Auszug aus dem Protocoll des Hamburgiſchen Senats
Mittwoch , den 3 Mai.
Conelusum und Commiss. Jhre Wohlweisheiten,
Herren Merck und Spalding, Deputatis Commercii
Folgendes mündlich mitzutheilen:
Nach einem geſtern Morgen hier von Hrn. Mini-
ſter-Reſidenten Pauli in Kopenhagen eingegangenen
und vom 1 Mai datirten Berichte hat der Hambur-
giſche Vice-Conſul Dreyer in Helſingör die Anzeige
gemacht, daß am 30 April Abends der Befehl dorthin
gelangt ſey, alle hannoverſchen, mecklenburgiſchen und
hanſeatiſchen Schiffe anzuhalten, ſo wie, daß in Folge
deſſen auch bereits ein Bremer und zwei Lübecker
Schiffe, die an demſelben Tage angekommen und be-
reits expedirt waren, mit Embargo belegt worden
ſeyen. Von mehreren Seiten wurde zugleich berichtet,
daß die Fregatte Gefion zugleich mit einem kleineren
Fahrzeuge beordert ſey, vor der Elbe und Weſer zu
kreuzen.
Zu gleicher Zeit iſt dem Senat von den hieſigen
interimiſtiſchen K. däniſchen Chargé d’affaires, Hrn.
Weſtenholz, angezeigt worden, daß er ſeine diploma-
tiſchen Beziehungen für abgebrochen halten müſſe.
Jndem E. H. Rath dieſe bedauerlichen Verhältniſſe
zur Kenntniß Deputatorum bringt, erſucht Er dieſel-
ben, das kaufmänniſche Publicum davon in Kenntniß
zu ſetzen.
E. Schlüter, Dr.
Cuxhaven, den 4. Mai, Nachmittags.
(Pr. Telegraph.)
Capt. Friedrichſen von Helgoland, Nachmittags
hier angekommen, berichtet, daß die däniſche Fregatte
Gefion, 46 Kanonen und 480 Mann ſtark, bei Hel-
goland angekommen, zwei Barken, eine Brigg und
einen Schooner angehalten und erklärt habe, alle deut-
ſchen Schiffe aufbringen zu wollen. Es ſollen in
einigen Tagen noch zwei Kriegsſchiffe nachkommen.
Die Blankeneſer Lootsjacht Thetis berichtet, eine dä-
niſche Fregatte ſüdlich von Helgoland geſehen zu ha-
ben, auch daß der Hamburger Schoner Charlotte und
eine Bremer Brigg von der Fregatte angehalten ſeyn
ſollen. Laut Bericht der Caledonia ſind vier Kriegs-
ſchiffe bei Helgoland.
Hamburg, den 4 Mai.
Der Hamburgiſche Miniſter-Reſident Pauli in Ko-
penhagen iſt dem Vernehmen nach inſultirt und hat
ſeine Päſſe erhalten. Er wird in dieſen Tagen hier
eintreffen.
Lübeck, den 3 Mai.
An hieſiger Börſe befindet ſich folgender Anſchlag:
“Am heutigen Tage iſt dem Senate von der K. dä-
niſchen Regierung die officielle Anzeige gemacht, wie
die K. Regierung ſich genöthigt ſehe, alle gegen Preußen
und die norddeutſchen Regierungen ergriffenen Ver-
theidigungsmittel ebenfalls gegen die Hanſeſtädte zur
Anwendung zu bringen. Ferner iſt von dem Conſul
Dreyer dem Miniſter-Reſidenten Pauli zu Kopenha-
gen gemeldet worden, daß am 30 April Abends die
Ordre von dort in Helſingör eingetroffen ſey, alle
hannoverſchen, mecklenburgiſchen und hanſeatiſchen
Schiffe anzuhalten, und daß ein Bremer und zwei
Lübecker Schiffe, die am 1 Mai eingekommen, und
wovon das eine eben ſeine Expedition bekommen und
ſegelfertig geweſen, gleichfalls mit Embargo belegt
ſeyen,
Lübeck, den 2 Mai 1848.” (L. C.)
Roſtock, den 3 Mai.
Folgende Erklärung der K. däniſchen Regierung
iſt, in vier Sprachen abgefaßt, heute hier eingegan-
gen: “Wir Frederik der Siebente von Gottes Gna-
den ꝛc. thun kund hiermit: Daß Wir in Folge der
zwiſchen Uns und Sr. Maj. dem Könige von
Preußen, Sr. Maj. dem Könige von Hannover,
JJ. KK. HH. den Großherzogen von Oldenburg
und Mecklenburg, ſo wie den freien und Hanſeſtädten
Lübeck, Hamburg und Bremen eingetreteten Feindſelig-
keiten, Uns veranlaßt geſehen haben, die Häfen, Küſten-
ſtrecken und Flußmündungen dieſer Staaten, ſo wie die
Hafen in Unſern eigenen Landen, welche von ihnen beſetzt
ſind, in Blockade-Zuſtand zu erklären. Wir haben
Unſern Kriegsſchiffen den Befehl ertheilt, dieſe Maaß-
regel auszuführen, und ſowohl den eigenen als den
Schiffen alliirter, freundſchaftlicher und neutraler
Mächte nicht zu geſtatten, in die gedachten, von Un-
ſeren Kriegsſchiffen blockirten Häfen und Oerter ein-
zulaufen. Dieſes zur Nachricht und Gelebung aller
Beikommenden. Urkundlich unter Unſerem Königl.
Handzeichen und beigedrucktem Jnſiegel. Gegeben in
Unſerer Königl. Reſidenzſtadt Kopenhagen, den 29
April 1848. (L. S.) Frederik R.
(B.-H.)
(Nach Kopenhagener Berichten ſollte die Blockade
von Stettin am 2 d., die von Danzig am 3 d., und
der Elbe- und Weſer-Mündung am 10 d. beginnen.)
Swinemünde, den 2 Mai.
Seit geſtern iſt unſer Hafen dergeſtalt geſperrt, daß
kein Schiff, ſelbſt das Lootſenboot nicht, aus- oder ein-
gehen darf. Die däniſche Fregatte Havfruen hat bereits
10 oder 12 Schiffe aller Flaggen, darunter Engländer und
Amerikaner, angehalten und durch Schüſſe gezwungen,
innerhalb ihres Bereichs Anker zu werfen. Die Fre-
gatte von 28 Kanonen kann von den Küſten-Batte-
rieen aus nicht erreicht werden, uns aber von ihrem
jetzigen Standpunkte aus auch keinen directen Schaden
thun. (B. N.)
Berlin, den 3 Mai.
Dem auswärtigen Miniſterium iſt heute ein Be-
richt des Ober-Präſidenten von Pommern zugekom-
men, folgenden Jnhalts: “So eben (am 2 Mai) geht
mir durch Eſtaffette von dem Landrath des uſedom-
wolliner Kreiſes die Mittheilung zu, daß geſtern
Nachmittag die däniſche Fregatte Havfruen (Meer-
weib) vor der Swinemünder Rhede erſchienen iſt und
ſich etwa ¾ Meilen von dem Eingang des Hafens
vor Anker gelegt hat; die beiden engliſchen Kauffahrtei-
ſchiffe Margareth Skelly, Capitän Tapping, aus
Glasgow, von Bahia mit Zucker, und Exquiſite,
Capitän Naxlor, aus Sunderland mit Steinkohlen,
ſind von der Fregatte mit einem ſcharfen Schuſſe an-
gehalten und haben die Weiſung erhalten, in keinem
preußiſchen Hafen einzulaufen, wie dieſes von den
beiden ans Land gekommenen Capitänen berichtet iſt.
Die Fregatte ſowohl, wie die beiden engliſchen Schiffe,
liegen auf der Rhede vor Anker. Geſtern Abend
9½ Uhr iſt in Swinemünde noch die jedoch unver-
bürgte Nachricht eingelaufen, daß von der däniſchen
Fregatte vier Böte abgeſetzt ſeyen.” Die für den Hafen
von Swinemünde und deſſen Umgegend getroffenen
Vertheidigungs-Maaßregeln ſind vollkommen hinrei-
chend, um einen etwanigen Verſuch der Dänen zur
Landung, für welche jedoch bis jetzt keine Wahrſchein-
lichkeit vorhanden iſt, auf das Kräftigſte abzuwehren.
Zugleich gehen von anderen Seiten ſichere Nach-
richten ein, daß Dänemark ſeine Maaßregeln gegen
die preußiſche Handels-Marine nun auch ſactiſch gegen
die geſammte deutſche Marine ausgedehnt hat durch
Aufbringung mehrerer hanſeatiſcher und anderer
Schiffe. Das Hauptquartier des preußiſch-deutſchen
Armee-Corps befindet ſich, aller Wahrſcheinlichkeit
nach, heute in Kolding innerhalb Jütland, und die
Avantgarde muß bis gegen die kleine Feſtung Frie-
dericia vorgeſchoben ſeyn. Die Truppen haben eine
ſolche Stellung, daß ſie die Verbindungen von Fünen
mit dem feſten Lande beherrſchen. Die Bundes-
truppen werden auf däniſchem Gebiet die Sicherung
der deutſchen und preußiſchen Handels-Jntereſſen er-
zwingen.” (Pr. St.-Anz.)
Schleswig-Holſt. Angelegenheiten.
Rendsburg, den 3 Mai.
Das Hauptquartier des General Wrangel war am
2 d. in Chriſtiansfelde und das des Prinzen Friedrich
in Faveraagaard. Zufolge der ausgegebenen Dispoſi-
tion ſollten die ſchleswig-holſteiniſchen Truppen ſich
heute Morgen 5½ Uhr in Oeddis zuſammenziehen
und dort die Gränze überſchreiten. Der Marſch iſt
auf Veile gerichtet, wahrſcheinlich wird indeſſen das
ſchleswig-holſteiniſche Hauptquartier eine Meile vor
dieſer Stadt bleiben. Die vom General Bonin com-
mandirte Brigade ſollte an demſelben Tage über Kol-
ding in Jütland einrücken, die vom General Möllen-
dorff commandirte Brigade ſollte für die ſchleswig-
holſteiniſchen Truppen und der Brigade des General
Bonin als Rückhalt dienen. Das Detacheme u n t des
Majors Zaſtrow und die Freicorps ziehen ſich, da
von Ripen der Feind abgezogen iſt, durch Nord-
Schleswig auf die Hauptarmee nach Jütland. So
ſind denn die Zweifel gelöſ’t, ob man die Königsau
überſchreiten werde. Die Laſt des Krieges fällt jetzt
ſchwerer auf Dänemark und es wird ſich zeigen, ob
es endlich zur Einſicht ſeiner Lage kommen wird.
Seit der Zeit Carl Guſtav’s, ſeit 189 Jahren, hat
Jütland keinen Feind geſehen.
Folgende Proclamation iſt in däniſcher Sprache an
die Jüten erlaſſen: “An die Bewohner von Jütland!
