Großbritannien.
London, 12 März.
In der kurzen Oberhaussitzung am 12 März wurden unter andern Petitionen mehrere von westindischen Pflanzern übergeben, welche bitten, in den Eingangszöllen auf ostindische Erzeugnisse keine Aenderungen vorzunehmen, welche den Interessen Westindiens zumal jetzt, wo es in Folge der Sklavenemancipation mehr oder minder neue Culturwege einschlagen müsse, Nachtheil bringen könnten. Lord Ellenborough brachte seine angekündigte Bill ein, welche für eine bessere Ausübung und Ueberwachung der Vaccination auf dem Lande Sorge tragen soll. – Im Beginn der Unterhaussitzung kündigte Hr. Hume an, er werde binnen vierzehn Tagen den Vorschlag machen (resp. wiederholen), daß die Pension von 21,000 Pf. St., welche der König von Hannover als Herzog von Cumberland bezieht, zu suspendiren sey, so lange derselbe Souverän jenes Staats bleibe. (Hört, hört!) Zugleich vertagte Hr. Hume seine angekündigte Motion in Betreff der orientalischen Angelegenheiten. Lord J. Russell übergab eine Petition von Hansard, dem Drucker des Hauses, um Schutz, da Stockdale eine neue Entschädigungsklage wider ihn habe anhängig machen lassen. Sir W. Follett fragte, ob nicht außerdem noch eine solche Klage im Gang sey. Lord J. Russell antwortete: „Allerdings, und zwar in der Grafschaft Hertford.“ (Hört! Stockdale scheint also die Drohung, seinen Gegner durch alle Gerichte des Landes zu hetzen, wahr machen zu wollen.) Sir Fr. Burdett überreichte eine Petition von Pearce, dem gefangen sitzenden
Schreiber des Advocaten Howard, worin dieser sich beschwert, man habe ihm für seine bisher im Gefängniß aus einem Speisehaus bezogene Kost eine Rechnung von 5 Pf. St. vorgelegt, die er zu bezahlen doch ganz außer Stand sey. (Der Herald erzählt, während der Sheriff Evans, wie sein College Wheelton, ohne Zahlung der Gebühren in Freiheit gesetzt worden sey, habe der Stabträger des Hauses dem armen Pearce zugleich angekündigt, wenn er obige Rechnung nicht alsbald bezahle, werde die Speiselieferung aufhören.) Sir Francis fügte bei, er werde nächsten Tags auf Freilassung des Hrn. Pearce antragen. Nach einer Weisung des Sprechers erschien sofort der Stabträger an den Schranken, und zeigte an, daß der in Newgate sitzende Advocat Howard gegen vier Boten des Hauses der Gemeinen, Stein, Bellamy, Lead und Mitchell, abermals eine Klage „wegen Störung seines Hausfriedens“ anhängig gemacht habe! – Hr. M'Kinnon fragt, ob die Zeitungsnachricht, daß der Generalstatthalter von Indien an China den Krieg erklärt, officiell bestätigt sey. Lord J. Russell antwortete, die Regierung habe keine officielle Nachricht über irgend einen Act, der einer Kriegserklärung gleich komme. Die Regierung habe dem Generalgouverneur die Weisung zugehen lassen, gewisse Rüstungen zu veranstalten, und diese hätten vermuthlich das Gerücht von der Kriegserklärung veranlaßt. Indeß spreche er nur nach Vermuthung; amtliche Berichte fehlten. Sir R. Peel: „Angenommen, daß die Zeitungsnachricht sich bestätigt, und eine Kriegserklärung erfolgt ist, erlaub' ich mir zwei Fragen an die Regierung. Erstens, soll dieser Krieg mit China auf Kosten des Vereinigten Königreichs geführt werden? Zweitens, wird eine besondere Botschaft von der Krone, welche die Absicht der Feindseligkeiten ankündigt, ins Parlament gebracht werden?