Der Gläubigen
Nicht untergehende Lebens-Sonne/
Als Nach dem heiligen Willen
des Allerhöchsten
Ihro Königl. Hoheiten
Die weyland
Durchlauchtigste Fürstin und
Frau/
FRAU
Sophia Amalia/
Erbinn zu Dennemarck und Norwegen/Her-
tzoginn zu
Schleßwig-Hollstein/ Stormarn und der
Dittmarschen/ Gräfin zu Oldenburg und
Delmenhorst/
Des
Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn
Herrn August Milhelms/
Hertzogen zu Braunschweig und Lüneb.
Unsers Gnädigsten
Fürsten und Herrn
Höchst-theur und lieb gewesene
Gemahlinn/
Durch gar zu frühes und überall beklagtes doch seeliges
Sterben zur
Unsterblichkeit gelanget/
In einer den 30. Martii als allgemeinen Trauer-Tage
auf
gnädigste Verordnung gehaltenen
Leich- und Bedächtniß-Predigt Aus den Worten des Heylandes Joh. XI, 25.
26.
Ich bin die Auferstehung etc.
vorgestellet/
Und auf Hoch-Fürstl. Befehl zum
Druck gegeben
Von
Eberhard Finen/
Hoch-Fürstl. Braunschw. Lüneb.
Consistorial-Raht / Hof- und Stiffts-Predigern
in Braunschweig / Abten des
Closters Michaelstein / und der Kirchen im
Ampt Campen Superintendenten.
Braunschweig/
Gedruckt durch Johann Georg Zilligern/ Hochfürstl.
Privilegirt. Hof-Buchdrucker.
Dem Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn / HERRN
August Milhelm / Hertzogen zu Braunschweig und Lüneb. Meinem gnädigsten
Fürsten und Herrn / Ubergebe hiemit in tieffster Unterthänigkeit die zum
Trauer-Gedächtniß
Ihro Hoheit Dero weyland höchstgeliebtesten Bemahlinn gehaltene Leich-Predigt
Mit unterthänigsten hertzlichen Anwunsch:
Daß Ihr. Durchl. Hohes Gemüht in GOtt vergnüget / Dero Seele zu GOtt erhoben /
Dero Glaube / Liebe und Hoffnung in GOTT gestärcket / Dero Wandel für GOTT
geheiliget / Dero Anschläge / Gesundheit und Leben von GOtt zum Trost der
Kirchen und des Landes gesegnet und erhalten werden möge.
Ihr. Durchl.
Unterthänigster Knecht und unermüdeter Vorbitter bey GOtt
Eberhard Finen.
I. N. J.
Vorrede.
HERR! Du bist unsre Sonn und Schild! Ach so laß denn dein Licht aufgehen in der
Finsterniß / und Freude denen bekümmerten Hertzen / laß leuchten dein Antlitz /
so genesen wir / Amen.
ZUr selbigen Zeit / wil ich die Sonne im Mittage untergehen lassen / und das Land
am hellen Tage lassen finster werden. So / A. spricht der HERR HERR durch den
Propheten Amos Cap. VIII, 9. Eine starcke Sonnen-Finsterniß wird hiemit dem
Hause Israel angedeutet. Man kan geschehen lassen / daß dieses verblümter weise
auf die Finsterniß / in welcher die Sonne etliche hundert Jahr nach dieser
Weissagung ihren am Creutz sterbenden Schöpffer betrauret / mit einigen von
denen Vätern der Kirchen gedeutet werde; Sonsten aber war die Erfüllung näher
vor der Thür; doch nicht in dem Verstande / daß eine natürliche
Sonnen-Finsterniß geschehen solte; sondern / wie nach einer der H. Schrifft
gewöhnlichen Redens-Art mehrmahlen durch das Licht / Glück / Wohlstand und
Freude; durch Finsterniß und Dunckelheit / Angst / Trauren und Unglück pflegt
angedeutet zu werden / so soll auch diese Dräuung wol fürnemlich dahin gehen /
daß GOTT
aus gerechtem Gerichte
seinem Volck die Glücks-Sonne / die Friedens-Sonne / die Sonne ihres bißherigen
Wolstandes / im hellen Mittage / das ist / gantz unvermuhtet wolle untergehen /
und sie dadurch so bestürtzet und beängstiget werden lassen / daß sie bey hellen
Tage sich nicht solten zu finden / zu rahten und zu helffen wissen.
M. A. Wir mögen wol sagen / diese Dräuung habe vor wenig Wochen das
Durchlauchtigste Hauß unser Hohen Landes-Obrigkeit / insonderheit den
Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn August Wilhelm / Hertzogen zu
Braunschweig und Lüneburg / ja dieß gantze Land betroffen. Ach den 27. Februar.
gieng die Sonne im Mittage unter / und das Land wurde am hellen Tage finster.
Indem die Sonne des Landes / die weyland Durchlauchtigste Fürstinn und Frau /
Frau Sophia Amalia / Erbinn zu Dennemarck und Norwegen etc. etc. gebohrne
Hertzogin zu Schleßwig-Hollstein / Stormarn und der Dithmarsen / Gräfinne zu
Oldenburg und Delmenhorst / Hertzoginn zu Braunschweig und Lüneburg / als
höchstgedachten unsers Durchlauchtigsten Herrn Erb-Printzens hertzgeliebt
gewesene Frau Gemahlinn / nach GOttes unerforschlichen doch heiligen Raht und
Willen / uns durch unverhofften doch höchst-seeligsten Abschied aus dieser Welt
ihr Licht entziehen müssen.
Daß den folgenden Tag die natürliche Sonne durch eine ziemlich starcke Finsterniß
verdunckelt werden solte / war schon längst ausgerechnet / kam auch zu rechter
Zeit; Aber! wer hätte dencken sollen / daß die so hell und lieblich scheinende
Landes-Sonne in dem hellen Mittage Ihres Lebens unter den finstern
Todes-Schatten sich verstecken solte / ja gar auf Erden nicht mehr seyn? O der
trüben und betrübten Dunckelheit / die seit dem unsern Horizont bedecket! Wer
trägt wol nicht ein unterthänigstes Mitleyden mit einem theuren Fürsten / der
nach einer / wol nicht mit Lust vorgenommenen Lust-Reise ohne die so hertzlich
werth und lieb gewesene Gemahlinn zurück reisen / und keine andere Versicherung
mitnehmen müssen / als daß man Sie in einem Todten-Sarck nachbringen würde? Wer
bejammert
wol nicht den Verlust
einer der Hoffnung nach so gütigen Landes-Mutter / und den Fall dieser Krone von
unserm Haupte?
