kommt noch der Fuͤrſt Labutow mit
800 Mann aus Podlachien, welche alsdenn die Confoͤ-
derirten aufſuchen ſollen.
Hamburg, den 22 Julii.
In der vergangenen Nacht iſt das Waſſer einige Zoll
gefallen. Man hat Hoffnung, daß es noch ferner ab-
nehmen werde, da es am Orte des Bruchs in der Neuen-
Gammer- und des anliegenden Elb-Ufers ebenfalls ge-
fallen iſt. Da die ſtarke Gewalt des abfließenden Waſ-
ſers wieder eine Senkung des Walls an der einen Seite
der Schleuſe vor dem Deichthor veranlaſſet hat, ſo iſt
man jetzo beſchaͤfftiget, durch Verſenkung einiger Fahr-
zeuge, und andere dienliche Mittel, dem etwa zu be-
ſorgenden Durchbruche zuvorzukommen. Wegen dieſer
hohen Waſſerfluth wird die hieſige Schaubuͤhne auf
14 Tage geſchloſſen bleiben, und alle Muſik in oͤffentli-
chen Haͤuſern eingeſtellt werden. Auch ſoll das hieſige
Lotto uͤbermorgen ohne Trompeten- und Paukenſchall
gezogen werden.
Mandat wegen der eindringenden Waſſerfluth.
Ob Wir wol zu der großen Langmuth des Hoͤchſten
das demuͤthigſte Vertrauen haben. Er werde die dieſe
gute Stadt bedrohende Waſſergefahr annoch in Gnaden
abwenden, und die dazu angewandten Mittel geſegnen;
So haben Wir, Buͤrgermeiſter und Rath, dennoch jeder-
maͤnniglich Stadt-vaͤterlich anzeigen wollen, daß Wir,
zu eines jeden Warnung, bey etwa wirklich eintreten-
der Waſſersgefahr fuͤr die Stadt, das Signal durch die
Abfeurung zweyer Kanonen und durch Ruͤhrung der
Trommel geben laſſen wollen, damit die in Kellern und
niedrigen Gegenden Wohnenden ſich und ihre Haabſe-
ligkeiten retten moͤgen. Nachdem dieſe Signale gege-
ben worden, hat ein jeder, deſſen buͤrgerliche Pflicht es
erfordert, ſich an ſeine behoͤrige Staͤnde zu begeben, und
daſelbſt ſeiner Schuldigkeit getreulich nachzukommen;
allen uͤbrigen Buͤrgern und Einwohnern aber und ſonſt
jedermann, welche keine buͤrgerliche Pflichten bey der
Gefahr zu beobachten, oder ſonſt huͤlfreiche Hand
zu leiſten haben, wird befohlen, und werden ſelbige ermah-
net und anerinnert, ſich ſtille in ihren Haͤuſern zu ver-
halten, ſo lieb es ihnen ſeyn wird, ſich nicht ſelbſt den
groͤßten Beſchwerlichkeiten und Gefahren auszuſetzen;
alles herumtreibende Geſindel aber wird ſogleich zur
Haft gezogen werden, und diejenigen, welche, wie Wir
doch dergleichen Frevel nicht vermuthen, ſich auf Rau-
ben, Stehlen, und andern dergleichen Unweſen betreten
ließen, ſollen mit der ſchaͤrfſten willkuͤhrlichen Ahndung,
und, nach Befinden, mit Leib- und Lebensſtrafe ange-
ſehen werden. Wornach ſich ein jeder zu achten hat.
Actum & Decretum in Senatu, publicatumque ſub Signeto,
Hamburgi, d. 19. Julii, 1771.”