“ Lord Palmerston: „Jede Communication (sic!), die mit der Regierung von China stattfinden dürfte, wird wohl auf Autorität und im Namen der Königin von Großbritannien vor sich gehen. Jedweder Beistand, den der Generalgouverneur von Indien uns bei etwanigen Operationen gegen China leisten mag, wird England geleistet seyn, und also nicht auf Rechnung der ostindischen Compagnie treffen. Die Regierung ist nicht gesonnen, über diese Sache eine Botschaft ins Parlament zu bringen.“ Sir R. Peel wiederholt seine Frage in etwas anderer Wendung, und Lord Palmerston erklärt nochmals, die „Communicationen“ mit China würden im Namen der Souveränin von Großbritannien, nicht auf Autorität und Rechnung der indischen Compagnie statthaben. Sir R. Peel: „Wenn ein Krieg von der ostindischen Compagnie auf ihre eigenen Kosten unternommen würde, dann fänd' ich die Nichteinbringung einer Botschaft darüber begreiflich, denn Präcedentien würden dafür sprechen. Wird hingegen ein Krieg im Namen Ihrer Maj., auf Autorität und Kosten Englands begonnen, dann sollte, meines Erachtens, das Haus auf formelle Weise davon in Kenntniß gesetzt werden.“ Lord Palmerston: „Ich habe nicht von Krieg oder Feindseligkeiten, sondern von „Communicationen“ gesprochen.“ Hr. Palmer fragt, ob die dem Lord Auckland zugefertigten Instructionen den an den seitdem verstorbenen Admiral Sir F. Maitland übermachten conform lauteten oder nicht. Lord Palmerstons leise Antwort war auf der Galerie nicht vernehmbar. Auf eine Bemerkung von Hrn. Herries erklärte er, alle Correspondenz die zwischen den Entschädigung ansprechenden Eigenthümern des confiscirten Opiums und der Regierung stattgefunden, befinde sich unter den auf dem Tische des Hauses liegenden, China betreffenden Papieren. Die Sitzung dauerte noch, als die Post abging.
Ungeachtet dieser ministeriellen Erklärung wird der Krieg gegen China allgemein als gewiß betrachtet. „Die Kaufleute und Speculanten in Thee,“ sagt der Standard, „sehen der nächsten Post aus China mit Spannung entgegen. Das Gerücht geht, die chinesische Regierung habe Caperbriefe ausgegeben, das Meer schwärme von ihren Kriegsdschunken, und brittische Handelsschiffe und brittisches Eigenthum in großem Betrag seyen von ihnen zerstört worden.“
Am 11 März feierten die Whigs ein großes Fest. George Byng Esq., dem whiggischen Nestor des Hauses der Gemeinen, in welchem er die Grafschaft Middlesex seit fünfzig Jahren (im 15ten Parlament) vertritt, ward in dem zu diesem Zwecke prachtvoll geschmückten Drurylane-Theater, zur Feier seines halbhundertjährigen parlamentarischen Jubiläums, ein glänzendes Diner gegeben, bei welchem der Herzog von Bedford den Vorsitz führte. Die ersten whiggischen Notabilitäten, männliche und weibliche, waren in großer Zahl anwesend; der Herzog von Sussex hatte ein verbindliches Billet geschrieben, worin er beklagte, diesem schönen Fest nicht beiwohnen zu können. Die Hauptredner, außer dem Gefeierten, waren Lord. J. Russell und Hr. Lalor Shiel. Hr. O'Connell, welchen Hr. Byng im Verlaufe seiner Rede einen großen Mann nannte, war zu erscheinen abgehalten. (Wir kommen auf das Fest zurück.)