Wenn ich Befehl hätte / denen hohen Fürsten-Tugenden Ihrer Hochseeligsten
Hoheiten eine Lob-Rede zu halten / solte ich nicht viel Redners-Künste
gebrauchen / denn dergleichen bedarffs nicht / wo die Warheit selbst die Worte
in den Mund leget. So aber bin ich aufgetreten / E. L. in einer kurtzen / GOtt
gebe / erbaulichen Leich- und Gedächtniß-Predigt öffentlich kund zu thun / daß
diese theure Landes-Sonne mitten in der Todes-Finsterniß nicht verfinstert
worden / und bey Ihrem Untergange nicht untergangen / sondern in der Ewigkeit
der Seelen nach schon jetzo scheine / und an jenem Tage mit verklärten Leib und
Seele in unverdunckelten Glantz ohne Untergang scheinen werde: ich wil sagen /
daß die Durchl. Erb-Princessinn nicht gestorben / sondern lebe / bey JEsu lebe
und in Ewigkeit nicht sterben werde; Zugleich aber nach Anleitung des
aufgegebenen Leichen-Textes mich mit euch dahin zu disponiren / daß wir des
Todes dieser Gerechten sterben / und im Sterben und nach dem Sterben leben
mögen. GOtt verleihe dazu seines Geistes Krafft und Beystand / welchen wir auf
unsern Knien erbitten in einem andächtigen Vater Unser etc.
Der auf Hoch-Fürstl. Gnädigste Verordnung zu erklärende Leich-Text ist aus dem
Munde JEsu aufgezeichnet von dem H. Johanne in seinem Evangelio Cap. XI. v. 28.
29.
ICh bin die Auferstehung und das Leben / wer an mich gläubet der wird leben / ob
er gleich stürbe / und wer da lebet und gläubet an mich / der wird nimmermehr
sterben.
Eingang.
DEine Sonne wird nicht mehr untergehen; Mit dieser herrlichen Verheissung wird
die vorhin gehörte Dräuung wieder gut gemacht durch den Propheten Jes. cap. LX.
v. 20. Es wird aber dadurch verheissen: Ein
Tag ohne Abend / ein Licht ohne
Finsterniß; deutlicher: Ein Wolstand ohne Ende und Veränderung.
Beydes fasset der Prophet in eine verblümte Redens-Art / genommen von dem grossen
Licht / welches GOtt erschaffen den Tag zu erleuchten / ich meyne die Sonne.
Diese / wenn sie aufgehet und scheinet / setzet den von ihr beleuchteten
Erd-Kreiß mit Licht und Wärme in ein besonderes Wolseyn und Vergnügen. Daher
denn auch / wie bereits erwehnet / zum öfftern ein solcher vergnügter Zustand
und Wolbefinden so wol im Geistlichen als Leiblichen mit dem Sonnen-Schein; und
hingegen Unglück und Betrübniß mit einem wolckigten Himmel und der Nacht
verglichen wird. Auf welche Zeit denn nun der Prophet diesen Sonnen-Schein /
diesen Wolstand verheisse / davon sind unterschiedene Gedancken: Einige von
denen Auslegern deuten es auf die Erlösung der Juden aus der Babylonischen
Gefängniß; Andere auf den Zustand der Kirchen Neues Testaments / andere auf den
Zustand der triumphirenden Kirche in dem Himmel. Alle drey Meynungen haben zwar
nichts Ungereimtes / doch wil wol die letzte Meynung die Zulänglichste seyn /
massen dieselbe von dem Heil. Geist selbst legitimiret worden / in der Apoc.
XXI, 23. da von dem neuen Jerusalem / das ist / von der triumphirenden Kirche
stehet: Die Stadt darff keiner Sonnen und des Monden / daß sie ihr scheinen /
denn die Herrligkeit GOttes erleuchtet sie / und v. 25. da wird keine Nacht
seyn; Man sichet wol daß der Geist eben das hier wiederholet / was er vorhin
durch Jesaiam bald nach angeführten Worten vorher verkündiget: Der HERR wird
dein ewiges Licht seyn. So ists denn nicht die irrdische Sonne / die den Zustand
der Gläubigen soll glückselig machen; Denn die wird so lange sie seyn wird /
auf- und nieder gehen; auch nicht ein Wolstand / der auf der unbeständigen Welt
zu hoffen; Denn der hat auch seinen Wechsel; Sondern es ist dasjenige / was ewig
/ was unveränderlich beruhigen und erfreuen kan / das ist: GOtt und JEsus / die
wie eine hell-scheinende Sonne die Auserwehlten in der Ewigkeit bescheinen / und
in seeliger Anschau und unaussprechlich süssen Genuß einer ewigen Liebe
vergnügen werden. Nun diese Sonne soll nicht untergehen. Was das Volck GOttes /
dem Jesaias predigte / an dem Sonnen-Licht wahrnahm / nemlich daß dieß Licht
nicht beständig / sondern zuweilen durch die vorgezogene
Wolcken / zuweilen in denen
natürlichen Finsternissen und alltäglich bey dem Abendlichen Untergang sich
verlohr / erinnerte sie der Unbeständigkeit des zeitlichen Wol- und Ubelstandes;
Solche Unbeständigkeit soll nun aufhören in jener Welt / da soll ihre Sonne
nicht mehr untergehen. Da soll nicht mehr sich finden ein Wechsel des Lichts und
der Finsterniß / sondern wie der HErr ihr GOtt ewig / wie das Anschauen GOttes
ewig / so auch ihre Seeligkeit ewig seyn.
