I. N. J. Anhang von 50. Motiven / welche einen jedweden rechtschaffenen und verständigen Christen abhalten können / daß er sich zu der Römischen Kirche nicht begebe / hinzugefügt von einem aufrichtigen Lutheraner.
1. WEil man in der Römischen Kirche denen, welche von Natur nicht Götter sind, denen Heiligen, denen Bildern etc. duliam oder einen religieusen Dienst erweiset, welches nach dem Urtheile des Apostels Pauli eine Abgötterey ist, Gal. 4, 8. NB. und solcher Abgötterey dürffen die, so im Pabstthum sind, nicht widersprechen, ob sie gleich im Hertzen mercken, daß es unrecht sey, sondern müssen mitmachen, oder doch zum wenigsten stille dazu schweigen.
2. Weil man in der Römischen Kirche den Mord-Geist antrifft, wie aus der Spanischen Inquisition, Parisischen Blut-Hochzeit und Irrländischen Massacre erhellet. Die wahre Kirche Christi, welche Christi Geist hat, hat niemahls gemordet und tyrannisiret, sondern sie hat sich bemühet, die Irrenden durch freundliche und gute Anführung auf den rechten Weg zu bringen.
3. Weil man in der Römischen Kirche die consecrirte und in die Monstranz eingeschlossene Hostie
anbethet, und sich einbildet, sie sey nicht mehr Brod, sondern in Christum verwandelt, da sie doch dieses letztere nicht einmahl gewiß wissen können, indem sie nicht gewiß versichert sind, ob der Conficiens die Intention gehabt zu wandeln, daher sie conditionatè die Anbethung verrichten sollen, (nach dem Consilio ihrer Moralisten,) adoro te, si Deus es. Hier trifft wohl ein, was geschrieben stehet: Ihr wisset nicht was ihr anbethet, Joh. 4.
4. Weil in der Römischen Kirche kein einiger solcher Geistlicher, kein einiger solcher Bischoff und Diener Christi ist / wie in der ersten Apostolischen Kirche gewesen, der eines Weibes Mann sey, 1. Timoth. 3, 2. Tit. 1, 6.
5. Weil man in der Römischen Kirche’den Ehestand und gewisse Speisen verbiethet, (man solle am Freytage kein Fleisch essen,) welches der Apostel unter die Teufels-Lehren zehlet, und zugleich meldet, daß solches in den letzten Zeiten in derjenigen Kirche würde angetroffen werden, welche von dem wahren Glauben abgetreten, 1. Tim. 4, 1. seq.
6. Weil man in der Päbstischen Kirche die Leute nöthiget in die Messe zu gehen, und sie beredet, ob würde. Christus alle Tage in der Messe ihnen zum besten, geopffert, da doch der Heyland mit einem Opffer (am Stamme des Creutzes) in Ewigkeit vollendet, die da sollen geheiliget werden, Ebr. 10, 14.
7. Weil man in der Römischen Kirche sich einbildet, (ich rede sonderlich von ihren Ordens-Leuten) man könne opera supererogationis oder überflüßige gute Wercke thun, die noch einem andern
könten zu statten kommen, und verdienstlich seyn; da doch Christus ausdrücklich gesaget hat: Wenn ihr alles gethan, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte, wir haben gethan, was wir zu thun schuldig waren, Luc. 17, 10.
8. Weil man in der Römischen Kirche die Sterbenden beredet, daß sie in ein schrecklich Feuer hinein müssen / so bald ihre Seele von dem Leibe getrennet würde; da im Gegentheil die H. Schrifft denen, die im Glauben an Christum JEsum sterben, genugsame Versicherung giebet, daß sie zum Friede kommen, Luc. 2, 29. und zur Ruhe, Apoc. 14, 13.
9. Weil die Römische Kirche die Communicanten Christi Blut nicht will trincken lassen, sondern verordnet, daß sie es unter dem gesegneten Brodte mit essen sollen; da doch Christus sein Blut zu trincken / und nicht zu essen eingesetzet hat; ingleichen weil sie das Trincken des Blutes Christi nur einem gestattet, nemlich dem Conficienti, da doch Christus zu seinen Aposteln, (welche dazumahl nicht die Conficienten, sondern Communicanten waren,) gesaget hat, trincket alle daraus. Ist denn der Conficiens Herr Omnis?
10. Weil man in der Römischen Kirchen viele Menschen-Gebote hat, wider welche Christus iederzeit gar sehr geeifert, Matth. 15. & 23.