Heinrich Friedrich Chriſtoph Enax, der ſeit Michae-
lis vorigen Jahres als Bedienter bey mir engagiret ge-
weſen, iſt in der Nacht vom 14ten auf den 15ten Julius
mit der noch nicht verdienten ganz weißgraͤulichen
Liberey, einem mit einer ſilbernen gebogenen Treſſe be-
ſetzten Hut, mit meinem Reitpferde, Sattel und Zuͤgel,
ſchelmiſcher und diebiſcher Weiſe, ohne die allergeringſte
von mir gegebene Urſache, davon geritten, und hat mir
flugs allerley nicht unbetraͤchtliche ſilberne Meubles,
verſchiedene theils mit Treſſen beſetzte, theils nicht be-
ſetzte Kleidungsſtuͤcke, und ſehr feine von Hollaͤndiſchen
Leinen mit geſtickten ſchoͤnen Manſchetten gemachte
Hemder geſtohlen und mitgenommen. Es ſoll dieſer
Menſch auf ſeiner Flucht gelbe lederne Hoſen, eine rothe
Weſte von Pluͤſch, und den Liberey-Rock, der Rabatten
von gleichem Zeuge hat, ſammt dem Mondirungs-Hut,
auf- und angehabt haben. Er iſt eigentlich aus Naum-
burg an der Saale gebuͤrtig, und hat zu Oltorf, un-
weit Gotha, das Schneiderhandwerk erlernet. Weil
ſeine Eltern im Kriege nach Seehauſen in der Alten-
Mark gezogen, ſo ſagt er nun, aus Seehauſen gebuͤrtig
zu ſeyn. Er iſt ungefaͤhr 24 Jahr alt, von nicht langer
und ſchmaler Statur, gelbſchwaͤrzlichen Geſichts, ſchwarz-
braunen Haaren und Augen, und etwas aufgeworfenen
Lippen. Er ſpricht ziemlich gut Hochdeutſch, aber
ſchlecht Plattdeutſch, und iſt uͤberhaupt munteren We-
ſens. Das weggerittene Pferd iſt eine gelbe Stute
ins 7te Jahr, mit ſchwarzem Schweif und Maͤhne; der
Sattel von feinem gelben Leder und fleißig gearbeitet,
die meßingenen Steigbuͤgel daran aus einem Stuͤck ge-
goſſen ohne Gelenke. Er hat nichts zu mir gebracht,
als einen ſtahlgrau lackenen Rock mit einer ſchwarzen
Weſte, einen blauen Rock und rothe Weſte von Som-
merzeug, und ſchwarzen Hut, mithin ſind alle andere
Sachen, die er nur bey ſich hat, es ſey was es wolle,
geſtohlen. Sollte ſich dieſer Menſch, Heinrich Friedrich
Chriſtoph Enax, irgendwo betreten laſſen, daß er noch
von ſolchen Sachen bey ſich haͤtte, ſo will ich alle Obrig-
keiten geziemend hiedurch erſuchen, gedachten Menſchen
zu arretiren, und alle moͤgliche Sachen ihm ab- und in
ſichere Verwahrſam zu nehmen, und gewogenſt mir par
Guſtrov à Noſſentin en Mecklenbourg davon Nachricht
zu geben, ſo will ich gerne ihn und die Sachen forder-
ſamſt abholen, und die Koſten danknehmigſt erſetzen.
Sollte er aber ſchon ſo weit ſeyn, daß ſeine Abholung
und die Koſten gar beſchwerlich und uͤberwiegend waͤren,
ſo will ich ihn gerne ſeinem Schickſal uͤberlaſſen; nur
aber alle Herrſchaften oͤffentlich fuͤr ihn als einen Boͤſe-
wicht und Erzdieb warnen wollen, um ſo mehr, da ich
nach ſeiner Entweichung gefunden, daß er an verſchie-
denen Schluͤſſeln gefeilet, Naͤgel zu Dietrichen gebogen,
und andere Schluͤſſel entwandt und verſtochen gehabt
hat, wie ich denn ſeinen ganzen Lebenswandel als aͤußerſt
ſchlecht anzeigen muß.
Noſſentin, den 15ten Juli, 1771.
E. W. von Raven.
Demnach die erſte Ziehung der Hochfuͤrſtl Biſchoͤfl.