Ein ſiegreiches deutſches Heer wird morgen die
Gränzen Eures Landes überſchreiten; nicht in feind-
licher Abſicht kommt es zu Euch, deshalb rufe ich
Euch zu: Bleibt in Euren friedlichen Wohnungen,
flieht nicht mit Weib und Kind von dem Euch ſo
theuren Heerd. Jch, der Höchſtcommandirende der
Armee, bürge Euch dafür, daß Eure Perſon uns heilig
ſeyn wird und daß Euer Eigenthum und Eure Na-
tionalfarben gegen jede willkührliche Behandlung ge-
ſchützt werden ſollen, ſo lange das Heer innerhalb
Eurer Landesgränzen ſteht; aber ich kann es Euch
nicht erlaſſen, die Bedürfniſſe des Heeres aufzubrin-
gen, und dazu bedarf ich in Eurem eigenen Jntereſſe
der Mitwirkung Eurer geſetzlichen Obrigkeit. Deshalb
werden hiedurch alle K. däniſchen Civil-Obrigkeiten
ernſtlich aufgefordert, auf ihren Poſten zu bleiben und
in der Erfüllung ihrer Pflichten und Verbindlichkeiten
fortzufahren. Gleichfalls fordere ich die Geiſtlichkeit
auf in ihren Kirchſpielen zu bleiben und ihren ganzen
Einfluß zur Beruhigung ihrer Gemeinden anzuwen-
den. Sollten die K. däniſchen Obrigkeiten dieſer Vor-
ſicht nicht nachkommen, ſo ſind die ſchlimmſten Folgen
für Euch unvermeidlich, weil dann meine Truppen
gezwungen werden, ſich ſelbſt einzuquartiren und alle
zu ihrem Unterhalt nöthigen Mittel nach eigenem
Ermeſſen zu nehmen, wobei bei dem beſten Willen
willkührlichem und ordnungswidrigem Handeln nicht
immer Schranken geſetzt werden können. Aber alles
Unglück, was daraus folgen kann, würde ausſchließ-
lich Eurer Obrigkeit zugeſchrieben werden, die Euch
verläßt im Augenblick der Bedrängniß. Jütländer!
Nehmt meine Truppen gaſtfrei auf; Jhr ſowohl als
Eure Weiber und Kinder werden dann eben ſo ſicher
mitten zwiſchen den edlen deutſchen Kriegern ſeyn,
welche ich anzuführen das Glück habe, als unter
Euren eigenen Brüdern. Hauptquartier Chriſtians-
feld, den 1 Mai 1848. Der Ober-Befehlshaber der
Armee: v. Wrangel, K. preußiſcher General der Ca-
vallerie.” (R. T.)
Rendsburg, den 3 Mai.
Geſtern Morgen haben die preußiſchen Truppen,
wie vorher beſtimmt worden, Chriſtiansfeld verlaſſen
und ſind, ohne auf Feinde zu ſtoßen, bis über Kol-
ding hinaus gezogen. Das Hauptquartier des Gene-
ral Wrangel war den Abend des 2 d. in Gusby,
zwiſchen Kolding und Friedericia, wo wahrſcheinlich
General Bonin ſchon denſelben Abend eingezogen ſeyn
wird, da es bereits vorgeſtern (am 1 d.) von den
däniſchen Truppen verlaſſen worden iſt. Der Einzug
des Generalſtabes in Friedericia war auf heute be-
ſtimmt, während der Prinz v. Auguſtenburg, der mit
ſeinem Corps von Ripen ſich wieder nach Oſten ge-
wandt hat, gleichzeitig Veile beſetzen wird. Geſtern
Abend iſt der ruſſiſche Legationsrath Evers, wie es
heißt, mit ruſſiſch-engliſchen Aufträgen, im Hauptquar-
tier angelangt, von Apenrade kommend, wohin ihn
ein däniſches Dampfſchiff gebracht hatte. Ein ihn
begleitender däniſcher Parlamentär ward nicht durch-
gelaſſen. Nach Beſetzung von Veile und Friedericia
wird General Wrangel wahrſcheinlich ſein Hauptquar-
tier in Kolding nehmen und ſeine Vorpoſten höchſtens
bis Horſens vorſchieben. Die Aufnahme bei den
Jüten wird gelobt. Die Auflöſung der Freicorps
ſoll ſiſtirt ſeyn. (S.-H. Z.)
† Schleswig, den 2 Mai.
Das ſchleswigſche Obergericht hat geſtern ein Cir-
cular erlaſſen, wodurch in Veranlaſſung der Kriegs-
unruhen, welche in dem größten Theile des Herzog-
thums Schleswig ſtattgefunden haben, ſämmtliche in
den Katalog der Rechtsſachen für das Oſter-Quartal
d. J. zur Verhandlung angeſetzten Rechtsſachen von
Gerichtswegen bis zum nächſten Quartal ausgeſetzt
ſind. Es iſt dies ſehr zweckmäßig, denn viele An-
wälde ſind anderweitig beſchäftigt, weil die Rechts-
ſtreitigkeiten in unſerer Stadt ſeit faſt 6 Wochen ganz
ruhen. Dieſe Erwerbloſigkeit theilen indeſſen andere
Klaſſen mit ihnen. Doch wer opfert nicht gerne Alles
und beſchränkt ſich immer und mehr und mehr, wenn
wir nur endlich unſere ſtaatliche Selbſtſtändigkeit er-
ringen, der mehrhundertjährige Streit durch Schles-
wigs Aufnahme in den werdenden deutſchen Bundes-
ſtaat aufhören, Schleswig-Holſtein als deutſcher Staat,
als eine reife, ſchöne Frucht der Freiheit von Dänne-
mark gelöſet werden wird. Wird unſer Landesherr
nun erſt frei, ſo wird derſelbe die Nothwendigkeit er-
kennen, dem Rechte und der deutſchen Zeitentwickelung
zu genügen; das däniſche Miniſterium ſcheint aber
erſt dadurch belehrt werden zu können, daß Preußen
und wir Jütland beſetzen. Und doch wie thöricht!
Wie ſchwer muß das däniſche Volk die ungerechte
Handlungsweiſe ſeiner derzeitigen Staatsdiener büßen.
* Aus dem 6ten holſteiniſchen Wahldiſtrict,
vom 4 Mai.
Jm 6ten Wahldiſtrict iſt Profeſſor Dahlmann in
Bonn zum Abgeordneten der deutſchen National-
Verſammlung in Frankfurt faſt einſtimmig gewählt
worden. Ganz ſichere Kunde über das genaue Er-
gebniß der Wahl iſt uns bis jetzt nur geworden:
1) aus dem Amte Tremsbüttel, den Gütern Jeesbeck,
Borſtel und Mülksfelde, wo von 692 abgegebenen
Stimmen 661 auf Dahlmann, 15 auf Clauſſen, 15
auf Olshauſen und 1 auf Nickels gefallen ſind; 2) aus
Neumünſter, wo Dahlmann einſtimmig gewählt wor-
den iſt Darnach iſt die Angabe des Alt. Merc., daß Samwer daſelbſt
erwählt ſei, zu berichtigen. A. d. N.; 3) aus dem 4ten Wahlbezirke, zu welchem
die Güter Ahrensburg, Siek, Tangſtedt, Heisbüttel,
Wandsbeck und Wellingsbüttel gehören; hier ſind
742 Stimmen abgegeben worden, und von dieſen ha-
ben ſich 717 für Dahlmann, 25 aus dem Gute Tang-
ſtedt für Clauſſen in Kiel ausgeſprochen; und 4) aus
dem Amte Trittau, von welchem 408 Wähler in Ah-
rensburg erſchienen waren, unter denen 308 ihre
Stimmen Dahlmann gaben, 27 dagegen den Local-
beamten Juſtizrath Wiedemann wählten. Bei einer
ſolchen Einſtimmigkeit für den trefflichen Dahlmann
wird derſelbe ſicher keinen Anſtand nehmen, ſich für
den 6ten Wahldiſtrict, der mit großer Liebe und Ent-
ſchiedenheit ſich für ihn, den ausgezeichneten Lehrer
der Geſchichte und Staatswiſſenſchaft, und den rüſti-
gen, muthigen Vertheidiger für Schleswig-Holſteins
Unabhängigkeit, erklärt hat, zu entſcheiden.
Jn unſerem geſtrigen Schreiben muß es am Schluſſe
heißen: Von den 6–800 vom Amte Tremsbüttel
abgegebenen Stimmen ſind faſt ſämmtliche auf Dahl-
mann gefallen.
Altona, den 4 März.
Geſtern kehrte der Abgeordnete aus unſerm Diſtrict
an Dahlmann, Juſtizrath Klenze, von Celle wieder
hierher mit der Nachricht zurück, daß Dahlmann be-
reits für Celle die Wahl zur National-Verſammlung
angenommen habe. (S. unſ. geſtr. Bl. unter Celle.)
Die 65 dortigen Wahlmänner hatten nämlich beſchloſſen,
Dahlmann zu wählen und ihm dieſen Entſchluß mit
der Anfrage angezeigt, ob er die Wahl annehmen
werde. Dahlmann ertheilte hierauf eine unbedingt
zuſichernde Antwort, in Folge welcher ſogleich die
Wahlmänner ihn einſtimmig zum Vertreter wählten.
Dies geſchah bereits am 29 April. Juſtizrath Klenze
verſah ſich mit officiellen Abſchriften der betreffenden
Schreiben und gab daher ſeine jetzt vergebliche Reiſe
nach Frankfurt auf, und es wird nun wohl in meh-
reren Diſtricten n u nſeres Landes ein neuer Wahlter-
min angeordnet werden müſſen. (A. M.)
[ ](/nn_hamburgischer04_1848/ar014)* Denkſchrift der proviſoriſchen Regierung,
gerichtet an Lord Palmerſton.
(Schluß.)
Das war die Lage der Dinge, als die revolutionäre
Bewegung Frankreichs ſich anderen Nationen mit-
theilte und auch unſer Land deren Einfluß zu fühlen
begann. Andere Nationen erhoben ſich, um ihre Un-
abhängigkeit und Freiheit aufrecht zu erhalten. Kann
man ſich wundern, daß wir die uns zugefügten Krän-
kungen tiefer, das uns geſchehene Unrecht ſchwerer
fühlten, und daß auch wir nach nationaler und poli-
tiſcher Freiheit ſtrebten? Kann man ſich wundern,
daß wir als unſer Eigenthum zu erlangen wünſch-
ten, was ſo ungerecht uns vorenthalten wurde?
Die Bewohner der Herzogthümer blieben noch un-
berührt durch die unruhige Bewegung, welche ſich in
jenen Tagen über Europa ausbreitete. Sie begnüg-
ten ſich damit, in Bittſchriften ihr Recht zu fordern.
Während die Herzogthümer noch die Hoffnung
hegten, daß ihre gerechten Bitten nicht ungehört blei-
ben würden, erhob ſich ein ſtürmiſcher Ruf inmitten
des däniſchen Volkes, ein Ruf, der früher wohl ge-
hört war, aber für den die Dänen niemals gewagt,
ſich laut zu erklären. Schleswig ſollte von Holſtein
losgeriſſen und in Dänemark einverleibt und beide
Länder ſollten weſentlich durch eine gemeinſame Ver-
faſſung vereinigt werden. Die geſetzliche Erbfolge
der männlichen Linie ſollte durch das weibliche Erb-
recht der däniſchen Dynaſtie erſetzt werden. Die Rechte
des oldenburgiſchen Hauſes, die des ſchleswig-holſtei-
niſchen Volkes, die der deutſchen Nation wurden
gleichmäßig mißachtet und einem gemeinſamen Unter-
gang geweiht.
Se. Maj. König Friedrich VII und ſeine Räthe
indeſſen, obgleich nicht geneigt, die Rechte der Herzog-
thümer anzuerkennen, haben dennoch eine Zeitlang einem
ſo heftigen und ungerechten Verlangen Widerſtand ge-
leiſtet. Denn nur wenige Wochen vorher hatte Se. Maj.
ſein Wort gegeben, “daß wenigſtens die gegenwärtige
Verbindung der beiden Herzogthümer aufrecht erhal-
ten werden ſolle.” (Offener Brief vom 20 Jan. 1848).