Dieses M. A. ist ein Trost ins Tod-Bette / und wenn es dahin kommt / daß die
Lebens-Sonne wil untergehen. Traun wenn ein Christ / der bißher seines GOTTes
und seines Heylandes bereits im Glauben genossen / alsdenn nicht wüste / daß
dieses irrdische Leben das Wenigste von seinem Leben / und die darin gegossene
Gemeinschafft mit GOTT nur ein Vorschmack der künfftigen gewesen / so möchte er
wünschen nie gelebt zu haben; So aber versichert ihn diese Verheissung des
Propheten / daß seine Sonne nicht werde untergehen. Daß die Sonne des
natürlichen Lebens / ob sie gleich im Tod scheinet unter zu gehen / doch nicht
gantz untergehen / sondern an jenem Tage wieder hervor kommen werde. Er
versichert ihn / daß / so wenig eine Wolcke / oder Mond zur Zeit der
Sonnen-Finsterniß der Sonnen selbst Abbruch thue / so wenig könne auch das / was
den gläubigen Kindern GOttes menschliches im Tode begegne / ihrem Leben / ihrem
geistlichen / ihrem ewigen Leben was benehmen. Nein! ihre Sonne wird nimmer
untergehen.
Wie wir nun von der Hochseeligsten Erb-Princeßin Hoheiten des versichert sind /
daß Sie dieses durch die Gnade GOTTes jetzund in der Ewigkeit empfinden / und
vor dem Thron GOTTes preisen / so muß auch vor uns der verlesene Leich-Text ein
gleiches versicheren / als dessen kurtzer Inhalt den Gläubigen wol nichts anders
als dieses vorhält: Eure Sonne / eure Lebens-Sonne soll nicht untergehen. Wir
wollen denselben zu kurtzer Betrachtung in der Fucht des HErrn vor uns nehmen
und E. L. daraus zeigen:
Der Gläubigen nicht untergehende Lebens-Sonne.
Erklärung des Texts.
UNser Text stellet uns vor: Der Gläubigen nicht untergehende Lebens-Sonne / und
zwar in einer gedoppelten Verheissung.
Die Erste verheisset sie soll nicht gantz untergehen.
Die Andere verheisset sie soll gar nicht untergehen.
E. L. siehet wol wohin ich ziele. Der Heyland verheisset den Gläubigen (I.)
Aufferstehung. (II.) Unsterblichkeit.
Die natürliche Sonne kan uns von diesen beyden Verheissungen einige Vorstellung
geben. Von der ersten mit ihrem Abendlichen Untergang / da wir bey einer solchen
untergehenden Sonne lesen möchten diese Worte:
Jactura brevis.
Nur kurtze Zeit läst sich die Sonn’ ins dunckle stecken / Nach kurtzer Zeit wird
uns auch JEsus auferwecken.
Von der andern in einer starcken Finsterniß; Bey einer solchen verfinsterten Sonn
möchten stehen diese Worte:
Jactura levis.
In diesem Schatten bleibt der Sonn’ ihr volles Licht / Und wer an JEsum gläubt /
der stirbt im Sterben nicht.
Zu beyden Verheissungen hat der Heyland einen sichern Grund geleget mit diesen
Worten: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Bey Einsehung des Evangelisten
finden wir dieselbe verzeichnet in der Historie von der Auferweckung Lazari.
Dieser war ein Mann den JEsus lieb hatte v. 3. nichts desto weniger ward er
kranck / starb / und muste begraben werden / zu einem klaren Beweißthum / daß
Kranckheit / Tod und Grab die Liebe JEsu nicht aufhebe. Ja als Lazarus schon
todt war / spricht JESUS dennoch: Lazarus unser Freund schläfft; kommt auch auf
Bitte seiner betrübten Schwestern und Vorbitte der Jünger an den Ort da Lazarus
gestorben war / und siehe / er läst noch bey dem Grabe sehen / daß seine Liebe
zu Lazaro noch nicht begraben. Denn es heist v. 25. JEsu gtengen die Augen über;
Und die Juden hatten daher recht zu sagen: Siehe / wie hat er ihn so lieb
gehabt.
Doch diese Liebe desto
deutlicher zu zeigen / wolte er seinen Freund wieder lebendig machen. Er hatte
es der Martha gesaget v. 23. mit diesen Worten: Dein Bruder soll auferstehen.
Dieß war ein Wort / welches dieser Betrübten die Thränen von den Augen wischen /
und allen Schmertz hätte aus den Hertzen nehmen können / wann nicht durch des
Bruders Sterben auch ihr Glaube ein deliquiurn, eine starcke Ohnmacht empfunden;
Sie verräth solches / wenn sie zu JEsu sagt: Ich weiß wol / daß er auferstehen
wird in der Auferstehung am Jüngsten Tage. Sehet da M. A. ein glimmendes Tocht /
JEsus wil es nicht auslöschen / sondern zu einer hellen Flamme bringen; Ein
zerstossenes Rohr / JEsus wils nicht zerbrechen / sondern aufrichten; Er wils
mit ihr dahin bringen daß sie glauben soll / daß Er und kein ander es sey / der
in der Auferstehung am Jüngsten Tage denen Todten das Leben werde wieder geben /
folglich auch das Vermögen habe / sein Wort wahr zu machen / und ihren Bruder
noch vor der letzten Auferstehung auferstehen zu lassen. Dahin gehet nun sein
Ausspruch: Ich bin die Auferstehung und das Leben / und die darauf sich
gründende Verheissung: Wer an mich gläubt der wird leben / ob er gleich
stürbe.
Ich bin die Auferstehung und das Leben. E. L. kennet diesen Ich als den
lebendigen GOTT / folglich als ein Leben / welches war bey dem Vater; welches
ewig ist / 1. Joh. 1, 2. Als einen Menschen / dem aber der Vater / darum daß er
des Menschen Sohn ist / das Leben gegeben hat / zu haben in ihm selber wie der
Vater das Leben hat Joh. V, 26. Der denn mit Wahrheit sagen können: Ich als
wahrer GOtt bin das Leben / und habe von Ewigkeit Macht gehabt das Leben zu
geben / ja alles was vom Anfang her das Leben und Wesen hat / hats von mir
gehabt; Ich bin itzund das Leben als GOTT und Mensch; was itzund lebet / das
lebet durch mich. Ich werde seyn das Leben in Ewigkeit / und was von itzo an biß
in Ewigkeit leben wird / soll durch mich leben. Wann dieß nicht wäre / so hätte
der Heyland zu milde geredet Joh. VI, 51. Ich bin das lebendige Brodt vom Himmel
kommen / wer von diesem Brodt essen wird / der wird leben in Ewigkeit / und das
Brodt / das ich geben werde / ist mein Fleisch / welches ich geben werde vor das
Leben der Menschen / und v.