Nachdrucks-Gesetzgebung in England. Hr. John J. Lowndes, Advocat am Inner Temple in London, hat so eben eine Schrift über den Nachdruck herausgegeben, die ganz geeignet ist, die Bemühungen zu unterstützen, die einer seiner Collegen im Parlamente, der Sergeant Talfourd, anwendet, um ein Gesetz zu erwirken, das über die Sicherstellung des geistigen Eigenthums in Großbritannien keinen Zweifel mehr übrig läßt. So wie die Sachen jetzt in seinem Vaterlande stehen, meint Hr. Lowndes, scheinen die vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen, die allerdings ursprünglich gegeben seyen, um den Autoren ihre Rechte zu sichern, mehr dazu benützt zu werden, dieselben einzuschränken, zu umgehen und zu beeinträchtigen. Der Verfasser behauptet, daß England in dieser Beziehung gegen die meisten übrigen Länder zurückstehe; namentlich sey es nicht genug gegen den Verkauf der im Auslande erscheinenden Nachdrucke Englischer Werke gesichert, denn man könne jetzt in London die Pariser Ausgaben von Byron, Moore und Hallam für wenige Shillinge haben. Hr. Lowndes gibt auch eine Uebersicht der Gesetzgebung über den Nachdruck in andern Ländern, wobei Preußen, als den meisten übrigen ein Beispiel gebend, vorangestellt wird. Auch die Vereinigten Staaten von Nordamerika haben in der letzten Zeit das absolute Eigenthumsrecht der Schriftsteller an ihren Werken anerkannt, und ein Comité der gesetzgebenden Versammlung in Washington hat sogar darauf angetragen, dieses Recht auch ausländischen Schriftstellern zu gewähren. In den skandinavischen Ländern und in Spanien ist das Verlagsrecht durch keine Zeitbestimmung eingeschränkt und daher als ein immerwährendes zu betrachten. In Frankreich gilt es bis zu einem Termine von zwanzig Jahren nach dem Tode des Verfassers, doch soll dieser Termin jetzt noch erweitert werden. In Holland und Belgien gelten die Bestimmungen des französischen Gesetzbuches auch in dieser Beziehung. In Rußland dauert das Verlagsrecht fünfundzwanzig Jahre. Ueberall (?) aber werden die Vergehungen gegen das geistige Eigenthumsrecht strenger beaufsichtigt und stärker geahndet, als in England.
Frankreich.
Paris, 14 März.
(Journal des Débats.) Der constitutionelle Verein (die 221) hat sich am 13 Abends versammelt. Er war noch zu keiner Zeit so zahlreich gewesen. 185 Mitglieder waren anwesend.
Die Commissarien haben der Versammlung angekündigt, daß die alte Majorität als neu und mit Zuwachs constituirt betrachtet werden könne. Diese Aeußerung ward mit lebhafter und einstimmiger Befriedigung aufgenommen. Die Versammlung hat sich sodann mit Bezeichnung der Candidaten beschäftigt, die für die Commission der geheimen Fonds vorgeschlagen werden sollen.
Das Pays gibt über die Versammlung der Conservativen noch folgende Details: „Hr. Jacques Lefebvre hat bei der Sitzung präsidirt. Man sagt, daß der größte Theil des rechten Centrums sich dem Hrn. Duchatel anschließe, und daß wenigstens 25 Stimmen des linken Centrums den HH. Passy, Dufaure und Teste getreu bleiben. Dieß ist die loyale und nothwendige Folge des Gesetzes der Wahlverwandtschaften. Wenn sich die Fraction des linken revolutionären Centrums der revolutionären Linken mit Hrn. Thiers nähert, so ist es vernünftig und politisch, daß sich die conservative Fraction des linken Centrums mit ihren Chefs den conservativen Centren nähert. Die Conservativen aller Schattirungen werden wie Ein Mann votiren; denn die Intriguen, die Einzelnzusammenkünfte, die Drohungen mit Absetzungen und Auflösung sind zur Schmach des Ministeriums ausgeschlagen. Eine einzige Stimme, nur eine einzige, ging von Gruppe zu Gruppe umher, um zu Gunsten des Hrn. Thiers das Anwerbungssystem durch Schmeicheleien und Drohungen fortzusetzen; diese unselige Stimme war die des Hrn. Vatout. Man ließ aber Hrn. Vatout mitten in seinen unvollendeten Phrasen stehen, und kehrte ihm den Rücken.“