11. Weil man in der Römischen Kirche die Leute dadurch zu bekehren suchet, daß man ihnen Geld und Ehre anbiethet; da im Gegentheil die Aposteb auf keine andere Art sich bemühet haben die Menschen zu bekehren / als durch Lehren und Predigen,
durch schriffelichen und mündlichen Unterricht.
12. Weil man in der Römischen Kirche die Leute auf viele Mittler und Vorbitter weiset, da doch die erste Apostolische Kirche von keinem andern Mittler und Vorbitter etwas hat wissen wollen, als von Christo, 1. Timoth. 2, 5. 1. Joh. 2, 1. Rom. 8, 34.
13. Weil die Römische Kirche ihren Bischöffen und Praelaten weltliche Macht und Herrschafft vergönnet, welche doch Christus den Geistlichen ausdrücklich untersaget hat / Luc. 20, 25. seq.
14. Weil die Römische Kirche an dem Pabste ein solches Haupt hat, an welchem die Eigenschafften des grossen Antichrists gar sehr hervorragen, zum Exempel, daß er werde seine Residentz haben in der Stadt die auf sieben Bergen lieget, Apoc. 17, 9. Daß er sich werde über alle Obrigkeit, über Fürsten und Könige, ja so gar über die Kayserliche Würde () erheben, 2. Thess. 2, 4. coll. Ezech. 28, 2. 3. Daß er werde ein grosser Heuchler seyn, Apoc. 13, 11. (worzu diß gar sonderlich gehöret, wenn er sich sehr demüthig anstellet, indeme er sich einen Knecht aller Knechte nennet, da er doch würcklich und in der That ein Herr aller Herren seyn will, und vor allen Fürsten, Königen und Kaysern die Praecedenz begehret, ingleichen die Füße sich küssen lässet,) daß er den Seinigen, damit sie kauffen und verkauffen, (das ist mit dem Meß-lesen, und mit dem Ablaß-Kram marchantiren könten,) ein Mahlzeichen geben werde n ihrer Stirn (in der Firmelung) und an ihrer richten Hand (in der Ordination) Apoc. 13, 16.
15. Weil man in der Römischen Kirche sehr viel lügenhaffte Wunder findet, 2. Thess. 2, 9. 10. bey deren Untersuchung es sich zeiget, daß alles was man sonderlich von den wunderthätigen Bildern vorgiebet, auf Lügen und Betrug hinaus lausse.
16. Weil man in der Römischen Kirche mehr zu der Mutter (zu der Heil. Jungfrau Maria) als zu dem (himmlischen) Vater ruffet und schreyet, und mit der Mutter unsers Heylandes und dero Bildern, so große Abgötterey begehet, daß auch unterschiedene Gewissenhaffte Papisten selbst einen Greuel davor bekommen, und deßwegen ein Buch heraus gegeben haben contra indiscretos B. Virginis Cultores.
17. Weil in den Ländern, welche der Römischen Kirche recht eyfrig zugethan sind, der Abgöttische Bilder-Dienst so sehr überhand genommen hat, daß man wohl sagen kan aus Esaiä am 2, 8. 9. Ihr Land ist voll Götzen, sie bethen an ihrer Hände Werck, welches ihre Finger gemacht haben. Da bücket sich der Pöbel, da demüthigen sich die Junckern.
18. Weil man in der Römischen Kirche von der Heiligen Schrifft als dem rechten Glaubens-Grunde abgezogen, und im Gegentheil auf die Autorität der Menschen (des Pabstes und der Praelaten) geführet wird, so daß man dasselbige glauben soll und muß, was sie beschliessen und haben wollen; da doch die Apostel selbst nicht haben wollen Herren unsers Glaubens seyn, 2. Cor. 1, 24.
19. Weil das Pabstthum gantz von andrer Art ist, als die Beschaffenheit des Reiches Christi es mit
sich bringet; indem jenes auf weltliche Ehre und Herrlichkeit gehet, und einen grossen Splendeur vor den Augen der Menschen machet. Da im Gegentheil dieses in Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem Heil. Geiste bestehet, Rom. 14, 17. und haben will, daß man trachten soll nach dem, was droben ist, und nicht nach dem, was auf Erden ist, Col. 3, 1. 2. Wie denn auch die heiligen Apostel niemals bemühet gewesen ein weltliches Reich und Päbstischen Staat aufzurichten, sondern den Heyland Christum JEsum durch die Predigt des heiligen Evangelii in der Welt bekant zu machen, und die Leute zur Buße, zur Gottesfurcht und zur Demuth zu bringen.