53. Warlich ich sage euch / werdet ihr nicht essen das Fleisch des Menschen
Sohns / und trincken sein Blut / so habt ihr kein Leben in euch. Wer mein
Fleisch isset und trincket mein Blut / der hat das ewige Leben / und ich werd
ihn auferwecken am Jüngsten Tage. Nun können wir sehen / was in diesen Worten:
Ich bin die Auferstehung und das Leben / verborgen / nemlich daß JEsus wie Er
als wahrer GOtt das Leben sey / und allen was da lebet / das Leben gebe / wie
diese Macht das Leben zu geben seiner Menschlichen Natur sey mitgetheilet / so
stehe es nun bey ihm als dem HErrn des Lebens das Leben zu erhalten / es stehe
auch bey ihm / diejenigen / welche durch den zeitlichen Tod gefallen und das
Leben verlohren / wieder heissen aufzustehen / und ihnen das Leben wieder zu
geben. So henget beydes aneinander; Auferstehen und Leben / Leben und
Auferstehen. JEsus als eine Persohn kan nicht eigentlich sagen: Ich bin die
Auferstehung / die Schrifft aber / wenn sie nachdrücklich von JEsu reden wil /
legt sie ihm das Werck selber zu / welches er auszurichten Macht / Willen und
Vermögen hat. Sie nennet JEsum unsere Gerechtigkeit Jer. XXIII, 6. deutet damit
an / daß er es sey / indem wir gerecht werden sollen. Sie nennet ihn unser
Hülffe Psalm. XIV, 7. deutet damit an / daß er uns Hülffe bringe. So sagt der
Heyland selbst: Ich bin der Weg und die Warheit Joh. XIV, 6. zeiget damit an /
daß Er den Weg weisen und zur Warheit leiten könne und wolle. So ist auch hier:
Ich bin die Auferstehung und das Leben so viel als ich kan und wil das / was
gefallen ist / lassen wieder aufstehen / dem was todt ist / das Leben wieder
geben.
Nun so ist der Grund geleget / darauf die Gläubigen ihre Hoffnung bauen können /
daß ihre Lebens-Sonne nicht gantz solle untergehen: Ihr JEsus ist die
Auferstehung und das Leben. Ihr JEsus kan und wil wieder stehend machen was
gefallen / wieder lebend machen was gestorben war. Wir gehen denn desto
behertzter an die Verheissung selbst: Wer an mich gläubet der wird leben / ob er
gleich stürbe. Wem gehet diese Verheissung an? Dem / der da gläubet. Es
ist an dem / daß alle die in
den Gräbern sind werden die Stimme des Sohnes GOttes hören / und hervor gehen so
wol die / so gutes / als die / so übels gethan haben Joh. V, 28. 29; Was aber
diese letztere betrifft / so wird derselben ihr Leben kein Leben seyn; Sie
werden von JEsu / der alsdenn nicht mehr ihr Erlöser / sondern ihr gerechter
Richter / verstossen werden in den Pfuhl der mit Pech und Schweffel brennt /
welches ist der andere Tod Apoc. XXI, 8. Von solchen kans denn nicht heissen:
Sie sollen leben ob sie gleich sterben; sondern vielmehr: Sie sollen todt seyn /
ob sie gleich wieder leben. Nur die an JEsum gläuben / sollen zum Leben leben /
ob sie gleich gestorben sind.
Der Glaube ist es also an unser Seiten / der es macht daß unsere Lebens-Sonne
nicht untergehe / daß wir leben ob wir gleich sterben. Ich sage / der Glaube ist
es: Hier wil es aber mit einer von Göttlicher Barmhertzigkeit und dem Genuß des
Verdienstes JEsu CHristi gemachten Einbildung nicht ausgemacht seyn; Denn was
solte doch dasjenige / was der ihm selbst gelassene menschliche Verstand und
Gedancke ihm ohne gnugsamen Grund vorstellet / vor Krafft haben / uns eine
gewisse Lebens-Versicherung im Tode zu geben? Nein der Glaube / der dieses thut
/ ist ein Licht / welches der Heil. Geist in einer zu sorderst zur Erkäntniß und
schmertzlichen Empfindung ihres sündlichen Zustandes und folglich zur wahren
Busse und sehnlichen Verlangen nach der Gnade GOttes gebrachten Seelen durch das
ins Hertz gedruckte Göttliche Wort anzündet / krafft dessen sie zugleich
erkennet was ihr in Christo JEsu und dessen Verdienst angeboten werde / solche
Anerbietung als etwas untriegliches annimmt / und ihr in festen Vetrauen
zueignet. Diese letztere Eigenschafft des Glaubens ist wol die beste; Massen
unser Heyland nicht saget: Wer mir gläubet / sondern wer an mich gläubet.
Mercket M. A. dieses an mich verwirfft nicht den Glauben an GOTT / als einen
gnädigen liebreichen Vater / und das Vertrauen auf seine Barmhertzigkeit /
sondern legt vielmehr den festen Grund zu solchen Vertrauen. Denn zu GOtt als
einen durch die Sünde erzürnten Richter darff ja der Sünder sich nicht wagen /
es sey denn / daß er zuvor die Versicherung habe / es sey demselben Satisfaction
und Gnüge geschehen / und folglich eine Versöhnug hergestellet. Nun solche
Versöhnug haben wir in Christo JEsu / da heist es 1. Joh. II, 1. 2. Ob jemand
sün-
diget / so
haben wir einen Fürsprecher bey dem Vater / JEsum CHrist / der gerecht ist / und
derselbige ist die Versöhnung für unsre Sünde / nicht allein für die unsere /
sondern der gantzen Welt Sünde / und 1. Tim. II, 5. Es ist ein GOtt und ein
Mittler zwischen GOtt und den Menschen / nemlich der Mensch Christus JEsus. So
kom̃en wir denn durch CHristum zum Vater / durch CHristum
eignen wir uns zu die Liebe GOttes / und getrösten uns seiner Barmhertzigkeit.