Luͤbeckiſchen privilegirten Zahlen-Lotterie den 19ten
Julii in der Reſidenzſtadt Eutin, Vormittags nach 10 Uhr,
in Gegenwart der Hochfuͤrſtl. Herren Deputirten, mit
den gewoͤhnlichen Formalitaͤten und der genaueſten Rich-
tigkeit vor einer Menge hoher und niedrigen Zuſchauer
oͤffentlich geſchehen, und dabey folgende Nummern aus
dem Gluͤcksrade gezogen worden:
Erſter Zug | 72. |
Zweyter Zug | 90. |
Dritter Zug | 61. |
Vierter Zug | 19. |
Fuͤnfter Zug | 33. |
Als wird ſolches hiermit bekannt gemacht, damit dieje-
nigen, welche bey dieſer Ziehung gewonnen, ſich zur Aus-
zahlung ihrer Gewinne in dem Comtoir, woſelbſt der
Einſatz geſchehen, melden, und gegen Auslieferung ihrer
Original-Billets ihren Gewinn empfangen koͤnnen. Die
zweyte Ziehung geſchiehet den 9ten Auguſt. Eutin, den
19ten Julii, 1771.
Von General-Directions wegen,
Baron de Bartig General-Directeur.
Da die erſte Ziehung der Hochfuͤrſtl.Biſchoͤfl. Luͤbecki-
ſchen Zahlen-Lotterie den 19ten hujus mit gewoͤhnlicher
Accurateſſe und den dazu gehoͤrigen Formalitaͤten gezo-
gen worden, und die Nummern:
herausgekommen; Als haben die Gewinner gegen Ein-
lieferung ihrer Original-Billets ihre Gewinne gehoͤri-
gen Orts in Empfang zu nehmen, auch ferner die Lieb-
haber dieſes Spiels ihre Einſaͤtze zur zwoten Ziehung
gegen den 6ten Auguſt als den Schlußtag derſelben, zu
bewerkſtelligen. Hamburg, den 22ſten Julii, 1771.
General-Expeditions-Comtoir.
H. A. Dreyer.
Da von meinem General-Lotterie-Comtoir in
Hamburg auf Kayſers Hof die Einnahme-Liſten folgen-
der Zahlen-Lotterien, als: der Ludewigsburger Heute,
den 23ſten Julii, Morgens vor 10 Uhr; der Hildburg-
hauſer und Wetzlarer den 24ſten dieſes; der Preußi-
ſchen den 26ſten; der Strelitzer den 27ſten; und der
Coburger den 29ſten dieſes abgefertiget werden muͤſſen:
So erſuche ich alle Liebhaber dieſer Lotterien, mich bald-
moͤglichſt mit ihren Auftraͤgen zu verſehen.
Mannes.
Da derjenige Both, welcher im Licitations-Termin
auf 300 Eichen, die im Herzogl. Amte Backendorf ver-
kauft werden ſollen, nicht hinreichend iſt: ſo wird den
Kaͤufern hierdurch bekannt gemacht, daß zur anderwei-
tigen oͤffentlichen Verſteigerung derſelben ein neuer Ter-
min auf den 1ſten Auguſt a. c. anberahmet iſt. Dieje-
nigen, welche obige Eichen zu kaufen geſonnen ſind, koͤn-
nen ſelbige, nach geſchehener Meldung bey dem Foͤrſter
Brandes zu Backendorf, in Augenſchein nehmen, und
bey der Licitation gewaͤrtigen, daß ſolche dem Meiſtbie-
tenden, bis auf hoͤchſte Ratification der hohen Herzogl.
Reluitions-Commißion, werden zugeſchlagen werden.
Schwerin, den 16ten Julii, 1771.
P. Velthuſen, Forſt-Secretair.
Es wird hierdurch bekannt gemacht, daß in bevorſte-
hender Braunſchweiger Laurentii-Meſſe in einem Ge-
woͤlbe auf der breiten Straße, unter Herrn Hofrath
Spießen Hauſe, der ſel. Diederich von Bartels Wittwe
aus Luͤbeck nachgelaſſenes ſehr gut ſortirtes Lager von
aͤchten Gold- und Silberwaaren, Sammeten, Seiden-
Velpen und Engliſchen Manſcheſter und Velverets, zum
Einkaufspreiß, gegen baare Bezahlung aufgeraͤumet wer-
den ſoll.