20. Weil die Geistlichen in Pabstthume ihre Haupt-Verrichtung das Meß-lesen seyn lassen, da doch der Heyland nirgends verordnet hat, daß seine Diener Meß-Pfaffen seyn sollen / sondern daß sie Praedicanten seyn sollen. Denn er sagte nicht bey ihrer Absendung: Gehet hin, leset Messe; sondern also: Gehet hin, und prediget, Mare. 16, 15.
21. Weil man in der Römischen Kirche den Haupt-Artickel von der zugerechneten Gerechtigkeit Christi, welche durch den Glauben unser wird, leugnet, und nur alles auf die Justitiam inhaesivam oder inhafftende Gerechtigkeit will ankommen lassen; da doch Paulus nicht auf die Justitiam iuhaesivam, fondern auf die imputatam sein Vertrauen gesetzet, Phil. 3, 9. Und da doch sonst die Römisch-Catholischen meinen, es könne ihnen eine fremde Gerechtigkeit, eines blossen Menschen, nemlich dieses oder jenes heiligen Mönches zugerechnet werden, deßwe-
gen auch nach dem Tode in dessen Kutte sich einkleiden lassen.
22. Weil man in der Röm. Kirche zu allerhand schweren Sünden und Lastern verleitet wird; zur Hurerey, indem man zu Rom und andern Päbstischen Oertern öffentliche Huren-Häuser verstattet, und noch darzu der vermeinte Statthalter Christi, einen jährlichen Zinß davon nim̃et; zur Heucheley, durch die Lehre von dem opere operato, wenn man nur das heilige Werck verrichte, viele Pater noster und Ave Maria bethe, Wallfahrten lauffe, es möge mit oder ohne Andacht des Hertzens geschehen; zum geistlichen Hochmuth, durch die Lehre, daß man könne überflüßige Gute Wercke thun, (opera supererogationis;) zum Meineid und Treulosigkeit, durch die Lehre, daß man den Ketzern diß nicht halten dürffe, was man ihnen versprochen, wenn es gleich eydlich geschehen wäre; zum Lügen und zur Unwarheit, durch die Lehre von den reservationibus mentalibus &c.
23. Weil die Römische Kirche in vielen Stücken mit den Quackern überein kömmt; indeme sie mit diesen gar verächtlich von der H. Schrifft redet, und selbige einen todten Buchstaben nennet, indeme sie mit diesen auf die Justitiam imputatam lästert, und eine Sünden-Schmier nennet, im Gegentheil aber nur mit der Justitia inhaerente vor GOtt bestehen will; indem sie mit diesen vieler unmittelbahren Offenbahrungen und Visionen sich rühmet, da bald diesem die H. Jungfrau Maria, einem andern der H. Franciscus &c. soll erschienen seyn, und mit ihm geredet haben.
24. Weil die Römische Kirche in vielen Stücken der H. Schrifft ausdrücklich widerspricht. Denn wenn die Schrifft saget von dem gesegneten Kelche: Trincket alle daraus so spricht sie im Gegentheil: Trincket nicht alle daraus, sondern nur allein der Conficiens; Wenn die Schrifft saget: Ein Bischoff soll seyn eines Weibes Mann, so spricht sie im Gegentheil: Ein Bischoff soll seyn keines Weibes Mann; Wenn die Schrifft saget: Wir würden selig nicht aus den guten Wercken, damit sich nicht jemand rühme, (Eph. 2.) so spricht sie im Gegentheil doch: aus den Wercken; Wenn die Schrifft saget: Die abgeschiedenen Seelen derer Gläubigen kämen zur Ruhe und zum Frieden, (in pacem,) so spricht sie im Gegentheil sie kämen in picem, in Schwefel und Pech, in das schreckliche Fege-Feuer etc.