Aber die Fanatiker unter den Dänen wählten den
gegenwärtigen Augenblick europäiſcher Verwickelun-
gen, eine Verweigerung der gerechten Forderungen
von Schleswig-Holſtein, und die Ergreifung von ge-
waltſamen Maaßregeln gegen das Herzogthum Schles-
wig herauszupreſſen. Durch eine Verſammlung der
Volksmaſſe vor dem K. Schloſſe, durch gefährliche
Stimmen von mangelndem Vertrauen und durch di-
recte Drohungen zwangen ſie den König, ſein Mini-
ſterium zu entlaſſen und ſich mit Männern zu um-
geben, deren feindlicher und ungerechter Eifer in Be-
treff der Herzogthümer ſich wiederholt kundgegeben.
Es ſcheint kaum angemeſſen, die Gerüchte der Bege-
benheiten jener Tage zu erzählen, es genüge, zu ſa-
gen, daß der Herzog unſers Landes keinen freien
Willen mehr hatte; daß er dahin gebracht wurde,
ſeine neuerlichen Verheißungen zu brechen, Maaßre-
geln zu verkünden, denen er ſich widerſetzt hatte, und
welche nur als ein offener Bruch unſerer alten Ver-
träge und als ein Aufgeben der Anſprüche, die allein
ſein Recht auf die Herzogthümer begründen, angeſehen
werden können. Die ſogleich darauf erfolgende und
freiwillige Auflöſung aller deutſchen Verwaltungsbe-
hörden, welche den König umgaben, folgten unmittel-
bar auf jene Maaßregeln.
Die Herzogthümer waren nun zur Selbſtvertheidi-
gung gezwungen, ihre ganze Exiſtenz war bedroht.
Die Unabhängigkeit Schleswigs war vernichtet, die
Rechte der deutſchen Lande des Königs waren den
revolutionären Bewegungen der däniſchen Hauptſtadt
geopfert worden. Nur zu natürlich war es, daß die
Herzogthümer ſolchen Vorgängen widerſtreben, und
entſchloſſen ſeyn würden, Leben und Eigenthum an
die Vertheidigung ihrer Rechte zu ſetzen. Aber ſie
wünſchten auch Ordnung und Geſetzmäßigkeit in ihrem
Jnnern aufrecht zu erhalten, und da ſie die Macht
des Landesherrn durch eine fremde, ungeſetzmäßige
und revolutionäre Partei gelähmt und beherrſcht ſa-
hen, ſo wurden die Mitglieder der proviſoriſchen Re-
gierung von ihren Mitbürgern aufgefordert, die Ver-
waltung der öffentlichen Angelegenheiten, die Verthei-
digung des Landes und die Vorſorge für deſſen Jn-
tereſſen zu übernehmen; ihre Macht aber in die Hände
ihres Souveräns niederzulegen, ſobald der König un-
ter ſeinen deutſchen Unterthanen erſchien, frei und nicht
gebunden durch fremden Einfluß. Aber ſie entſchloſſen
ſich auch, daß ihre Rechte, ihnen ſo lange vorenthal-
ten und ſo ſchwer verletzt, von jetzt an auf ſo breiter
und unverkennbarer Grundlage beruhen ſollten, daß
ein etwaniger künftiger Angriff auf ſie gleich lächer-
lich wie ungehörig erſcheinen ſollte.
Der Landtag beider Herzogthümer hat die provi-
ſoriſche Regierung in ihrem Amte beſtätigt, und iſt
letztere der Meinung, daß es keiner weiteren Recht-
fertigung für die Schritte bedarf, die ſie gezwungen
wurde, zu unternehmen, um das Land vor fremder
Gewalt und Anarchie zu retten. Aber ſie iſt auch
überzeugt, daß ſie nicht dahin kommen kann, Ord-
nung und Unabhängigkeit herzuſtellen, wenn ſie nicht
unterſtützt wird durch die europäiſchen Mächte, und
namentlich durch die Regierung J. Maj. der Königin
von Großbritannien.
Nichts kann mehr dazu beitragen, zur Herſtellung
der Garantieen eines dauernden Friedens beizutra-
gen, als die endliche Löſung der ſchleswig-holſteiniſchen
Frage, und dieſe kann nicht erreicht werden, wenn
nicht die Unabhängigkeit Schleswigs gegen alle fer-
nere Angriffe feſtgeſtellt worden. Ein deutſcher Bun-
desſtaat kann in Zukunft nicht als verfaſſungsmäßig
mit einem fremden Reiche vereint betrachtet werden.
Nur eine ſo feſte und vollſtändige Trennung, wie ſie
früher ſchon zwiſchen England und Hannover exiſtirte,
wird den unheilvollſten Verwirrungen vorbeugen. Denn
würde Schleswig in eine Verbindung mit Dänemark
hineingezogen werden, ſo wäre damit das Signal zu
endloſen Streitigkeiten gegeben. Die Bevölkerung
Schleswigs, getragen durch die Sympathieen der
großen deutſchen Nation, würde immer und immer
dahin ſtreben, ſich von einem fremden Joche zu be-
freien. Sie würde nicht ruhen, bis ſie erlangt, was
ſie jetzt fordert, und möchten immerhin die Dänen im
Beſitze ſeyn, ſie würden ſicher ihres Beſitzes ſich nicht
freuen können.
Eine unabhängige Organiſation der beiden Her-
zogthümer und ihre Einverleibung in das übrige
Deutſchland ſind die einzigen Mittel, um die dro-
hende Gefahr abzuwenden. Das Gleichgewicht in
Europa würde durch eine ſolche Einrichtung nicht
leiden, denn das Volk von Schleswig-Holſtein hat
Nichts gegen einen gemeinſamen Herrſcher mit Dä-
nemark. Die Herzogthümer hatten nicht hinlängliche
Macht und Einfluß, um eine ſolche Einrichtung mög-
lich zu machen, aber das däniſche Volk und deſſen
Königshaus hätten Maaßregeln treffen können, um
die genannte “Perſonal-Union” herbeizuführen. Sie
können es noch jetzt thun.
Aber welches auch die Lage der Herzogthümer in
Bezug auf Dänemark ſeyn wird, Eins iſt gewiß: daß
ſie von der größten Wichtigkeit für den Handel und
den internationalen Verkehr von Europa ſind und
daß ihre Regierung kein anderes Beſtreben haben darf,
als das, was ihre geographiſche Lage bietet. Die Re-
gierung von Schleswig-Holſtein muß nicht bewogen
werden durch politiſche Vorurtheile, wie ſie dem dä-
niſchen Staate eigenthümlich ſind und wie ſie wiederholt
einen verderblichen Friedensbruch hervorgerufen haben.
Der einzige Zweck, den die Herzogthümer je vor
Augen haben können, iſt die Vermehrung und Er-
leichterung der merkantiliſchen Verbindungen und Be-
ziehungen mit Großbrittannien. Jhr eigenes Wohl
und Gedeihen ſind daran geknüpft. Die Producte
Schleswig-Holſteins ſind ſtets auf engliſche Märkte
gegangen, während engliſche Manufacturwaaren, die
Schätze der transatlantiſchen Beſitzungen und engliſche
Kohlen einen leichten und vortheilhaften Abſatz in
unſerem Lande finden. Die wichtige kaufmänniſche
Verbindung Hamburgs mit dem vereinigten König-
reiche hat hauptſächlich ihre Urſache in der Nachbar-
ſchaft und Ver d b indung dieſer Stadt mit unſerem
Lande, deſſen Häfen mit denen ſeines großen Nach-
bars wetteifern, um den Austauſch der Producte bei-
der Länder auszudehnen und zu erleichtern. Die Un-
abhängigkeit und Sicherheit unſeres Landes können
nicht verfehlen, dieſe Jntereſſen zu erhöhen, und eine
Vergrößerung der kaufmänniſchen Dampfflotte und
gegenſeitige Veränderungen in den Schifffahrts- und
Zollgeſetzen müſſen die Wirkung haben, deren wohl-
thätigen Einfluß zu ſichern und auszudehnen.
Eine künftige engere Verbindung der beiden Herzog-
thümer mit Deutſchland wird in dieſem Falle die
Bande der Einheit und Freundſchaft zwiſchen Eng-
land und der größten Continental-Nation verſtärken.
Denn obgleich die Provinzen im Jnnern — wenn
einzeln — es für ihr Jntereſſe halten möchten, ſich
von den großen Märkten der Welt abzuſchließen und
ihre heimiſche Jnduſtrie zu begünſtigen, ſo werden ſie
doch den Forderungen der Länder an der Nord- und
Oſtſee nachgeben müſſen, deren ganzes Daſeyn an
ihren Seehandel geknüpft iſt.
Die proviſoriſche Regierung der Herzogthümer
Schleswig-Holſtein denkt, daß dieſe Jntereſſen genü-
gen werden, um ihr die Sympathieen der engliſchen
Nation und der engliſchen Regierung zu ſichern. Sie
iſt überzeugt, daß unter den gegenwärtigen Verhält-
niſſen nur eine Einigung zwiſchen England und
Deutſchland die Jntereſſen des Friedens ſchützen und
fordern kann. Die proviſoriſche Regierung weiß auch,
daß Großbrittannien ſtets dem Schwachen beigeſtan-
den und daß deſſen Grundſätze einem Syſteme der
Ungerechtigkeit und der Tyrannei widerſtreiten. Sie
glaubt zuverſichtlich, daß die engliſche Regierung einer
ſo offenbaren Ungerechtigkeit, wie ſie von den Dä-
nen beabſichtigt wird, keine offene oder ſtillſchwei-
gende Billigung angedeihen laſſen werde. Sie hofft,
daß die engliſche Regierung fortfahren werde, unſer
Land mit der früheren Freundſchaft zu behandeln,
jetzt, da es durch Umſtände gezwungen iſt, ſein Recht
gegen die Heftigkeit einer feindſeligen Partei zu ver-
theidigen.
Unſere Gegner ſind in dieſem Augenblicke im Be-
griff, ihre feindlichen Maaßregeln auszuführen, und
haben ſie in offenem Bruche aller Geſetze und aller
Gerechtigkeit, einige Städte und Diſtricte Schleswigs
in Beſitz genommen. Dieſe Handlung iſt eine offene
Feindſeligkeit gegen ein deutſches Land und ganz
Deutſchland ſelbſt. Das Herzogthum Holſtein, als
Theil deſſelben, hat ein Recht auf Unterſtützung,
nicht allein in ſeiner beſonderen Exiſtenz, ſondern
auch in ſeiner Verbindung mit Schleswig. Die be-
nachbarten deutſchen Staaten haben bereitwillig ihren
Beiſtand zugeſagt. Es bleibt noch abzuwarten,
ob die Regierung Sr. Maj. des Königs von Däne-
mark durch dieſe Schritte dahin gebracht werden wird,
die Ungerechtigkeit und die gefährliche Natur ihres
Verfahrens in Betracht zu nehmen, und ob ſie ſich
vermögen laſſen wird, dem Herzoge dieſer Lande die
Freiheit zu geben, deren er bedarf, um die Rechte der
Herzogthümer anzuerkennen und zu gewährleiſten.
Aber ſollten unſere Erwartungen in dieſer Hin-
ſicht getäuſcht werden, ſollte der Krieg zwiſchen den
Herzogthümern und Dänemark entſcheiden müſſen,
dann, ſind wir überzeugt, wird die Regierung J. M.
der Königin von Großbrittannien die Sache der deut-
ſchen Herzogthümer unterſtützen und fördern und wird
ſie nicht dulden, daß die kaufmänniſche Verbindung
zwiſchen beiden Ländern unterbrochen werde.
Rendsburg, den 6 April 1848.
Die proviſoriſche Regierung.