Nun dieser Glaube wenn er rechter Art / so führet er mit sich ein geistliches
Leben in Christo JEsu / welches alle todte Sünden-Wercke ausschließt / und mit
Christo JEsu allbereit hier auf Erden durch himmlisch-gesinnete Gottseeligkeit /
in ein himmlisches Wesen versetzet. Darauf denn folget die gewisse Versicherung
/ daß / wo der Gläubige beharret biß ans Ende Matth. XXIV, 13. Getreu bleibet
biß in den Tod / Apoc. II, 10. ihm die Krone des Lebens / das ist / das ewige
Leben / welches Kron und Herrschafft über alles Widerwärtige mit sich bringet /
solle gegeben werden.
Hier scheinet etwas im Wege zu seyn / und die Hoffnung wanckend zu machen; ich
meyne das Sterben / dessen sich auch die Gläubigen nicht entbrechen können. Sie
wolten zwar lieber nicht entkleidet sondern überkleidet werden / auf daß das
Sterbliche würde verschlungen von dem Leben 2. Cor. V, 4. Allein / es muß
gestorben seyn. Wo ist jemand der da lebet und den Tod nicht sehe Ps. LXXXIX,
49. Das Band zwischen Leib und Seele muß getrennet werden; Weil aber die Seele
durch den Glauben auch mit dem lebendige JEsu verbunden / so kan dieselbe von
JEsu sich nicht trennen; Weil sie ein Glied an dem Leibe JESU / so heist es
recht: Lässet auch ein Haupt sein Glied / daß er es nicht nach sich zieht.
Paulus macht hiervon einen richtigen Schluß Rom. VIII, 11. So der Geist / der
JEsum auferwecket hat / in euch wohnet / so wird auch derselbige / der Christum
von den Todten auferwecket hat eure sterbliche Leiber lebendig machen um des
willen / daß sein Geist in euch wohnet. So hats seine Richtigkeit mit der
Gläubigen Leben nach dem Sterben / ihre Lebens-Sonne / ob sie gleich untergehet
/ soll sie doch nicht gantz unter / sondern dermahleins wieder aufgehen. Ihr
Leib soll an jenem Tage mit allen seinen Gliedmassen wieder auf-
gerichtet / mit
Unverweßlichkeit und Unsterblichkeit angezogen 1. Cor. XV, 53. Die Seele / die
vom Leibe gesondert war / soll mit derselben vereiniget werden / und also das
Compositum so vor dem Tode gewesen / der gantze Mensch / der an Christum
geglaubet soll wieder leben / ob er gleich gestorben; Darum mögen wir wol
sagen:
Jactura brevis.
Nur kurtze Zeit läst sich die Sonn ins Dunckle stecken / Nach kurtzer Zeit wird
uns JEsus zum Leben wecken.
So weit sind wir überzeuget / daß der Gläubigen Lebens-Sonne nicht gantz
untergehen / ich wil sagen / daß die Gläubigen nach dem Sterben wieder leben
sollen. Wir haben noch eine Verheissung: Ihre Lebens-Sonne soll gar nicht
untergehen. Sie sollen gar nicht sterben. Und wer da lebet und gläubet an mich /
der wird nimmermehr sterben. Das heist:
Jactura levis.
In diesen Schatten bleibt der Sonn ihr helles Licht / Und wer an JEsum gläubt der
stirbt im Sterben nicht.
M. A. Wie hat JEsus das gemeynet / wer an ihn gläubet / soll nimmermehr sterben?
Er gehet ja itzund hin zum Grabe eines der an ihn gegläubet / zu den Grabe
Lazari / der ist doch gestorben und fängt schon an zu verwesen? Ja in der
gantzen Heil. Schrifft finden wir nur zweene die lebendig zur Unsterblichkeit
eingegangen Henoch und Eliam? Ohne diese beyde ist der Tod einem wie dem andern
begegnet / und begegnet noch biß auf diese Stunde einem wie dem andern. Cohel.
IX, 2? Gemach! der Tod kommt nicht einem wie dem andern; Ungläubige und
Ungerechte / wie sie hier schon lebendig todt 1. Tim. V, 6. so sterben sie des
Todes / den der HERR als eine Straffe der Sünden gedräuet hat Gen. II, 17. Wenn
aber bey denen / so an CHristum gläuben / sich Leib und Seele trennen / das wil
JESUS keinen Tod seyn lassen; und scheinet als wenn er mit diesen letztern
Worten seine erste verbessern wollen. Denn weil er gesaget: Wer an ihn gläube
solle leben ob er gleich stürbe / so wil er hiemit das Wort sterben widerruffen
und so viel sagen: Was sage ich / daß er sterben werde? Er wird nimmermehr
sterben. Oherrliche / O unvergleichliche Versicherung der Unsterblichkeit! Es
kan nicht anders seyn. Was den Tod zum Tode machet / die Sünde ist ferne von der
Gläubigen Tode / diesen Stachel hat er
verlohren 1. Cor. XV, 56. Laß das seyn / daß die Gläubigen nicht
allezeit so beym Leben bleiben können / daß sie vielmehr in der Menschen Augen
todt sind / so leben sie doch GOtt / wie der Heyland vom Abraham / Isaac und
Jacob sagt Luc. XX, 38. Und daß wirs recht wissen was eines Glaubigen Sterben
sey / so dürffen wir nur JEsu nach dem Munde sehen. Wie redet derselbe von dem
Tode Lazari? Lazarus unser Freund schläfft. So verhält sichs mit allen Gläubigen
/ wenn sie sterben / so werden sie in den Schlaff gebracht / sie gehen hin zur
Ruhe von aller ihrer Arbeit. Ein natürlicher Schlaff hemmet die äusserlichen
Verrichtungen / läst doch aber dem Schlaffenden das Leben; So hören bey einem /
der in dem Glauben stirbet / die durch den Leib zu verrichtende
Lebens-Geschäffte der Seelen auf / aber die Seele behält ihr Leben vor wie nach
/ und insonderheit behält sie das geistliche Leben in Christo JESU / von dem sie
weder Tod noch Leben scheiden kan / Rom. VIII. und gehet hinein in das ewige
Leben. Muß gleich der Leib in die Verwesung / so geschiehet dadurch weder dem
Leibe noch der Seelen was übels; Vielmehr wird dadurch der Leib zu künfftiger
Verherrligung zubereitet. Wenn wir aber ausgeschlaffen / so wird das Band /
welches durch den süssen Schlaff unterbrochen / nun wieder dergestalt ergäntzet
/ daß es in Ewigkeit nicht wieder kan getrennet werden. So wisset ihr nun M. A.