25. Weil die Römische Kirche in ihren vornehmsten Lehr-Sätzen nur auf das Interesse culinare und statisticum siehet, damit das Ansehen und die Einkünffte der Clerisey möge befestiget und vermehret werden. Zum Exempel, sie verbiethet deßwegen den Layen die Bibel ohne Dispensation zu lesen, damit ein iedweder zu den Geistlichen gehen, und sie zuvor sehr hoffiren müsse, ehe er die Bibel dürsse in die Hände nehmen. Wie vermehret auch dieses nicht das Ansehen der Clerisey, wenn man beredet ist, daß dieselbe allein den Schlüssel der Erkäntniß habe? Weil die Päbstische Pfaffen es aufgebracht, daß ihnen in der Beichte alle Sünden müssen erzehlet werden, so haben sie hierdurch bey allen und iedweden sich in grosse Autorität gesetzet. Denn
wer wolte nicht die jenigen aufs demüthigste veneriren, welche alle Geheimnisse unsers Hertzens wissen. Die Messe bringt viel in die Küche, zumahlen wenn vornehme Herren sterben, die nicht gerne lange im Fege-Feuer bleiben wollen. Und durch eben dieses Blendwerck haben die Pfaffen ihr Ansehen gar hoch gebracht. Denn wer wolte sich nicht ducken und bügen vor einem solchen Manne, der durch ein bloßes heimliches Gemurmel, aus einem bißgen Brodt den Schöpffer machen, und denselben hernach vor Todte und Lebendige aufopffern kan. Den guten Wercken und sonderlich dem Allmosen würde man schwerlich so grosse Verdienste zuschreiben, wenn es nicht der Römischen Clerisey viel eintrüge. Alle Geistliche müssen deßwegen vom Ehestande sich enthalten, nur daß keiner durch eigne Hauß-Sorgen abstrahiret werde, auf das allgemeine Staats Interesse des Päbstischen Reiches zusehen. Die Lehre, daß die Krafft und Würckung der Sacramente von der Intention des administrirenden Pfaffens dependire, würde wohl zurücke blieben seyn, wenn man nicht hierdurch die Layen dahin zubringen gesucht hätte, daß ein iedweder allen möglichen Fleiß anwenden solte, die Geistlichen durch Geschencke und demüthige Verehrung zu guten Freunden zu behalten, damit sie nicht eine üble Intention haben, und hierdurch die H. Sacramenta fruchtloß machen möchten. Wenn die Pfaffen bey Verrichtung des öffentlichen Gottesdiensts, sonderlich vorm Altare, bloß der Lateinischen Sprache sich gebrauchen, welche das gemeine Volck nicht
verstehet, so ist es eben nur darauf angesehen, daß ein jedweder Einfältiger, sie vor hochgelehrte, ungemeine vortreffliche Leute halten soll. Die Pfaffen sind so geitzig gewesen, daß sie auch noch gerne von den Verstorbenen, (welche sonst von Tribut frey sind) haben Geld erpressen wollen. Deßwegen ist das Fege-Feuer erdacht, und den armen Leuten sehr heiß gemacht worden, daß sie auch nach dem Tode viel Messen bezahlen müssen.
26. Weil die Römische Kirche die Untersuchung derer Glaubens-Artickel und das Urtheil davon denen Layen abspricht, da ihnen doch die H. Schrifft solche zuspricht, ja von ihnen erfordert, 1. Thess. 5, 21. Prüfet alles, das Gute behaltet, 1. Cor. 10, 15. Als mit Klugen rede ich, richtet ihr, was ich sage / coll. Matth. 7, 15. 1. Joh. 4, 1.
27. Weil die vornehmsten Bedienten des Pabstes, welche am meisten bemühet sind, uns Protestanten zu der Römischen Kirche zu bringen, nemlich die Herren Jesuiten, bey ihren eigenen Glaubens-Genossen ein sehr schlechtes Lob haben, und als Betrüger und lasterhaffte Menschen / welche auch über die ärgsten Thaten sich kein Gewissen machen, in öffentlichen Schrifften angegeben werden. vid. Fortunii Galindi Disputatio de causis publici erga Jefuitas odii; Jarrigii Jesuita in ferali pegmate; Alphonsus de Vargas de stratag ematibus Jesuitarum; Bonarschii Amphitheatrum honoris Jesuitici; Franciscus Juniperus in Arcanis contra Jesuitas; Caroli Molinaei Consilium super commodis & incommo dis novae sectae Jesuitarum; Pascal in denen
unter dem Nahmen Ludo vici Montaltitii ausgegebenen Epistolis provincialibus, welche Wilhelmus Wendrockius ins Lateinische übersetzet hat, sonderlich Epist. X.
28. Weil unterschiedene Papisten ja gantze Päbstische Universitäten, über der irrigen Lehre von der unbefleckten Empfängniß der H. Jungfrauen Marien sehr fest und eyfrig halten, ja sich eydlich verpflichten, darbey feste zu beharren, ungeachtet der gantze Dominicaner-Orden, und welche es mit ihnen halten, solcher Lehre widerspricht, und zur Gnüge zeiget, daß alle alte heilige Väter derselben zuwider seyn.