Beſeler. Prinz von Schleswig-Holſtein.
Reventlow-Preetz. Schmidt. Bremer.
Olshauſen.
Dankſagungen.
Hamburgs und Altonas edeln Einwohnern finde
ich mich gedrungen, wenngleich nicht als Vertreter
des Landes, ſo doch als Vorſtand des Departements,
dem der Edelmuth von Hamburgs und Altonas Ein-
wohnern zunächſt bekannt iſt — vorläufig den wärm-
ſten und aufrichtigſten Dank zu ſagen für die vielen,
vielen Sendungen, mit denen Sie uns ſo treulich
unterſtützten. Es iſt in den letzten Wochen kein Bahn-
zug angekommen, der nicht Spenden aller Art in ſo
reichlichem Maaße brachte, daß zum Empfange und
zur Vertheilung ein eigenes Comptoir hat errichtet
werden müſſen. Könnten die edlen Geber einmal
durch die Lazarethe wandeln, und ſehen, wie deutſche
Krieger jeglichen Ranges, die ihr Blut, zum Theil
ihre Geſundheit auf Lebenszeit, im Kampf für Deutſch-
lands Recht und Ehre geopfert haben, erquickt wer-
den, wie ſie, oft zu ſchwach, um zu ſprechen, die Hand
ſtreicheln, die ihnen die Labung reicht, — ſie würden
den ſchönſten Lohn in einer Dankbarkeit finden, die
Worte nicht auszudrücken vermögen. Darum: Dank
euch, biedere Männer und edle Frauen! Gott, der
bisher unſerer gerechten Sache ſo ſichtbar ſeinen Bei-
ſtand verlieh, lohne auch euch mit ſeinem ſchönſten
Segen! Kriegsdepartement.
Rendsburg, den 2 Mai
1848. Krohn, General-Major.
Zufolge einer Anzeige des General-Kriegs-Commiſ-
ſariats hieſelbſt ſind, namentlich von Hamburg und
Altona, viele an den Etatsrath Langenbeck gerichtete
Sendungen von Lazarethgegenſtänden aller Art ein-
gegangen.
Den Abſendern dieſer Gegenſtände, deren Namen
und Wohnorte aus den begleitenden Frachtbriefen
nicht deutlich zu erſehen ſind, fühlt die proviſoriſche
Regierung ſich verpflichtet, ihren warmen Dank für
das durch die gedachten Sendungen an den Tag ge-
legte Jntereſſe an der Sache Schleswig-Holſteins
hiedurch auszuſprechen.
Rendsburg, den 2 Mai 1848.
Die proviſoriſche Regierung
der Herzogthümer Schleswig-Holſtein.
Beſeler.F. Reventlou.
Lüders.
Bei der proviſoriſchen Regierung der Herzogthü-
mer Schleswig-Holſtein ſind unter anderen freiwilligen
Beiträgen eingegangen: von der Stadt Gifhorn, im
Königreich Hannover, 120 Zeichen unbekannt, wahrscheinlich Währung "Mark" Preuß.; von den Vorbür-
gern der Unterberger Gemeinde zu Lauenburg 750 Zeichen unbekannt, wahrscheinlich Währung "Reichstaler".
Erſter Zuſammentritt der deutſchen National-
Verſammlung.
(Geſchehen, Frankfurt a. M. den 1 Mai 1848,
Vormittags 11 Uhr im Kaiſerſaal.)
Auf Einladung der zu Frankfurt wohnhaften Ab-
geordneten Dr. Cnyerim, gewählt im ſiebten kurheſſi-
ſchen Wahlbezirk, und Dr. Jucho, gewählt zu Frank-
furt, waren folgende als gewählt bis jetzt bekannte
Abgeordnete zur deutſchen conſtituirenden Verſamm-
lung erſchienen, nämlich: Dr. Schott, von Stuttgart;
Jürgens, von Braunſchweig; Rühl, von Hanau;
Murſchel, von Stuttgart; Cnyerim, von Frankfurt;
Dr. Heckſcher, von Hamburg; Rob. Blum, von
Leipzig; Hehner, von Wiesbaden; Schwarzenberg,
von Kaſſel; Dr. Eiſenmann, von Würzburg; Wip-
permann, von Kaſſel; Roß, von Hamburg; Dr.
Briegleb, von Coburg; G. F. Kolb, von Speyer;
Schepp, von Wiesbaden; Dr. Cucumus, von Mün-
chen; Dr. Hergenhahn, von Wiesbaden; Dr. Jucho,
von Frankfurt a. M. Als Altersvorſtand übernahm
Dr. Schott aus Stuttgart die Leitung der heutigen
Verhandlung, und wählte als Schriftführer Dr. Jucho
aus Frankfurt. Nachdem ſich die Erſchienenen ge-
genſeitig als für vorläufig legitimirt anerkannt hatten,
vereinigten ſich dieſelben über folgende Punkte: 1) Bei
der nach Beſchluß des Fünfziger-Ausſchuſſes nieder-
geſetzten Commiſſion ſich anzumelden; 2) von ihrem
Hierſeyn und dem Beginn des Zuſammentritts der
conſtituirenden National-Verſammlung dem Fünfziger-
Ausſchuß Anzeige zu machen; 3) Donnerstag, den 4 d.,
Vormittags 11 Uhr, im Kaiſerſaale des Römers ſich
wieder zuſammen zu finden, hierzu 4) durch Bekannt-
machung gegenwärtiger Abrede die inzwiſchen in Frank-
furt ſich einfindenden Abgeordneten ebenfalls einzula-
den; endlich 5) die noch nicht eingetroffenen Abgeord-
neten zur ſchleunigen Hierherreiſe aufzufordern.
(Zur
Beurkundung:) Der Altersvorſtand, gez. Dr. Schott.
— Als Schriftführer: Dr. Jucho.
Berlin, den 4 Mai.
Wir erfahren ſo eben aus der erſten Hand, daß die
preußiſche Regierung die Königin Jſabella von Spa-
nien anerkannt hat. Der K. preußiſche Geſandte für
Madrid iſt hieſiger Seits bereits ernannt, und der
gegenwärtig hier anweſende K. ſpaniſche General Don
A. R. Zarco del Valle hat bereits geſtern Sr. M.
dem König ſein Beglaubigungs-Schreiben als Königl-
ſpaniſcher Geſandter am hieſigen Hofe zu überreichen
die Ehre gehabt. (B. N.)
Prag, den 30 April.
An Beſchickung des deutſchen Parlaments iſt nicht
zu denken. Böhmen hält feſt an Oeſterreich, giebt
ſich jetzt ſeine freiſinnige Conſtitution, und wird ſich
weit eher an ſeine ſlaviſchen Brüder, Serben, Slo-
vaken, Mähren u. ſ. w. ſchließen, als an ein ſoge-
nanntes einiges Deutſchland. (!!) (Bresl. Ztg.)
Prag, den 2 Mai.
Geſtern wurde die Ruhe wieder ſehr ernſtlich ge-
ſtört. Der Tumult war beſonders gegen die Juden-
ſtadt gerichtet, die von der Nationalgarde abgeſperrt
wurde. Es wurden mehrere Perſonen verwundet
und einige 30 verhaftet. Die ſtrengſte Unterſuchung
iſt eingeleitet und jede Zuſammenrottirung unterſagt.
Wien, den 28 April.
Böhmen ringt immer entſchiedener nach Selbſtſtän-
digkeit und eine böhmiſch czechiſche Deputation iſt eben
angelangt, um ihre erneuerten Wünſche — als die
des ganzen Landes — darzubringen. Jn ſo fern dies
von einer überwiegenden Majorität geſagt werden
kann, hat es ſeine Richtigkeit, denn die Czechen zählen
faſt 4,000,000, die Deutſchböhmen nur 1,500,000 Köpfe.
Moriz Hartmann, Dr. Groß und ein Gutsbeſitzer
aus Böhmen ſind als Deputirte der deutſchen Partei
von Prag hier angekommen, um dem Miniſter des
Jnnern die wahre Sachlage in Böhmen darzuſtellen,
vor Allem aber darauf zu dringen, daß man die kräf-
tigſten Schritte thue, dem immer furchtbarer werden-
den Separatismus der czechiſchen Partei zeitig einen
Damm entgegen zu ſetzen. — Die gewaltige und raſche
Umwälzung in den gutsherrlichen und bäuerlichen
Verhältniſſen bringt wie begreiflich manche Verwicke-
lung hervor und erregt namentlich unter der Bureau-
kratie große Bedenklichkeiten. So ſind mähriſche Gü-
ter, die beinahe völlig auf dem Servitut der Zehnten
in ihrem Werthanſchlag beruhten, ungemein geſunken,
und man bezweifelt andererſeits, daß die Bauern,
ſelbſt in Oeſterreich und Mähren, die gehörige That-
kraft anwenden werden, um den Verluſt an Geld, der
ihnen durch den Robot-Entgelt zu Theil wird, durch
gehörige Nutz-Anwendung der gewonnenen Zeit zu
erſetzen; vielmehr muß man befürchten, es werde ſich
ihr Hang zum Müſſiggange und zur Trunkſucht hie-
durch nur verſtärken. (K. Z.)
Nach amtlicher Bekanntmachung betrugen die
Staats-Einnahmen im März 10 Mill. 324,571 G.,
darunter 61,498 G. Judenſteuer, 6271 G. von den
Staats-Eiſenbahnen ꝛc. und die Ausgaben 12 Mill.
535,331 G., ſo daß ſich ein Deficit von 2 Mill. 210,760
G. ergiebt. Natürlich iſt dieſes traurige Verhältniß
darin zu ſuchen, daß die lombardiſchen Provinzen jetzt
nicht nur nichts einbringen, ſondern ſehr viel koſten.
Es ward namentlich ausgegeben: für das Militär
5 Mill. 673,826 G., für politiſche Fonds und Anſtalten
1 Mill. 175,002 G. und für die Polizei 190,900 G.
Jn den fünf Monaten vom 1 Nov. 1847 bis Ende
März 1848 wurden 64 Mill. 367,688 G. eingenommen
und 68 Mill. 601,075 G. ausgegeben, ſo daß das De-
ficit im Ganzen nur 4 Mill. 233,387 G. beträgt.
Vom Oberrhein, den 30 April.
Ein officieller Bericht des K. württembergiſchen
Genie-Lieutenants v. Miller giebt die Stärke der
am 27 d. bei Deſſenbach geſchlagenen Bande auf 8- bis
900 Mann an. Hauptmann Lipp hat den feindlichen
Anführer Rheinhart, genannt Schimmelpfennig, ſelbſt
getödtet und erhielt von demſelben zwei Senſenhiebe;
von den Unſerigen iſt Niemand getödtet oder ver-
wundet; von den Freiſchärlern ſind 30 geblieben, viele
verwundet, gegen 400 gefangen, darunter Bornſtedt,
der mit noch 120 nach Bruchſal gebracht iſt. Her-
wegh und ſeine Frau in Männertracht waren vor
Beginn des Kampfes entflohen; er begleitete ſeine Le-
gion, die in 4 Bataillons getheilt war, nur als Com-
mittee-Mitglied. Die Schuſter-Jnſulaner haben ſich
nach dem Elſaß gezogen. Börnſtein (?) mit 30 Mann
ſoll ſich nach Baſel geflüchtet haben und von den eid-
genöſſiſchen Truppen nach Frankreich geleitet worden
ſeyn. Unter den Gefangenen iſt ein Fünftheil Fran-
zoſen, denen man vorgeſpiegelt, es gehe nach Polen.
Viele Freiſchärler ſtreifen noch einzeln im Lande um-
her, zur großen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.