was euch JEsus hier verheisset: Wenn ihr an ihn glaubet / solt ihr unsterblich
seyn / Ihr solt den Tod nicht sehen ewiglich Joh. VIII, 51. Sagt denn nur
getrost:
Jactura levis.
In diesen Schatten bleibt der Sonn ihr volles Licht / Und wer an JEsum gläubt /
der stirbt im Sterben nicht.
Bebrauch.
NUn M. A. Wir sind versichert / daß die Lebens-Sonne der Gläubigen nicht
untergehe; Billig muß uns diese Glückseeligkeit anlocken uns der Mittel zu
bedienen / welche uns zu solcher Glückseeligkeit führen können. Wir sehen wol
woraufs ankommt / wenn wirs dahin bringen wollen / daß unsre Sonne nicht
untergehe / worauf es ankomme / daß wir in dieser Sterblichkeit unsterblich
werden; auf den Glauben an CHristum JEsum. So lernen wir denn zur Erbauung
erkennen:
Die nöhtige Wendung zur Sonnen der Gerechtigkeit.
E. L. bey der Aufmercksahmkeit zu behalten stelle ich ihnen dießfalls ein
vielleicht bekandtes Sinn-Bild vor; Nemlich einen nach der Sonne sich richtenden
Sonnen-Zeiger mit der Beyschrifft:
SOLI.
Nach diesem Licht allein Wil ich gerichtet seyn.
Wie unser Lebens-Licht sonst nirgends her als von CHristo JEsu dem Schöpffer und
Erhalter des Lebens seinen Ursprung nimmt / so ist Ers auch allein / der einmahl
solches Licht wenn es im Tode dem Leibe nach verlöschen wil / in der Seelen in
hellen Flammen erhalten / und an jenem Tage den auferweckten Leib daran wieder
Theil nehmen / ja beyde zum Genuß des ewigen Lichts wird gelangen lassen. Drum
muß auf ihn allein Aug und Hertz gerichtet seyn. Dieß fordert er selbst von uns.
Er sagt: Ich bin die Auferstehung und das Leben / wer an mich gläubet der wird
leben / wer an mich gläubet wird nimmermehr sterben. So darffs denn keines
Zweiffels mehr; Wer sich des versichern wil / daß seine Lebens-Sonne nicht solle
untergehen / der muß sich hinwenden zu der Sonnen der Gerechtigkeit / wer da wil
unsterblich seyn / muß an JEsum Christum gläuben. Niemand als JEsus hat
Unsterblichkeit / niemand als JEsus kan uns dieselbe mittheilen. Er ists / der
dem Tode den Stachel genommen / damit er uns tödten konte. Diesen Stachel hatte
er aus der Sünde; Weil nun auf JEsum alle unsere Sünde geworffen / und Er
dieselbe auf sich genommen / auch dafür gebüsset und bezahlet / und mit seinem
Gehorsam und Leyden der Göttlichen Gerechtigkeit ein Genügen gethan hat / so
haben nun Tod und Teuffel all ihr Recht an uns Menschen verlohren / indem sie
kein Recht / als durch die Sünde hatten. Das ists nun was Paulus schreibet 2.
Tim. I, 10. JEsus CHristus hat dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein
unvergängliches Wesen ans Licht gebracht / Hebr. II, 14. 15. CHristus hat
durch den Tod die Macht
genommen dem er des Todes Gewalt hat / das ist / dem Teuffel / und erlöset
diejenigen die aus Furcht des Todes im gantzen Leben Knechte seyn müssen. Und
hierauf gründet sich denn die Versicherung des Lebens / des ewigen Lebens /
welches JEsus allen denen verheisset die sich an ihm in wahren Glauben halten:
Hierauf gründen sich die Verheissungen die Er thut Joh. XIV, 19. Ich lebe und
ihr solt auch leben / Joh. VI, 40. Wer an den Sohn gläubet der hat das ewige
Leben. Joh. III, 15. Also hat GOTT die Welt geliebet / daß er seinen
eingebohrnen Sohn gab / auf daß alle die an Ihn gläuben nicht verlohren werden /
sondern das ewige Leben haben. Joh. VIII. So jemand mein Wort wird halten der
wird den Tod nicht sehen ewiglich / Joh. XX, 31. Dieß ist geschrieben daß ihr
gläubet JEsus sey Christus / und daß ihr durch den Glauben das Leben habt in
seinem Nahmen. So sehen wir denn das Unum Necessarium an unser Seiten zur
Unsterblichkeit / ich meyne den Glauben an JEsum Christum. Wer sich nun des
versichern wil / daß er / wenn er stirbt / nicht sterben sondern einschlaffen /
und zum Leben übergehen / daß er am Jüngsten Tage zum Leben wieder werde
lebendig werden / der muß sich hinwenden nach der Sonnen der Gerechtigkeit.
SOLI.
Nach diesem Licht allein Muß er gerichtet seyn.
Mit einem Worte: Er muß an JEsum gläuben.