29. Weil die Römische Kirche noch biß dato dabey beharret, daß man nicht könne der Seligkeit und Gnade GOttes gewiß versichert seyn, sondern iederzeit Ursache habe, daran zu zweiffeln, ungeachtet das Gegentheil aus den Worten des Apostels Pauli Sonnen-klar erhellet, wenn er schreibet: Nun wir sind gerecht worden durch den Glauben, so haben wir Friede mit GOtt durch unsern Herrn JEsum Christum, Rom. 5, 1. Es ist nichts verdamliches an denen, die in Christo JEsu sind C. 8, 1. Ihr habet nicht einen knechtischen Geist empfangen, daß ihr euch fürchten müstet, sondern ihr habet einen kindlichen Geist empfangen, durch welchen wir ruffen, Abba lieber Vater: Derselbige Geist giebt Zeugniß unserm Geiste, daß wir GOttes Kinder sind, sind wir den Kinder, so sind wir auch Erben etc. v. 15. 16. 17. Wer will die Auserwehlten GOttes beschuldigen? GOtt ist hier, der gerecht machet.
Wer will verdam̃en? Christus ist hier der gestorben, ja vielmehr der auch auferwecket ist, welcher sitzet zur Rechten GOttes und vertritt uns, v. 33. 34.
NB. Wer will denn nun von der alten Apostolischen Kirche, darinnen man der Gnade GOttes und seiner Seligkeit gewiß versichert seyn kan, abgehen, und sich zu einer solchen Kirche wenden, da man hieran zweiffeln muß. Solche Zweifler müssen endlich gar verzweiffeln.
NB. Was hilfft es denn die Papisten, daß sie so viel Ablaß kauffen, daß sie so vielen Messen beywohnen, daß sie sich geisseln, daß sie wallfahrten, beichten, fasten, Menschen-Gebothe halten, etc. etc. wenn sie es durch allen diesen Plunder nicht so weit bringen können, daß sie der Gnade GOttes und der Seligkeit können versichert seyn.
30. Weil die Römische Kirche die Reliquien der Heiligen, dem Volcke religieus zu küssen vorhält, da doch nach vieler klugen Römisch-Catholischen eigenem Geständniß schrecklicher Betrug dar mit vorgehet, so daß mancher meinet, die Gebeine eines grossen Heiligen vor sich zu haben, da es doch nur Knochen von einem bösen Buben sind. Zu geschweigen, daß man einerley Reliquien an vielen Orten zeiget, so daß mancher Heiliger viele Arme und Beine und gantze Tonnen voll Finger und Zähne müste gehabt haben, wenn alles wahre Reliquien wären.
31. Weil man nicht lieset, daß Christus nach seiner Himmelfahrt einen solchen Diener solte gesetzt haben, (vid. Eph. 4, 11.) der sein Statthalter auf
Erden das sichtbarliche Haupt der Kirche, ein unbetrüglicher Richter in Glaubens-Sachen und ein großer Monarch seyn solte, der sich dürffte auf einem großen Stuhl herum tragen lassen, oder prächtige Cavalcaden anstellen.
32. Weil der Pabst mit seiner gantzen Clerisen sich von dem Gehorsam und Unterthänigkeit gegen die weltliche Obrigkeit entzogen; da doch Paulus ausdrücklich schreibet: Jedweder (omnis anima) sey unterthan der Obrigkeit, Rom. 13, 1. worüber Chrysostomus also schreibet: (Homil. 23. in Epist. ad Rom. T. IV. p. 102. lit. A.) ostendit Apostolus, quod ista imperentur, omnibus & sacerdotibus & Monachis, non solum secularibus &c. Und Bernhardus Epist. 42. ad Archi-Episc. Senen. Si omnis anima debet esse subdita. Ergo & vestra. Quis vos excipit ab Universitate? Si quis tentat excipere, conatur decipere.
33. Weil die Römische Kirche den Ehestand vor einen unreinen Stand hält, in welchem die Geistlichen, welche immer mit heiligen Dingen umgiengen, nicht leben dörfften; da doch die allerheiligsten Leute, mit welchen Gott geredet hat, nemlich die H. Patriarchen und Propheten im Ehestande gelebet haben.
NB. Der Hohe-Priester selbst, ungeachtet er in das Allerheiligste hinein gehen muste, und GOtt durch das Urim und Thummim mit ihme redete, dorffte doch im Ehestande leben, nur daß er eine Jungfrau (und nicht eine Wittwe) heyrathen muste, Lev. 21, 13.