Die Republikaner geben indeſſen ihre Sache noch nicht
verloren und verkünden laut Franzoſenhülfe. Aber
die franzöſiſchen Behörden ſind ſelbſt thätig in der
Mitwirkung zur Unterdrückung des wahnwitzigen Un-
fugs. — Jn Heidelberg liegen Kurheſſen, in Mannheim
Heſſen und Naſſauer. Die Ruhe iſt nicht weiter ge-
ſtört worden. Die Mannheimer Behörden, denen
1000 Mann mit Kanonen zu Gebote ſtanden, haben
ſich ganz kopflos benommen. Die Regierung hat
einen außerordentlichen Commiſſarius, Miniſterialrath
Meier, hingeſandt. Es iſt auch ein Bierwirth, Na-
mens Spieß, verhaftet, der ſich rühmte zwei Naſſauer
getödtet zu haben; desgleichen die Fahnenträgerin der
Senſenmänner. Die Liſte der Compromittirten be-
trägt 60. Auch in Stuttgart iſt ein Candidat der
Theologie und ein anderes Jndividuum verhaftet, das
auf den unglücklichen General v. Gagern geſchoſſen
haben ſoll.
Hildburghauſen, den 30 April.
Der Herzog von Meiningen-Hildburghauſen hat
nach Entbidung des bisherigen, der 12ten Curie ge-
meinſchaftlichen Bundestags-Geſandten von dieſer
Stelle und bis zur definitiven Feſtſtellung der neuen
Bundesverfaſſung in Gemäßheit des Art. 6 der Bun-
desacte einen beſondern Vertreter des Herzogthums
bei der Bundes-Verſammlung in der Perſon des K.
preußiſchen ordentl. Prof. der Rechte Dr. Perthes
von Bonn ernannt. (O.-P.-A.-Z.)
Zeichen nicht darstellbar Hannover, den 1 Mai.
Bekanntlich iſt es die Frage von der abgeſonderten
Vertretung des Adels in der Stände-Verſammlung,
welche in unſerm Lande hauptſächlich Gegenſtand der
Aufregung der letzten Wochen war. Der Sturm
kehrte ſich, wie gegen die Adels-Vorrechte überhaupt,
ſo insbeſondere gegen die Adels-Kammer. Das
Schickſal derſelben iſt bei Gelegenheit der Addreß-
Debatte bekanntlich entſchieden: das Miniſterium hat
die erſte Kammer als Adels-Kammer fallen laſſen,
am Zwei-Kammer-Syſtem aber mit Entſchiedenheit
feſthalten zu wollen erklärt. Die Stände wurden
vertagt, ohne daß die Frage, ob die künftige Vertre-
tung in einer oder zwei Kammern ſtattfinden ſolle,
zur Entſcheidung gekommen wäre. Die ſog. Ver-
faſſungs-Commiſſion, d. i. die aus Mitgliedern beider
Kammern beſtehende Commiſſion, welche während der
Vertagung die Regierungs-Vorlagen wegen der Ver-
faſſungs-Aenderungen zu prüfen und zu begutachten
hat, ſollte über dieſe Frage der Landes-Vertretung
zunächſt ein gutachtliches Votum abgeben, und zwar
auf den Grund einer vom Miniſterio dieſerhalb zu
machenden Vorlage. Dieſe Vorlage, die der genann-
ten Commiſſion jetzt zugegangen iſt, will zwei Kam-
mern, wie das nach den Miniſterial-Erklärungen in
zweiter Kammer auch nicht anders zu erwarten war.
Die zweite Kammer dieſes neuen Syſtems beſteht im
Weſentlichen aus denſelben Beſtandtheilen, wie bisher:
aus den Deputirten der Stadt- und Landgemeinden,
zu deren Wahlen alle wohnberechtigten, männlichen,
volljährigen, ſelbſtſtändigen, nicht wegen entehrender
Verbrechen beſtraften Einwohner in activer wie paſſi-
ver Wahlberechtigung Theil nehmen. — Die Beſtand-
theile der erſten Kammer dagegen ſind ganz neu und
nur die wenigen Standesherren und perſönlich berech-
tigten Mitglieder der bisherigen erſten Kammer (10
bis 12 an der Zahl) beibehalten. Dieſe neue erſte
Kammer ſoll beſtehen: aus 21 Deputirten der größern
Grundeigenthümer, d. h. ſolche, die mindeſtens 100
Morgen in Cultur haben, deren es bekanntlich in
unſerem Lande gerade im Bauernſtande eine Menge
giebt; — ferner aus 10 Deputirten der Gewerbe; —
aus 10 Deputirten der Kirche und Schule (zu wählen
von der evangeliſchen Geiſtlichkeit, von der katholiſchen
Geiſtlichkeit, von der Univerſität Göttingen, von den
Lehrer-Collegien der hohern Schulanſtalten, von den
Volksſchullehrern); — endlich aus 4 Deputirten des
Standes der Rechtsgelehrten ſowohl aus dem Richter-
wie aus dem Advokaten-Stande. — Außerdem befin-
den ſich in jeder Kammer ein ſtändiſcher Commiſſa-
rius für das Schulde u n - und Rechnungsweſen und ei-
nige vom Könige zu ernennende Mitglieder, nämlich
in erſter Kammer 3, in zweiter Kammer 4. Der
Landtag dauert 6 Jahre; von den Mitgliedern der
erſten Kammer ſcheidet je um das dritte Jahr die
Hälfte aus und wird durch neue Wahlen erſetzt. —
Dies ſind im Weſentlichen die Grundzüge und Be-
ſtandtheile der neuen Compoſition der Landes-Ver-
tretung, in der freilich den Forderungen des Tages
gemäß, trotz der Theilung in zwei Kammern, das
Element der Bewegung noch allzuſehr vorherrſcht.
* Hannover, den 3 Mai.
Zum Deputirten nach Frankfurt iſt der vom König
Ernſt Auguſt 1837 quiecirte Geheime Cabinetsrath
Dr. Roſe, welcher ſeinen Wohnſitz ſeitdem in Braun-
ſchweig genommen, von nicht weniger als ſieben Wahl-
bezirken erwählt worden. Leider hat derſelbe wegen
fortdaunernden Unwohlſeyns dieſe Wahl ablehnen
müſſen.
Jm 20ſten Wahlbezirke iſt Altermann Breuſing,
im 21ſten Dr. Buddenberg zur National-Verſamm-
lung gewählt; zu Erſatzmännern Amts-Aſſeſſor We-
dekind und Advocat Detmold.
* Hannover, den 4 Mai.
Die Weſer-Zeitung vom 4 d. (No. 1355) nennt,
wohl einer Angabe der hieſigen Morgen-Zeitung fol-
gend, den Stadtdirector Rumann den miniſtertellen
Candidaten des Miniſteriums für die Wahl der Re-
ſidenzſtadt nebſt Umgegend. Hier weiß Jeder, daß
das Miniſterium keine Candidaten für dieſe Wahl
aufgeſtellt hat, und noch beſtimmter, daß nicht Ru-
mann deſſen Candidat geweſen iſt. Die ganze Nach-
richt iſt eine der vielen Phantaſieen, welche die hieſige
Morgen-Zeitung zuerſt in die Welt zu bringen pflegt.
Eben ſo wenig richtig iſt eine Nachricht, welche die
Weſer-Zeitung vor wenigen Tagen dahin gab, daß
der Landdroſt v. Bülow zu Stade urſprünglich ſtatt
des Amtsaſſeſſors Wyneken zum proviſoriſchen Diri-
genten des Magiſtrats zu Hildesheim beſtimmt ge-
weſen ſey. Wir wiſſen genau, daß gar nicht daran
gedacht iſt, den Landdroſten v. Bülow ſeinem wichti-
gen Wirkungskreiſe zu entziehen.
* Aus dem Bremiſchen, den 2 Mai.
Jn Folge einer aus der Volksverſammlung zu
Oſten hervorgegangenen öffentlichen Aufforderung fand
vorgeſtern zu Bremervörde eine Zuſammenkunft der
Wahlmänner aus hieſiger Provinz zur Vorberathung
über die nach Frankfurt zu wählenden Deputirten
und Erſatzmänner, ſo wie eine allgemeine Volksver-
ſammlung ſtatt.
Nachdem der Conrector Plaß aus Stade zum Prä-
ſidenten beſtimmt worden, beſchloſſen die Wahlmänner
der einzelnen Wahlbezirke in abgeſonderter Berathung
ſich zu beſprechen, deren Reſultat wir übergehen, weil
es für die Wahlmänner nicht bindend iſt, und heute
die wirkliche Wahl in allen Wahlbezirken ſtattfindet,
deren einige wir hoffentlich am Schluſſe noch mit-
theilen können.
Die ſodann eröffnete Volksverſammlung umfaßte
nach Zählung bei Abſtimmungen nur etwa 120 Per-
ſonen ans der ganzen Provinz, wenngleich man ein
Zuſammentreffen von Tauſenden erwartet hatte. Der
Hauptzweck beſtand in einer Berathung darüber, ob
der als allgemein bezeichnete Volkswunſch, daß die
gegenwärtige Stände-Verſammlung nach Berathung
eines proviſoriſchen Wahlgeſetzes ſich auflöſen möge,
durch fernerweite Abſendung von ſog. Condeputirten
oder im Wege der Petition der Regierung und den
Ständen zur Berückſichtigung empfohlen werden ſolle.
Nach einer längeren Debatte über das bisherige Ver-
halten und die Wirkſamkeit der Condeputirten, wobei
einige der Letzteren vergeblich das Feld zu behaupten
ſtrebten, ſprach ſich die Majorität entſchieden gegen
jede fernere Condeputation aus und wollte nur den
Weg der Petition als den allein legalen und geeigne-
ten Weg anerkennen.
Die hiernach von einer ſofort ernannten Siebener-
Commiſſion entworfene Petition veranlaßte eine leb-
hafte Debatte, indem darin die Auflöſung der Stände
nach Beſchließung eines proviſoriſchen Wahlgeſetzes
zu einer conſtituirenden Verſammlung beantragt wurde.
Andererſeits wünſchte man dagegen den Zuſatz, daß
die Stände vor ihrer Auflöſung auch noch 1) die be-
kannten Königl. Reform-Verheißungen, ſo weit es
noch nicht geſchehen, aus einem Geſchenke in ein Ge-
ſetz verwandeln, und 2) das Budget für das nächſte
Rechnungsjahr berathen und feſtſetzen mochten. Jn
Betreff des letzteren Separat-Antrags wurde der Ver-
beſſerungs-Antrag geſtellt, daß den Ständen nur die
Prorogation des diesjährigen Budgets auf das nächſte
Jahr zu überlaſſen ſey. Bei der Abſtimmung erhielt
der erſte Antrag, ſo wie der letztgedachte Verbeſſerungs-
Antrag, letzterer jedoch nur eine nicht bedeutende Ma-
jorität von etwa 65 gegen 55 Stimmen, während der
zweite Antrag in der Minorität blieb, wenngleich aus-
führlich erörtert wurde, daß bei den durch die neueſte
Zeit erwachſenen beſonderen Bedürfniſſen eine bloße
Prorogation des bisherigen Budgets nicht genügen
und nur Verlegenheiten hervorrufen, daß mithin vor-
ausſichtlich der Petition keine Folge gegeben werden
könne. Es wurde hervorgehoben, daß eine conſtitui-
rende Verſammlung zur Bewilligung eines Budgets
nicht legitimirt ſey, und daß durch Bundes-Beſchluß
vom 26 v. M. die Bundes-Regierungen auf den
Wunſch des Fünfziger-Ausſchuſſes, daß während der
Dauer der conſtitutrenden Verſammlnng in Frankfurt
die Landſtände der einzelnen Staaten vor Beendigung
des Verfaſſungswerkes in Deutſchland nicht berufen
werden möchten, aufmerkſam gemacht ſeyen, daß mit-
hin der Mangel eines den Bedürfniſſen entſprechenden
Budgets eine Verlegenheit bereiten müſſe, welcher
durch die Beſtimmungen der §§ 155 bis 163 des Lan-
des-Verfaſſungs-Geſetzes im legalen Wege nicht wohl
abgeholfen werden könne.