Hier dürffte es nun wol bey den meisten an geschwinder Resolution nicht fehlen zu
sagen: Kan man dadurch zur Unsterblichkeit gelangen / wenn man gläubet / wolan
wir wollen gläuben / wir gläuben schon. Ja wenns mit diesen sagen ausgemacht
wäre; Traun der Glaube der uns das Leben geben soll / muß selbst nicht todt /
sondern lebendig seyn. Was ein todter Glaube sey erkläret uns Jacob. II, 17. Der
Glaube wenn er nicht Wercke hat / das ist / wo er den Menschen nicht mit
hertzlicher Begierde erfüllet in seinem gantzen Leben / nicht anders zu thun als
nach den Geboten seines GOttes einher
zu gehen / so ist er kein lebendiger sondern ein todter Glaube.
Dieß ist wol zu verstehen M. A. Die Wercke / der Gehorsam gegen GOtt macht den
Glauben eben nicht lebendig / denn das Leben hat der Glaube von dem Geiste des
Lebens / der durchs Wort den Glauben in uns wircket / Gehorsam aber und gute
Wercke sind die Proben und Zeugen davon / daß unser Glaube lebendig sey. Wer
sich denn nun eines lebendigen Glaubens an Christum JEsum erfreuen wil / der muß
ja nicht im Tode bleiben wollen; Die Sünde ist es aber die uns zu lebendig
Todten macht / wer darinnen beharren und der Sünden dienen wil / kan so
unmöglich zu dem lebendigen Glauben kommen / als einer durch eine sonst
köstliche Artzeney sein Leben erhalten könte / wenn er immer Gifft dabey
trincken wolte. Daher kommts daß auch wol bey vielen / welche viel mit dem Worte
GOttes umgehen / dasselbe hören / lesen / betrachten / andern davon vorsagen /
sich dennoch wenig Glaube findet / weil sie nicht durch wahre Busse die Sünde
ablegen / ihr die Herrschafft nehmen / und also dadurch den Glauben Platz und
Raum geben wollen; Denn es muß doch bey der Ordnung bleiben Marc, I, 15. Thut
Busse und glaubet dem Evangelio. Solche Leute sind gleich denen Brenn-Spiegeln /
welche die Sonnen-Strahlen aufffangen / auch wol andere Dinge anzünden / vor
sich selbst aber gantz kalt dabey bleiben. Thut ihr nicht also M. A. sondern
wenn ihr bey euch findet daß euer Hertz noch in dem Dienst dieser oder jener
Sünde stehe / so haltet nur davor daß ihr noch nicht an JEsum glaubet / sondern
der Glaube / den ihr euch einbildet ist ein Betrug des Fleisches. Ach dabey
würdet ihr wenig Hoffnung haben zur Unsterblichkeit zu gelangen. Vielmehr macht
solcher Glaube im Leben lebendig todt / im Tode bringt er zum ewigen Tode. Drum
wolt ihr euch des Glaubens rühmen so reiniget euch von der Sünde / die zum
Glauben untüchtig macht.
SOLI.
Auf JEsu Licht allein Müst ihr gerichtet seyn.
Neben-Sonnen anzusehen / anzubeten / wil nicht angehen / wol aber
höchst-gefährlich seyn; Gold und Silber / Hoheit
und Ehr / Fleisches-Lust /
Augen-Lust und hoffärtiges Leben sind solche Neben-Sonnen; allein sie verbrennen
ihre Anbeter / und machen sie schwartz in den Augen GOttes. Es ist leicht um
dieselbe geschehen / ein leichter Wind der Trübsahl kan sie von einander treiben
/ denn es sind nur Dünste die kein beständig Wesen haben. Es sind Irrwische /
die von dem rechten Wege leicht abführen. Es sind Raqveten / welche eine
Zeitlang helle gläntzen / aber mit Schrecken ein Ende nehmen. Weg denn mit euren
Augen von solchen Neben-Sonnen. Nach JEsu allein / soll eur Hertz gewendet seyn.
Ach hierzu führet nichts besser an als das Wort des Lebens; Dieses ists so uns
unsere Augen öffnet / dieses ists / so uns unsern JEsum zeigt / unser Hertz zu
JEsu neiget / ja JEsum in unser Hertze leget; Wo ihr durch Beybehaltung der
Sünden / die Wirckung des Worts nicht selbst hindern wollet / so wird die
fleißige Anhörung / Lesung / Betrachtung des Wortes GOTTes in euch gewiß den
Glauben an JEsum wircken; Dieses aber muß vergesellschafftet seyn mit
unabläßigen Seufftzen zu GOtt euren himmlischen Vater / daß derselbe durch
seinen Heil. Geist euch erleuchten und euer Hertz mit Glauben erfüllen / im
Glauben erhalten / und zu einen heiligen und gottseeligen Wandel führen wolle /
so / daß euer Glaubens-Licht / welches von der Sonnen der Gerechtigkeit
angezündet / auch vor den Menschen leuchte / und in heisser Glut der
aufrichtigen Liebe zu GOtt und dem Nechsten brennen möge. Alsdenn so seyd ihr
versichert; Euer Licht werde nicht verlöschen / eure Lebens-Sonne werde nicht
untergehen. JEsus die Auferstehung und das Leben / werde auch eure Auferstehung
/ euer Leben seyn. In Ihm und durch Ihn sind wir ja auferstanden aus dem
Sünden-Grabe / in Ihm und durch Ihn leben wir im geistlichen Leben / Er lebet in
uns / und wir in Ihm / was wir leben leben wir nicht uns selbst / sondern dem
der vor uns gestorben ist Christo JEsu; Wir mögen denn hier in der Welt
glücklich oder unglücklich leben; JESUS unsere Sonne hat Strahlen und Licht
genug alle Trauer-Wolcken zu vertreiben. Licht und Schatten muß bey einander
seyn / wenn ein Sonnen-Zeiger der Sonnen recht geniessen wil; Auch uns muß es an
den Creutzes-Schatten
nicht fehlen. JEsus die Sonne der Gerechtigkeit macht die so ihn anbeten auch
schwartz aber doch lieblich / und seinem Bilde ähnlich. Wil die Sonne unsers
natürlichen Lebens gleich untergehen / so wissen wir / es ist ohne dem nicht
wehrt / daß es ein Leben heist; und unser Heyland nimmt es uns / wenn er uns in
das rechte Leben führen wil. So soll uns denn keine Furcht vor dem Tode die
Freuden-Sonne verdunckeln. Nein / wenn der Tod kommt und wil unser Lebens-Licht
auslöschen / so fassen wir uns gleich mit diesem Trost: JEsus unser Leben sey da
/ und wolle uns zur Unsterblichkeit führen. Ihm überlassen wir uns gern und
willig. Unsere Seele die er mit seinem Blute gewaschen übergeben wir in seine
Hände / den Leib lassen wir einschlaffen / hat uns doch nie vor den Schlaff
gegrauet / JEsus unsre Auferstehung wird ihn zu rechter Zeit wieder wecken / mit
der Seelen vereinigen / und mit sich führen / wohin? Da unsre Sonne nicht mehr
untergehet / dahin / da unser Licht nicht mehr verlöschet / da der HErr ist Sonn
und Schild / da Er kein Gutes mangeln läßt den Frommen. Ja / da wir selbst
werden leuchten wie die Sonnen in unsers Vaters Reich.