34. Weil die Römische Kirche alle diejenigen,
welche sich zu ihr wenden, an das Concilium Tridentinum verbinden will, daß sie diß glauben sollen, was darinnen ist decretiret worden; da doch zu derselbigen Zeit gantz Franckreich wider solche Decreta und Dogmata selbst protestiret hat. Die Worte, welche der Frantzösische Abgesandte du Ferrier der gantzen Tridentinischen Versammlung in seiner von ihm gehaltenen Oration unter die Augen gesaget, sind sehr merckwürdig, und lauten also: Quanquam, Patres sanctissimi, vestra omnis religio, vita, eruditio, magna semper fuit & erit apud nos Autoritatis; cum tamen NB. nihil à Vobis, sed omnia magis Romae, quam Tridenti agantur, denunciamus & testamur, quaecunque in hoc Conventu decreta sunt & publicata, decernentur & publicabuntur, ea neque Regem Christianissimum probaturum, neque Ecclesiam Gallicanam pro Decretis Oecumenicae Synodi habituram.
35. Weil die Römische Kirche den einfältigen Layen ein betrügliches Blendwerck vormahlet, mit der vorgegebenen unverrückten Succession derer Römischen Päbste, von Petro an biß auf den ietzigen, und hierinnen demjenigen, was die Apostel gethan, gantz entgegen ist, als welche sich in Ansehung der Propheten nicht auf die unverrückte persönliche Nachfolge, (denn solche war durch die Pharisäer unterbrochen worden,) sondern auf die Nachfolge in der Lehre, beruffen haben, Act. 26, 22. (ich sage nichts ausser dem das die Propheten gesagt etc.) Ich schrieb zuvor, daß man mit solcher vorgegebenen unverrückten persönlichen Succession
nur den einfältigen Layen (welche die Sachen aus der Historie nicht untersuchen können) ein Blendwerck vormache, denn die Gelehrten lassen sich nicht so betrügen, als denen gar wohl bekant ist / daß die persöhnliche Nachfolge derer Nachfolger Petri, (wovor man die Römischen Päbste ausgiebet,) gar sehr sey unterbrochen worden; theils durch die vielen Schismata (sonderlich das große von A. C. 1378. biß 1429. da so viele Jahre zwey Päbste gewesen, und eine Parthey die andere verdammet hat,) als auch durch viele Gottlose Päbste, welche rechte Monstra gewesen, und durch böse Particken auf Petri Stuhl gekommen, (sonderlich im 9. und 10. Sec. vid. Baronius ad A. C. 912.)
NB. Dazumahl sind viele Päbste nicht concordi & canonica electione Cardinalium auf den Thron gekommen, und also sind sie (nach dem Ausspruch Nicolai II.) keine rechte Stadthalter Christi gewesen, die Petri Gewalt gehabt, andere Bischöffe und Geistliche zu setzen und zu ordiniren, woraus folget, daß zu solcher Zeit die gantze Clerisey im Pabstthum in Confusion gerathen / und ihre persönliche Succession unterbrochen worden ist.
36. Weil die Römische Kirche beständig läugnet, daß der Mensch Christus JEsus allgegenwärtig sey, da er doch solches ausdrücklich gesaget hat, Matth. 28, 20. (Siehe ich bin bey euch alle Tage biß an der Welt Ende,) und da die Papisten gleichwohl vorgeben, daß der Leib unsers Heylandes auf allen Altären in der gantzen Welt, wo Messe gehalten wird, gar sonderlich zugegen sey, und die Hostie
in denselben verwandelt werde; ingleichen daß die H. Jungfrau Maria bey allen Bildern, welche ihr zu Ehren aufgerichtet sind, (sonderlich bey den Wunderthätigen) zugegen sey.
NB. So nun ein bloßer Mensch (wie die Heil. Jungfrau Maria ist,) an so vielen Orten auf einmahl kan zugegen seyn; warum solte nicht der Mensch Christus JEsus, in welchem die gantze Fülle der Gottheit leibhafftig wohnet, allgegenwärtig seyn können?
37. Weil die Römische Kirche uns bereden will, daß die Erb-Sünde in den getaufften Christen, gantz ausgetilget, oder doch zum wenigsten nicht mehr eine eigentlich so genandte Sünde sey; da doch der Apostel Paulus dieselbe, so ferne sie bey ihme als einem Wiedergebohrnen war, Rom. 6. und 7. C. vierzehnmahl Sünde genennet hat; und ein ieglicher getauffter Christ an sich selbsten sattsam mercket, daß ihm solche Erb-Sünde noch immer zum Guten träge machet, und zum Bösen reitzet.