Sonach iſt vorauszuſehen, daß es der Petition in
ihrem beſchloſſenen Jnhalte jedenfalls an einer allge-
meinen Betheiligung fehlen wird, ſo wie daß die Re-
gierung und die Stände eine Petition gänzlich unbe-
rückſichtigt laſſen werden, welche in einem weſentlichen
Theile eine Anforderung enthält, die eine mangelhafte
Erkenntniß des nothwendigſten Bedürfniſſes bekundet,
zumal bereits aus anderen Provinzen entgegenſtehende
Loyalitäts-Addreſſen mit zahlreichen Unterſchriften ein-
gegangen ſind.
So eben erfahren wir aus zuverläſſiger Quelle, daß
für den 18ten Wahl d b ezirk die Kaufleute John Albert
Dröge und Conſul Meyer aus Bremen zum Depu-
tirten und reſp. Erſatzmann für die conſtituirende
Verſammlung nach Frankfurt erwählt ſind.
* Göttingen, den 2 Mai.
Geſtern fand von Northeim aus unter großem
Jubel die feierliche Wiedervereinigung der Studenten
ſtatt. (Wir müſſen den Bericht wegen Mangel an
Raum auf morgen verſparen.)
Hildesheim, den 2 Mai.
Geſtern Nachmittag trafen hier vierhundert Polen,
auf der Rückreiſe in die Heimath, ein. Sie wurden
in dem neuangelegten Gebäude der Heil-Anſtalt auf
der Sülte einlogirt, mit Liebesgaben der Bürger ver-
pflegt, und ſind heute Morgen auf der Eiſenbahn
weiter befördert. (Hild. Z.)
* Holzminden, den 28 April.
(Verſpätet)
Die Bürger von Holzminden u u n d Altendorf, im
Herzogthum Braunſchweig, haben ihres Herzogs Ge-
burtstag am 25 d. M. dadurch gefeiert, daß ſie an
demſelben Gaben für die Krieger in Schleswig Holſtein
geſammelt, und an die hohe proviſoriſche Regierung
abgeſchickt haben. Es ſind durch den nachfolgenden
Aufruf 133 Zeichen unbekannt, wahrscheinlich Währung "Reichstaler" 11 Zeichen unbekannt und 2½ Zeichen unbekannt, wahrscheinlich Währung "Reichstaler" Gold zuſammengekom-
men. Der Aufruf lautet: “Liebe Mitbürger! Jeder
unter uns, der nicht als Fremdling in ſeinem Vater-
lande und in ſeiner Zeit ſteht, der nur einigermaaßen
die welterſchütternden Vorgänge der letzten Wochen
kennt und würdigt, weiß auch, daß der 25ſte April,
der Geburtstag unſeres Herzogs, ein hochfeſtlicher
Tag für uns iſt, und wird denſelben innerlich dadurch
feiern, daß er der Vorſehung vom Herzensgrunde
für den Beſitz eines Fürſten dankt, der für das Wohl
ſeines Landes, für Licht und Recht, für Freiheit und
Einheit Deutſchlands ſo warm fühlt, ſo eifrig und
muthig ſtrebt. Aber wir möchten den Tag auch
äußerlich feiern, möchten unſere Empfindung durch
ein Thun ſichtbar werden laſſen. Sollen wir alſo
ein Feſtmahl veranſtalten? Nein! Es giebt dieſes
Mal ein edleres Thun, wodurch wir das Geburtsfeſt
unſeres theuren Fürſten begehen können, ein Thun,
wodurch wir ihn in höherem Grade erfreuen werden.
Jn Schleswig-Holſtein, das wohl längſt zu ſeinem
guten deutſchen Recht gelangt wäre, wenn es hätte
nach dem Willen unſeres Herzogs gehen können,
wüthet der Krieg, waltet Noth, ertönt Klage und
Hülferuf. Liebe Mitbürger! Laßt uns unter dem
doppelten Antriebe des Mitleids mit unſeren hart-
bedrängten Brüdern und der Liebe zu unſerem Für-
ſten, jeden nach ſeinem Vermögen zur Aufbringung
einer Summe beiſteuern, die zur Erquickung der
Hülfsbedürftigen in Schleswig-Holſtein dienen kann,
und das Zuſammengebrachte am Geburtstage unſeres
Landesfürſten zu ſeiner Beſtimmung abſenden.
Holz-
minden, den 16 April 1848. H. Ritterbuſch. F.
Jordan. L. Dauber. H. Fiſcher. F. Haarmann.”
† Schwerin, den 2 Mai.
Jn der geſtrigen ſechsten Landtags-Sitzung wurden
reſp. verleſen und verhandelt: 1) ein Vortrag der
Bauern zu Leuckow wegen Regulirung ihrer bäuer-
lichen Verhältniſſe; 2) ein Vortrag (vom 20 Auguſt [?]
1848) des Reform-Vereins zu Wismar, in welchem
derſelbe einen bei der Landes-Regierung eingereichten
Proteſt wider den Geſetz-Entwurf für die Landes-
vertretung mittheilt und die Bitte vorträgt, Stände
möchten von dem Rechte der itio in partes Gebrauch
machen, falls die Gefahr ſich herausſtelle, daß die von
der Regierung gemachte Propoſition angenommen
werden möchte; 3a) Hagenower Petition an den
Großherzog gegen das dem Landtage vorgelegte Wahl-
geſetz, beſonders weil dadurch der große Grundbeſitz
und die Fideicommiſſe erhalten blieben. Das Petitum
lautete dahin, daß das neue dem Landtage vorzulegende
Wahlgeſetz auf das reine Repräſentativ-Syſtem ge-
gründet ſeyn möge. 3b) Vorſchlag von Hagenower
Bürgern, beſchloſſen in der Volksverſammlung daſelbſt
(wozu 3a die Anlage). Jn demſelben wird die Ent-
rüſtung darüber ausgeſprochen, daß die hohe Landes-
Regierung trotz der Addreſſe der Reform-Deputirten
zu Güſtrow und trotz der Frankfurter Beſchlüſſe es
gewagt habe, mit einem ſolchen Wahlgeſetze vor die
Augen des Landes zu treten. Begehrt wird ein
gleiches Wahlgeſetz wie das für die Frankfurter De-
putation und Hinzuziehung von Arbeitern. Zwei
Paſſus (die wir jedoch nicht genau wiedergeben können),
in denen von einer neuen Bluthochzeit und von einem
Paſcharegiment, das man nicht wolle, die Rede war,
erregten allgemeine Heiterkeit. Nach Verleſung dieſes
Actenſtückes erhob ſich v. d. Kettenburg-Matgendorf
und ſtellte den Antrag, daſſelbe wegen der darin vor-
kommenden unpaſſenden Aeußerungen den Antrag-
ſtellern zurückzugeben. Von anderer Seite wurde
jedoch bemerklich gemacht, daß die Landtags-Verſamm-
lung weder eine richterliche noch eine Cenſur-Behörde
ſey und daß es ihr daher nicht zuſtehe, einzelne Aeuße-
rungen, die vielleicht dem Einen unpaſſend, dem An-
dern dagegen nicht unpaſſend erſcheinen möchten, einer
Kritik zu unterwerfen. Nach einer langen und leb-
haften Discuſſion, welche der dirigirende Landrath
dahin ausglich, daß man es bei den gemachten Aeuße-
rungen der Mißbilligung bewenden laſſen möge, wurden
folgende Beſchlüſſe gefaßt: ad 1, daß dieſelben ſich an
die Regierung zu wenden hätten, ad 2, daß der Vor-
trag an die Committee zu überweiſen ſey, ad 3, daß
beide Stücke zu den betreffenden Acten zu legen ſeyen.
4) Dictamen von v. d. Kettenburg. Daſſelbe bezieht
ſich auf eine am vorigen Tage bei Berathung der
Frage 2 des Committee-Berichtes wegen der Ver-
faſſungs-Reform gemachte Aeußerung, daß die Land-
ſchaft, falls der Geſetz-Entwurf nicht verändert werde,
in partes gehen müſſe, und es wird darauf hingewie-
ſen, daß bei Vorlegung eines andern Geſetz-Entwurfs
auch die Ritterſchaft in partes gehen könne und man
alſo zu gar keinem Reſultate kommen werde. Vor-
geſchlagen wird eine Gliederung nach Ständen, das
Domanium als dritter Stand, eine gleiche Zahl von
Repräſentanten, nach dem freieſten Wahlrechte, und
als Schutz gegen die Uebergriffe eines jeden Standes
die itio in partes. Der Committee überwieſen. 5) Vor-
trag des Rathmannes Reuſs zu Teterow über die
(troſtloſe) Stellung der ländlichen Tagelöhner. Da
kein Antrag geſtellt iſt, ſo kann auch kein Beſchluß
gefaßt werden. 6) Ein Vortrag über denſelben Ge-
genſtand von Satow-Hägerfelde und 170 Andern.
7) Anzeige des Roſtocker Reform-Vereins, daß der
Antrag wegen Hinzuziehung von Vertrauensmännern
zur Landtags-Verſammlung zurückgenommen iſt.
8) Regiminal-Reſcript wegen Mobiliſirung des Bun-
des-Contingents. Es wird der Land-Syndicus Groth
beauftragt, ein Erachten darüber abzugeben, ob die
Koſten aus gemeinſamen Landesmitteln bezahlt werden
müſſen. 9) Engere Ausſch n u ß-Propoſition wegen Auf-
bringung der Koſten für die Deputation zur deutſchen
Rational-Vertretung. An die Committee II. ver-
wieſen. 10) Regiminal-Reſcript wegen executoriſcher
Eintreibung der fälligen Contribution. Es wird der
Regierung anheimgegeben, nach Befinden zu verfügen.
11) Erſter Bericht der Committee über die National-
Bewaffnung. Committee, die Zweckmäßigkeit des
Regierungs-Vorſchlags erkennend, ertheilt den Anrath,
die Specialitäten der Regierung und dem Engeren Aus-
ſchuſſe anheimzugeben, und macht dann folgende Vor-
ſchläge: 1. es werde für alle nicht im activen Militärdienſte
befindlichen jungen Männer vom 21ſten bis 32ſten Lebens-
jahre die geſetzliche Verpflichtung zum Eintritt in die
Landeswehr ausgeſprochen; 2. es werden die Obrig-
keiten angewieſen, Verzeichniſſe der im Orte befind-
lichen jungen Leute aus den bezeichneten Altersklaſſen
bei der Regierung einzureichen; 3. im Fall der Ein-
berufung werden zuerſt die jüngern Altersklaſſen und
die Unverheiratheten herbeigezogen; die vorläufige
Nichteinberufung der Verheiratheten beſchränkt ſich
jedoch auf diejenigen, welche ſchon jetzt verheirathet
ſind; 4. zur Dispoſition der Regierung werden
100,000 Zeichen unbekannt, wahrscheinlich Währung "Reichstaler", angewieſen auf den Fonds der Landes-
Receptur-Kaſſe, geſtellt, und man wünſcht, daß die
Anſchaffung der Waffen möglichſt bald geſchehen möge.