So leuchtet denn gewiß wie eine Sonne der Seelen nach in Ihres Vaters Reich / die
Sonne so uns untergangen / die Höchstseeligste Erb-Princeßinne. Wir sind von Ihr
versichert / daß Sie Ihr Hertz zu der Sonnen der Gerechtigkeit Christo JEsu
gewandt / daß Sie an JEsum gegläubet: In der Heil. Tauffe wurde des
Glaubens-Licht in Ihr angezündet / und warlich Sie hat dieß Licht leuchten
lassen vor den Menschen / daß sie ihre gute Wercke gesehen. Ich wil nicht
behaupten / daß Sie ohne Sünde gelebet. Ach! weil wir alle mit einander als
Menschen in Sünden empfangen und gebohren werden / so fasset dieser
Sünden-Zunder den wir / so lange wir leben / bey uns tragen / bey mancher
Gelegenheit zur Sünde / bey so vielen Eitelkeiten der Welt / Sünden-Funcken /
und wir lassen dieselbe wol zur Flamme kommen. Die Grössesten in der Welt sind
nach dem Lauff der heutigen Zeiten dieser Gefahr am nächsten. Sind doch die
Sterne nicht
ohne Tadel / und
die Sonne selbst nicht ohne Flecken; und müssen wir also gestehen / daß die
Höchstseeligste Fürstinn als ein Mensch menschlichen Fehlern und Schwachheiten
unterworffen gewesen. Doch wir finden auch so viel Ruhmwürdiges in ihrem
gottseeligen Leben / daß es alle Fehler vor Menschen bedecken kan. Vor GOtt sind
dieselben mit dem theuren Verdienst ihres Heylandes JEsu Christi bedeckt. Denn
an JEsum hat Sie geglaubet / Ihren Glauben aus GOTTes Wort geübet / durch das
Heil. Abendmahl gestärcket. So lebte Sie in JEsu weil Sie lebte / mit JEsu
überwand Sie in heiliger Großmühtigkeit alles Unglück so Sie erlebet. Gewiß ich
kan mich nicht ohne Wehmuht erinnern mit was für Großmühtigkeit der
Hochseeligsten Erb-Princeßinne Hoheit mir erzehlet / wie von Kindes Beinen auf
Ihre Lebens-Sonne mit so vielen Creutzes-Wolcken überzogen gewesen. Durch diese
Liebes-Seile zog Sie aber JESUS immer mehr und mehr nach sich / insonderheit
aber in dem unvermuhteten Krancken-Bette. Je näher sie in demselben zum Sterben
kam / je lebendiger wurde Ihr Glaube / je mehr starb Sie ab / und gab gute Nacht
aller Eitelkeit / durch wahre Busse. Sie nahm JEsu Fleisch und Blut / und so
wurde Sie aufs neue versichert / daß JEsus in Ihr und Sie in JEsu lebte. In
solchem Leben ließ Sie JEsus sterben. Ach dieß war ein seeliger Wechsel vor Sie.
Denn nun ist JEsu Zusage an Ihr ohnzweiffentlich erfüllet: Sie lebt / ob sie
gleich gestorben / und wird hinfort nimmer sterben. Ihre Sonne wird nun nicht
untergehen / denn der HErr ist Ihr ewiges Licht.
Aber ach in diesem süssen Wechsel bleibt doch so viel Herbes und Bitters vor Dero
hinterlassenen Durchläuchtigsten Gemahl. Doch Dero bekandte Großmühtigkeit läst
mich im geringsten nicht zweiffeln; Sie werden wie so machen also auch diesen
bittern Creutz-Trunck von der Hand ihres himmlischen Vaters nehmen und ihn
trincken / weil es sein Wille / daß Sie ihn trincken sollen. Ihre Abwesenheit
verstattet nicht Sie zu trösten. Wil deßwegen nur dieses wünschen: Daß
GOtt sein Antlitz über Sie mit
Gnaden leuchten lasse / damit Sie dessen Heil. Willen sich ergeben / an seiner
Gnade fest halten / und in allen Wellen der Trübsahl Ihren Glauben auf seine
Göttliche Güte fest anckern und gründen mögen; Daß Sie auch in dem Glauben an
JEsum beständig bleiben / und einmahl wenn Sie sterben / zur Unsterblichkeit
gelangen mögen.
GOTT sey auch ein Trost und Stärcke unserm Durchlauchtigsten Landes-Vater. Er
bewahre dessen Durchl. wie einen Aug-Apffel / trage Ihre Seele in seinen Händen
/ und lasse alles was Sie in den leiblichen Leben betrüben / an einem
geistlichen Leben in CHristo hindern kan / durch seine Hand / die alles ändern
kan / geändert werden. Er lasse Sie auch endlich so sterben / daß Sie in der
Unsterblichkeit bey JESU leben.
GOTT tröste alle die bey dieser hohen Trauer traurig worden. GOTT sey unser aller
Sonn und Schild / und lasse unsere Sonne in Ewigkeit nicht untergehen /
AMEN.
Beschluß.
Nun! Theure Landes-Sonn Du bist zwar untergangen / Doch hat im Himmel sich Dein
Glantz schon angefangen / Da Du verkläret wirst für GOttes Throne stehn / Und
Deine Sonne Dir wird niemahls untergehn.