38. Weil die Römische Kirche uns bereden will, daß diejenigen fasten, welche am Freytage Fische und Brod essen, auch zur Sättigung, und darbey guten Wein oder auch gutes Bier trincken, (NB. auf solche Art hätten die 5000. Mann in der Wüsten einen Fast-Tag gehalten, als sie Christus mit fünf Gersten-Brodten und zween Fischen gespeiset, Joh. 6.) Ja wenn ein Päbstischer Geistlicher zu solcher Zeit mit den niedlichsten Fischen seinen Magen gantz angefüllet, und darbey von guten Weine sich einen ziemlichen Rausch getruncken hat,
so heisset es doch, er habe das Fasten gehalten; da im Gegentheil derjenige, welcher nur ein Stücklein Fleisch an dem Freytage ohne erhaltene Dispensation isset, als ein solcher verdammet wird, der das Fasten gebrochen habe. Wer wolte doch zu einer solchen Kirche sich wenden, die so ungereimte Dinge vorgiebet?
39. Weil von der Römischen Kirche die oder Verletzung seines eignen Leibes [da man sich selbst geisselt] gebilliget und unterhaltem wird, welche doch der Apostel Paulus an den falschen Aposteln öffentlich verworffen hat, Col. 2, 23. und bekant gnug ist, daß selbige niemals bey den rechten Propheten und Aposteln, sondern nur bey den Baals-Pfaffen sey anzutreffen gewest, 1. Reg. 18, 28.
40. Weil man in der Römischen Kirche die Bettel-Mönche heget, da doch GOtt ausdrücklich haben will, daß ein jedweder im Schweiß seines Angesichts sein Brod essen, (Gen. 3, 19.) und nicht müßig gehen soll, 2. Thess. 3, 10. 11.
41. Weil die ietzige Römische Kirche, denen, welche es inne werden, daß sie die Gabe der immerwährenden Keuschheit nicht haben, gar einen andern Rath giebet, als den die erste Apostolische Kirche ihnen gegeben. Denn in der ersten Apostolischen Kirche ist ihnen der Rath gegeben worden, sie sollen heyrathen, 1. Cor. 7, 9. (Si non continent, nubant.) In der ietzigen Römischen Kirche aber wird so vielen tausend Mönchen und Nonnen, welche wohl mercken, daß sie die Gabt der Keuschheit, und ohne Ehe-
gatten zu leben nicht haben, gantz ein ander Rath gegeben, nemlich sie sollen sich geisseln, stachlichte Gürtel um den blossen Leib legen, und auf viele andere Art den Leib martern und peinigen.
42. Weil die ietzige Römische Kirche ihrem Pabste zuschreibet / daß er völligen Ablaß ertheilen könte, welcher den Christen in diesem Leben und auch nach diesem Leben zu gute käme; da er doch selbsten sich nicht soviel Ablaß geben kan / daß er mit dem Feg Feuer verschonet bliebe. NB. Der gantze Ablaß-Kram mit allen Umständen / machet die Römische Kirche sehr verdächtig / zumahlen weil es mit denselben nur auf diejenigen angesehen ist / welche Geld haben. Denn von den Armen heisset es in der Taxâ poenitentiariâ: Pauperes quia non habent, ergo non possunt consolari. Ich werde sonst wohl nicht irren / wenn ich sage, daß die Päbstischen Ablaß-Briefe den leeren Zetteln im Glücks-Topffe (oder in der Lotterie) gleich sind, welche nichts nütze sind / als daß man sie zerreisse.
43. Weil die Römische Kirche uns bereden will / ob würde die consecrirte Hostie in Christi Leib verwandelt und bliebe nicht mehr warhafftiges Brodt; da man doch siehet, daß die Mäuse sie verzehren können / ingleichen daß die Würmer darinnen wachsen / wenn sie an feuchten Orten stehet / und über die Zeit aufgehoben wird; Ja man weiß aus der Historie / daß die Pfaffen und Mönche die consecrirte Hostie haben vergifftet und hierdurch auch die Kayser ums Leben bringen können / (v. c. Henricum VII.) Dieß alles könte nicht geschehen und hätte nicht geschehen können / wenn die consecrirte Hostie nicht mehr warhafftiges Brodt / sondern der Leib Christi wäre.