Die Strelitzſchen Committee-Mitglieder treten den
Vorſchlägen ad 1, 2 und 3 bei, behalten ſich jedoch
ad 4 vor, über die Art der Aufbringung der zur Ver-
fügung der Strelitzſchen Regierung zu ſtellenden Summe
ſich in ihrem Kreiſe zu berathen. Eine ſehr lebhafte
Discuſſion über den Vorſchlag ad 1, beſonders in
Beziehung auf diejenigen jungen Männer, welche
Stellvertreter zum activen Militärdienſt geſtellt haben,
ſo wie über die Aufbringung der (für 5000 Mann)
veranſchlagten Summe, ob durch eine Anleihe oder ein
Edict (Contribution) bildete den Schluß der Sitzung.
Bergedorf, den 3 Mai.
Heute iſt das Ergebniß der Wahlen in den Vier-
landen publicirt. Jm Bezirk Bergedorf ſind zu Wahl-
männern erwählt: Amtsſchreiber Dr. Goldenbaum
mit 30 Stimmen; Rathmann Dr. Lamprecht mit
18 Stimmen; im Bezirk Kirchwärder: Landvogt Lü-
dert mit 4 Stimmen; C. Harder mit 4 Stimmen;
T. Eggers mit 2 Stimmen; im Bezirk Kurslack:
J. Reimers mit 14 Stimmen; im Bezirk Geeſthacht:
J. C. H. Meyer, Vogt mit 12 Stimmen. (Der Be-
zirk Altengamme hat ſein Wahlrecht nicht ausgeübt,
der Bezirk Neuengamme, dem §. 8 der Verordnung
vom 19 April d. J. zuwider, zwei Perſonen zu Wahl-
männern gewählt, die nicht in dieſem Bezirke als Ur-
wähler ſtimmberechtigt ſind.)
Jtalien.
Daß die Oeſterreicher in der Lombardei wirklich
Fortſchritte machen, ſieht man deutlicher, als aus den
nur zu ſehr im eigenen Jntereſſe entſtellenden öſter-
reichiſchen Berichten, aus der Neuen Zürcher Zeitung,
die nicht minder zu Gunſten der Lombarden die That-
ſachen zu modificiren pflegt. Sie ſchreibt: “Mailand.
Laut Berichten vom 23 April, hatte der piemonteſi-
ſche General Sonnaz vom Hauptquartier zu Volta
aus eine Recognoscirung auf dem linke u n Mincioufer
vorgenommen. Die Vorpoſten drangen bis Villa-
franca vor, ohne einen Feind anzutreffen.” Einem
Schreiben vom 24 April entheben wir Folgendes:
“Die Oeſterreicher halten ſich in ihren Neſtern von
Peſchiera, Mantua, Legnago und Verona eingeſchloſ-
ſen. Um ſie daraus zu vertreiben oder gefangen zu
nehmen, bedarf es mehr Geld und Muth.” Laut
Bulletin vom 23 April, hat General Allemandi von
Brescia geſchrieben, daß drei ſeiner Schaaren, die
über Stenico hinaus waren, von überlegenen Streit-
kräften angegriffen, ſich in beſter Ordnung Tione zu-
rückgezogen haben. Der General hat Verſtärkungen
dahin entſandt, darunter ein reguläres Bataillon.
Karl Albert lehnte es dagegen ab, weitere Corps zur
Verfügung des Generals Allemandi zu ſtellen, indem
er für ſeine wichtigen Operationen am Mincio ſeine
ganze Mannſchaft nöthig habe. — Die Stadt Treviſo
iſt von den öſterreichiſchen Truppen wieder erobert
worden. Ein Pfarrer, welcher die Bauern von
Jammico anführte, iſt von den Croaten in Stücke ge-
hauen worden.
Turin, den 25 April. Briefe aus Bologna melden,
daß die päpſtlichen Truppen unter dem General Len-
tulus über den Po gegangen ſind. Die Republik
Venedig hatte dem General Durando vor der Abreiſe
ſeiner Truppen 100,000 Fr. zugeſchickt. Die Tosca-
ner, die Modeneſer und ein Bataillon Neapolitaner
ſtanden 7 Meilen von Mantua und hielten Borgo-
forte und Governolo beſetzt. Ein Decret der provi-
ſoriſchen Regierung von Parma verordnet, daß die
Truppen dieſes Staates gleich in die Lombardei ein-
rücken und ſich unter den Befehl Carl Alberts ſtellen
ſollen. Eine Colonne modeneſiſcher Freiwilliger war
gleichfalls über den Po gegangen. Der Ex-Herzog
von Parma ſoll Willens ſeyn, ſich nach der Schweiz
zurückzuziehen. Carl Albert hat mit Zuſtimmung
der proviſoriſchen Regierung in Modena ein Lager
für Kriegsvorrath errichtet. Die modeneſiſchen Trup-
pen werden dem ſardiniſchen Heere einverleibt werden.
Genua, den 20 April. Admiral Baudin iſt heute
auf dem Dreimaſter Friedland in Begleitung von
zwei anderen Kriegsſchiffen erſten Ranges und zwei
Dampf-Fregatten im Golf von Spezia eingelaufen; wei-
tere Schiffe werden binnen Kurzem erwartet. (A. Z.)
Rom, den 20 April. Der Fürſt von Colobrano,
Gaetano Carafa, iſt am 18 d. (aus Neapel) in Rom
mit dem Auftrage angekommen, die Einberufung einer
föderalen Tagſatzung in Rom zu beſchleunigen. Eine
ſchöne und heilige Sendung; damit aber die neue
Tagſatzung von allen Völkern Jtaliens als eine höchſte
Behörde anerkannt werde, ſoll der Urſprung dieſer
Verſammlung und deren Zweck klar und beſtimmt
auseinander geſetzt werden. Dieſelbe muß aus den
volksvertretenden Kammern des geſammten Jtaliens
hervorgehen, damit ſie den wahren Willen der Na-
tion ausdrücke. Es wird ihr obliegen, entſchieden
und ohne Appell die Fürſten- und die Gebiets-Frage
zu erledigen, mit einem Worte, ein neues Grund-
geſetz für Jtalien feſtzuſtellen.
Jn Tivoli wurden am 12 April die Jeſuiten durch
einen Volkstumult vertrieben; in Rom, wo der Papſt
aus ſeinem Privatvermögen 4000 Scudi zur Verthei-
lung an die Armen für Oſtern hergegeben hat, iſt es
ruhig. Der Contemporaneo macht in Bezug auf
Hrn. Forbin Janſon darauf aufmerkſam, daß die
franzöſiſche Republik formell noch nicht vom heil.
Stuhle anerkannt iſt. Die römiſche Zeitung berichtet
jetzt zuweilen, dieſer oder jener Principe u. ſ. w. habe
ſeiner Patrimonial-Gerichtsbarkeit entſagt. Was
mag ſolche Entſagung zunächſt hervorgerufen haben?
Neapel, den 19 April. Ferdinand II. proteſtirt
aufs Neue gegen die Erklärung des ſiciliſchen Gene-
ral-Parlaments vom 13 d. Er nennt ſie “illegale,
irrita e nulla e di niun valore.” Jm General-Par-
lament zu Palermo ſollen die Parteien keinesweges
freundſchaftlich einander gegenüberſtehen, ja es ſoll
Syrakus, welches jetzt ganz von K. neapolitaniſchen
Truppen geräumt iſt, ſich entſchieden für König Fer-
dinand und die Conſtitution ausgeſprochen haben.
Syrakuſiſche Schiffe kamen hier unter neapolitaniſcher
Flagge an. Jn Meſſina fand keine weitere Kanonade
ſtatt, täglich jedoch werden Flintenſchüſſe gewechſelt.
Pronio liegt mit 2800 Mann in der Citadelle. Es
herrſcht der Petechialtyphus unter ſeinen Truppen.
Die meſſineſiſche Miliz iſt ziemlich gut organiſirt, es
fehlt aber noch immer an Gewehren und Pulver.
Die jungen in Meſſina lebenden fremden Kaufleute
(die alten ſollen ſehr conſervativ und königlich geſinnt
ſeyn) verrichten Wach- und Patrouillendienſte mit den
Meſſineſen. (A. Z.)
Peſth, den 29 April.
Unſere Regierung hat in Wien durch den ungari-
ſchen Miniſter die dringendſten Vorſtellungen zur ſo-
fortigen Zurückſendung des ungariſchen Militärs aus
Gallizien und Mähren und zur möglich baldigen Aus-
gleichung in Jtalien, damit auch von dort das unga-
riſche Militär heimkehre, machen laſſen. Dieſe Vor-
ſtellungen ſind in Wien zweimal, aber ohne Erfolg,
gemacht worden. Unſere Regierung hat nun ein Ul-
timatum nach Wien geſendet, in welchem ſie mit dem
größten Nachdruck droht, daß, wenn nicht die ſo-
fortige Zurückſendung des ungariſchen Militärs aus
Mähren und Gallizien erfolgt, die ungariſche Regie-
rung die von ihrer Verantwortlichkeit gebotenen Schritte
thun werde. Die Zuſammenberufung eines außer-
ordentlichen Landtages in möglichſt kurzer Zeit iſt be-
reits beſchloſſen.
Der Finanzminiſter Ludwig Koſſuth hat ſich auf
den dringenden Rath der Aerzte zur Wiederherſtellung
ſeiner Geſundheit auf’s Land zurückgezogen, ohne jedoch
damit die oberſte Leitung ſeines Miniſteriums aufzu-
geben oder aufzuſchieben. Viele ſchwatzen von einer
angeblichen Vergiftung.
Jm Banat ſind mehrfache Unruhen ausgebrochen.
Der Jllyrismus hat Raubhorden gegen Ungarn aus-
geſendet, welche letztere ſich mit ihren Familien flüchten
mußten. Dies iſt namentlich in Groß-Kikinda ge-
ſchehen, wo auch vier Magiſtratsräthe getödtet wurden.
Gegen 1500 hieſige jüdiſche Handwerker und Hand-
lungsdiener haben ſich geſtern zur Auswanderung
nach Nordamerika eingeſchrieben.
Nachſchrift. Die Spannung zwiſchen der hieſigen
Regierung und der Wiener nimmt einen bedenklichen
Charakter an. Der Erzherzog Stephan iſt entſchieden
auf die Seite unſerer Regierung getreten. Die höchſte
Agitation herrſcht in der Stadt. Fulminante Prokla-
mationen fordern zu den Waffen auf, und wenn die
Wiener Regierung nicht bald zur Beſinnung kommt,
ſteht ein furchtbarer Ausbruch bevor. (Bresl. Ztg.)
Buchareſt, den 13 April.
Seit vorgeſtern ſind wir hier in einer ängſtlichen
Aufregung. Es verbreitete ſich nämlich das Gerücht,
daß 6000 Türken in Siliſtria, 4000 in Nikopel und
4000 in Ruſtſchuk eingerückt wären. Verbürgter iſt
die Nachricht jedenfalls, daß vier ruſſiſche Cavallerie-
Regimenter, zwei Uhlanen- und zwei Huſaren-Regi-
menter für die Walachei beſtimmt ſeyn ſollen. Heute
aber wird die ſchauderhafte Neuigkeit als eine That-
ſache erzählt, daß die ruſſiſche Armee bereits den Pruth
bei Skuläny in der Moldau überſchritten habe. Un-
ſer Fürſt wurde davon durch eine Staffette benach-
richtigt. Wahrſcheinlich ſteht die vor drei Tagen plötz-
lich erfolgte Abreiſe des ruſſiſchen General-Conſuls,
Hrn. v. Kotzebue, damit in Verbindung. Nicht ohne
Grund vermuthet man, daß uns die Ruſſen noch her-
methiſcher von der öſterreichiſchen Gränze abſchließen
und dieſe beſetzen werden, damit ja nur kein freiſinni-
ger Gedanke mehr über die Karpathen dringe und zu
Reformen anreize. Dazu mögen auch die Petitionen
in Jaſſy, an deren Spitze der franzöſiſche und engli-
ſche Conſul ſtand, um Aufhebung der bei uns und
dort ſo centnerſchwer drückenden Cenſur und Erwei-
terung der Verfaſſungsrechte ihr Scherflein beigetra-
gen haben. Die Geſchäfte liegen ganz darnieder, und
200 Schiffe feiern zu Braila, weil ſie nichts zu ver-
führen haben. (Allg. Oeſt. Ztg.)