44. Weil die Römische Kirche ihre Heiligsten Oerter, ihre Kirchen, ihre Klöster / ihre Altäre zu rechten Schlupffwinckeln der ärgsten Buben machet. Denn wenn einer gemorder, gestohlen etc. so findet er bey denen seine Sicherheit / die von Rechts-wegen das Gesetz GOttes mit ihren Lippen bewahren / und den Missethäter (wenn er sonst entkommen wolte) in die Hände der Ju-
stiz liefern solten. Der berühmte Papist Andreas Masius klaget hefftig darüber / über das 20. Cap. des Buchs Josuä / uud vergleichet es mit der Heydnischen Freyheit, welche Romulus und Remus um ihre Bürgerschafft zu vermehren allen verlauffenen Banditen gegeben haben. Bey denen Kindern Israel hatten sich die muthwilligen Missethäter keiner Freystadt zu getrösten. Denn GOtt machte die Verordnung / daß wo iemand an seinem Nächsten / frevele / und ihn mit List erwürge / so solle man denselben vom Altare nehmen und ihn tödten. Fliehe er in der Frey-Städte eiue / so solten die Aeltesten selbiselbiger Stadt hinschicken und ihn holen lassen / und in die Hände des Blut-Rächers geben daß er sterbe. Exod. 21 / 14. Deut. 19 / 11. seq, conf. 1. Reg. 2 / 28. 34. 1. Reg. 11 / 15. 16. Es gieng solche Freyheit nur allein diejenigeu an / welche ohne ihre Schuld in Unglück geriethen, und einen unversehenen Todschlag wider ihren Willen begiengen, Deut. 19, 4. 5. Num. 35 / 10. 11. 22. 23.
45. Weil die Römische Kirche das Frohn-Leichnams-Fest so hochhält, und von allen Christen wil celebriret wissen, da doch aus der Historie bekant ist, daß solches Fest allererst A. C. 1264. ist eingesetzet worden / nemlich von Pabst Urbano IV. und zwar auf Angeben und Einrathen seiner vorigen Maitresse Eva genannt / welche von Lück gebürtig gewesen / und vorgegeben sie habe eine Göttliche Offenbahrung gehabt / daß hinführo dieses Fest in der Christenheit solte begangen werden.
46. Weil die Römische Kirche solche Stücke der Buße statuiret / welche auch bey denjenigen seyn können / welche verzweiffeln / wie bey dem Judas Ischariot. Deñ bey demselben befand sich contritio cordis, (es reuete ihn) confessio oris (er sprach: ich habe übel gethan / daß ich unschuldig Blut verrathen habe) uud satisfactio operis (denn er brachte das Geld wieder und hing sich selbst. NB. Dieß letztere war noch eine grössere Satisfaction als wenn er sich biß auf den Todt gegeisselt hätte.)
47. Weil die Nömische Kirche so viel Wesens und Geprale von allerhand Wunderthätern machet, die in ih-
rem Schosse sich befinden sollen; dadoch ihr Oberhaupt / nemlich der Pabst (welcher der allerheiligste Vater heisset und Christi Statthalter seyn soll) keine Wunderwercke thut, nach dem eigenen Geständniß Bellarmini, welcher L. 3. de R. P. c. 21. §. de miraculis also schreibet: Pontifices nec vera nec falsa miracula fecerunt, neque hoc seculo neque superiori.
48. Weil das Haupt der Römischen Kirche sich unterstehet in solchen Gradibus zu dispensiren / welche GOtt selbst verbothen hat. Lev. 18. sonderlich darinnen daß einer seines annoch lebenden Bruders Weib nehmen hat dürffen. (NB. Johannes der Täuffer ließ sich eher seinen Kopff nehmen / als daß er dem Herode dießfalls hätte heucheln oder dispensiren sollen.)
49. Weil die Römische Kirche (nach dem Berichte des Angeli de Clavasio) vorgiebet / papam si vellet, posse totum purgatorium evacuare. Kan der Pabst dieses thun / warum hilfft er nicht denen Armen welche keine Messe bezahlen können / aus dem Fege-Feuer / sondern lässet sie darinnen so lange braten und schmachten? Man siehet hieraus, daß der Vater Pabst gar ein unbarmhertziger Vater sey, und es also nicht rathsam sey, unter seine Bothmäßigkeit sich zu begeben.
50. Weil die Römische Kirche von dem ersten einfältigen Apostolischen Christlichen Glauben abgewichen ist und sehr vieles aus dem Jüden- und Heydenthum angenommen hat, wie solches der sel. Hunnius in seinem Buche de Apostasia R. Ecclesiae so gründlich erwiesen / daß die Papisten biß dato nichts gründliches darwider haben einwenden noch dieses Buch refutiren können.
Conclusio.
Ach GOtt mein Herr erbarm dich der, die dich noch itzt verleugnen / und achten sehr auf Menschen Lehr / darinn sie doch verderben / deines Wortes Verstand / mach ihnen bekant / daß sie nicht ewig sterben.
NB. Die mit eingeschlichenen Druckfehler wolle der geneigte Leser der Eilfertigkeit zu gute halten.