Konſtantinopel, den 12 April.
Es ſind hier geſtern mit dem Donau-Packetboote
Nachrichten aus den Fürſtenthümern der Moldau und
Wallachei angekommen. Es herrſcht dort noch immer
eine große Bewegung, welche jedoch mehr gegen die
Hospodare und die Schutzmacht Rußland als gegen
die Pforte gerichtet iſt. Während die Adeligen und
Reichen, welche zur Oppoſition gehören, darin nur
eine Gelegenheit erblicken, die Fürſten Stourdza und
Bibesco zu ſtürzen, verlangen die Bauern Abſchaffung
des Frohndienſtes und die Arbeiter Erhöhung des
Lohnes. Sollten ernſte Ruheſtörungen in dieſen Pro-
vinzen ſtattfinden, ſo wurde Rußland als Schutzmacht
dieſelben beſetzen, wie es dies bereits zu verſchiedenen
Zeiten gethan hat. Serbien war von jeher von Fac-
tionen durchwühlt. Der gegenwärtige Fürſt Alexan-
der Karageorgewitſch wurde im Jahre 1846 gewählt
und aufrecht gehalten, trotz Rußland, welches ſich da-
mals das Protectorat über dieſe Provinz anmaßte
und deſſen Agenten nicht ermangeln, eine Bewegung
gegen jenen Fürſten hervorzurufen. Jedoch war den
letzten Nachrichten zufolge die Ruhe noch nicht geſtört
worden, und es herrſchte das beſte Einverſtändniß
zwiſchen dem Fürſten und dem Commandanten der
Feſtung, Mehemed Paſcha. Jn Bosnien ſind die
chriſtlichen Bauern gegen die bosniſchen Bei’s aufge-
ſtanden, deren Feudal-Privilegien ſchwer auf dem
Landmanne laſten. — Rußland zieht ſeine ſämmtlichen
Truppen aus Tſcherkeſſien zurück und erſetzt ſie durch
Koſaken-Regimenter, welche bloß die Feſtungen zu be-
wachen und die Gränze von den Streifzügen der
Tſcherkeſſen frei zu halten haben werden. Der ruſſi-
ſche Miniſter hat der Pforte dieſe Maaßregel als einen
Beweis der friedlichen Abſichten Rußlands dargeſtellt,
während es viel natürlicher wäre, darin eine Drohung
gegen die Pforte zu erblicken, indem dieſe im Kriege
abgehärteten, in dem beſchwerlichen Waffendienſte von
lange her geübten Truppen ein Corps von 20, bis
25,000 Mann bilden, welches ſich vortrefflich zu einem
Ueberfalle eignet und nur Tſcherkeſſien verlaſſen wird,
um an den Mündungen des Dnieper Poſto zu faſſen,
alſo an dem beſt gewählten Orte, von wo aus es
raſch eingeſchifft und nach Belieben der ruſſiſchen
Regierung auf jedweden Punkt befördert werden
könnte. Dieſe Lage der Dinge hat die Pforte wohl
erwogen, und man hat ſämmtliche Regimenter der
Garde, welche auf verſchiedenen Punkten Aſiens zer-
ſtreut ſind, nach Konſtantinopel einberufen. Auch iſt
Gegenbefehl an die Truppen ergangen, welche nach
Tripoli beſtimmt waren. (K. Z.)
Athen, den 9 April.
Am 6 d. wurden 20 Studenten von einer Cavallerie-
Patrouille niedergeritten und mit Säbelhieben tractirt,
weil ſie, Arm in Arm die Breite der Hauptſtraße ein-
nehmend, unter dem Rufe “Es lebe Griechenland, die
Freiheit, der conſtitutionelle König, die franzöſiſche
Republik, das regelmäßige Militair!” nach dem Pa-
laſte zogen, eine Addreſſe zu überreichen. Die Addreſſe
um Nationalgarde ward indeſſen doch überreicht. So
hätte denn die Agitation begonnen. Sie iſt jedoch
keineswegs gegen das Königthum gerichtet. Die Re-
publik will Niemand. Die Geſandten von Oeſterreich
und Preußen bereiten ſich zur Abreiſe vor. Oberſt
Johann Stratos iſt in der Kliſſura bei Miſſolonghi
in einen Hinterhalt gefallen, und nachdem er, ſchon
verwundet, den Räuberchef durch einen Piſtolenſchuß
getödtet hatte, von den übrigen ermordet worden.
Jn dieſer Zeit ein trauriger Tod für einen tapfern
Mann. (D. Z.)
Paris, den 1 Mai.
Die Arbeiten an dem proviſoriſchen Sitzungsſaale
der National-Verſammlung ſind ſo gut wie beendigt.
Heute wird die letzte Hand angelegt. Morgen und
übermorgen ſteht der Saal dem Publikum zur Be-
ſchauung offen. Weder der Moniteur, noch die an-
deren Journale der Regierung beſtätigen das Gerücht
von der Vertagung der National-Verſammlung, die
alſo wohl am 4 d. eröffnet werden wird. Ueber den
Gang der erſten Arbeiten läßt ſich nichts beſtimmen;
es iſt kein Reglement über den Geſchäftsgang vor-
handen. Wird man damit anfangen, ein ſolches zu
machen, wird man vor Allem die Wahlen verificiren,
wird man die Acte der proviſoriſchen Regierung prü-
fen und ſelbige beſtätigen oder widerrufen? Nichts iſt
noch über dieſe Fragen entſchieden.
Die Unruhen in Rouen ſind zu Ende, es iſt viel
Blut gefloſſen und die Verhaftungen dauern fort, in
Elbeuf waren die Jnſurgenten noch im Beſitze eines
Theiles ihrer Poſitionen und die Truppen erwarteten
Verſtärkungen, in Limoges dagegen waren die Ar-
beiter Herren der Stadt und der Umgegend und hat-
ten eine revolutionäre Regierung eingeſetzt, deren erſter
Act die Verkündung der Todesſtrafe gegen jede Ver-
letzung des Eigenthumes war. Auch in Nantes,
Clermont-Ferrand, Bourges und Nismes hat es in
Folge der Wahlen Unordnungen gegeben, letztere
Stadt iſt in Belagerungszuſtand erklärt.
Zwei Jnfanterie-Regimenter ſind abermals in
Paris eingerückt; man giebt die Stärke der Garniſon
jetzt auf 24,000 Mann an; geſtern, Sonntag, wim-
melten alle Straßen von Soldaten.
Der National erklärt heute abermals, daß die
Regierung zwar die Anarchie und die Revolte be-
kämpfen werde, daß ſich aber die Reaction täuſche,
wenn ſie daraus Hoffnungen für ſich ſchöpfe. Die
Aufgabe der Regierung ſey die ächt demokratiſche
Reorganiſation der Geſellſchaft und dieſe werde ſie im
weiteſten Sinne durchzuführen wiſſen.
Oberſt Louis Frapolli, Geſandter der proviſori-
ſchen Regierung von Mailand, hat geſtern Hrn. La-
martine ſeine Creditive übergeben. Frapolli war am
24 Febr. hier, ſchlug ſich auf den Barrikaden und
war wenige Tage darauf ſchon wieder im Straßen-
kampfe von Mailand.
Die Reforme enthält heute einen bitteren Artikel
über die Unruhen in Rouen; ſie weiſet nach, wie
man von Seiten der Bourgeoiſie dieſe Unruhen ſelbſt
hervorgerufen und dann den Vorwand benutzt habe,
um gegen das Volk zu wüthen. Um dieſes barba-
riſche Gefecht zu charakteriſiren, führt die Reforme
nur an, daß 150 Kanonenſchüſſe gegen die Barrikaden
abgefeuert wurden, daß die 140 Leichen in den Straßen
der Stadt, alle der arbeitenden Klaſſe angehören und
daß nicht ein Soldat, nicht ein Nationalgardiſt ge-
tödtet worden ſey. Die Reforme ſchließt, indem ſie
die Regierung auffordert, eine Unterſuchung über dieſe
Schlächterei einzuleiten, mit den Worten: “Wahr-
haftig! wir haben es mit ſehr elenden Widerſachern
zu thun.”
Die meiſten Departements-Wahlen ſind bereits be-
kannt, ungefähr ein Sechstel fehlt noch. Man weiß
bereits, daß Thiers, Emil v. Girardin und Chambolle
vom Siècle in ihren ſonſtigen Wahlbezirken nicht ge-
wählt wurden; dagegen ſind ungefähr zwanzig Geiſt-
liche Deputirte geworden, unter ihnen der Biſchof
v. Quimper. Lamartine iſt in ſechs Departements
gewählt, Ledru-Rollin in zwei; eben ſo zählen faſt
alle Mitglieder der proviſoriſchen Regierung doppelte
Ernennungen.
Cormenin’s Conſtitutions-Entwurf für die Re-
publik ſoll die Executiv Gewalt in die Hände dreier
Conſuln mit dem ſuſpenſiven Veto und die legisla-
tive Gewalt in den Schooß einer einzigen berathenden
Verſammlung legen.
Eine Verſammlung der Actionäre der Nordbahn
fand geſtern unter Rothſchild’s Vorſitz ſtatt. Die Di-
vidende wurde auf 9 Fr. 95 C. feſtgeſetzt.
Die franzöſiſche Escadre des Mittelmeeres hat den
Befehl erhalten, ſich nach dem Hafen von Genua zu
begeben.
Vorgeſtern iſt ein ehemaliger öſterreichiſcher Offi-
zier mit einer Colonne von 250 deutſchen Arbeitern
von hier nach dem Rheine abmarſchirt. Dieſer Ab-
marſch ſteht in keiner Verbindung mit der hieſigen
deutſchen demokratiſchen Geſellſchaft und iſt in ihrer
geſtrigen Sitzung öffentlich desavouirt worden. Die
Richtung dieſer Colonne geht an die preußiſche Gränze
bei Trier.
Abd-el. Kader iſt am 23 April aus dem Fort La-
malgue nach dem Schloſſe von Pau gebracht worden,
wo er künftig mit ſeiner Familie und ſeinem Gefolge
wohnen wird.
Straßburg, den 29 April.
Es ſind nun mehr als 100 Flüchtlinge hier, welche
den Kampf im badiſchen Oberlande mitgemacht haben.
Den ſelben wurde heute von der Behörde eröffnet, daß
das Miniſterium beſchloſſen habe, ihnen den Aufent-
halt in Frankreich durchaus nicht zu verſagen, allein
ſie hätten ſich nach einem der Departemente des Jura,
des Doubs, der Ardennen oder Haute-Saone zu be-
geben. Die freundſchaftlichen Beziehungen zu Deutſch-
land geſtatteten nicht, daß ſie ſich in den an Deutſch-
land gränzenden Departementen des Elſaſſes oder
Lothringens niederlaſſen könnten. Die Flüchtlinge er-
halten Päſſe und die nothwendige Unterſtüßung von
der Regierung.