Das J. des Débats resumirt die Lage folgendermaßen: „Zwei gleich wichtige Umstände müssen der conservativen Meinung vorzugsweise am Herzen liegen: der förmliche Beitritt der Linken zu der Regierung des 1 März; die triumphirende, spottende, herausfordernde Sprache ihrer Journale, und das harmlose Stillschweigen des Ministeriums. Die alte Opposition hält mit ihren nahen Hoffnungen durchaus nicht hinter dem Berge; sie spricht von den Ministern, wie wenn sie mit ihr durch einen Theilungstractat verbunden wären. Inzwischen bewacht sie die Zugänge zur Staatsgewalt; sie stellt sich an der Thüre der Hotels und der ministeriellen Salons als Schildwache, wie ein wachsamer und interessirter Posten auf. Was das Ministerium betrifft, so läßt sich nichts weiteres darüber sagen, als daß es die Majorität nicht hat, daß es nicht weiß, wo es sie nehmen soll, daß es sie nehmen wird, wo es sie finden wird oder zu finden hofft. Dieß ist allerdings ein ganz aufrichtiges Geständniß, nur ist diese Aufrichtigkeit sehr sonderbar, und könnte leicht einen andern Namen verdienen, vorzüglich wenn man bedenkt, mit welcher Härte die Minister des 1 März ihren Vorgängern vorgeworfen haben, nicht zu sehen, wo die Majorität sey, und sich immer keck gerühmt haben, eine Majorität zu besitzen, die ganz bereit sey, für sie und mit ihnen zu regieren. Die Conservativen wissen sonach, daß die Linke dem Ministerium ihren Beistand versprochen hat. Die Journale dieser Partei behaupten, daß das Ministerium der Linken ewas versprochen habe; das aber, was das Ministerium versprochen, hat noch Niemand gesagt, und doch sollte es Jedermann so bald als möglich erfahren. Die Lage ist folgende. Wir haben ein parlamentarisches Ministerium, das ein Vertrauensvotum verlangt, um Zeit zu gewinnen, sich eine Majorität zu verschaffen. Das Vertrauen, um das man buhlt, soll durch förmliche Versprechungen und Verpflichtungen gewonnen werden. Die conservative Meinung wird ohne Zweifel einsehen, daß eine solche Lage nur zum großen Nachtheil der Ordnung, des parlamentarischen Ansehens und der Interessen des Landes länger fortdauern könnte.“
Auf die gestrige Frage des Journal des Débats, unter welchen geheimen Bedingungen die Linke dem Ministerium ihren Beistand leihe, antwortet der Constitutionnel, daß zwischen beiden kein geheimer Vertrag bestehe. Die Linke habe dem Cabinet nur deßhalb sich angeschlossen, weil dasselbe das constitutionelle Ergebniß der letzten Wahlen sey und mit ihm das Repräsentativsystem eine aufrichtige Anwendung finde. Ein solches Resultat beweise der Linken, daß keine Partei von der Gewalt systematisch ausgeschlossen, und daß hiezu nur eine einzige Bedingung nothwendig sey: die Majorität in den Wahlcollegien. In dem Entstehen des gegenwärtigen Ministeriums sehe die Linke eine Bürgschaft, daß jede Partei, welche die Majorität in der Kammer zu behaupten im Stande sey, außerhalb derselben kein Hinderniß zu überwinden habe. Das Beispiel des Vertrauens sey vom Thron herabgekommen, und diese edle Initiative trage ihre Früchte. Um darüber sich nicht zu freuen, müsse man jener Fraction von wüthenden Moderirten angehören, welche durchaus Zwiespalt wünschen, da, wo Alles zur Versöhnung sich neige und die royalistischer seyn wollten, als der König selbst.
* Die Versammlung der Kammer in ihren Bureaux am 14 März um 1 Uhr war noch zu keiner Zeit so zahlreich und lebhaft gewesen. Mehr als 400 Mitglieder waren anwesend. Alle Minister-Deputirten hatten sich sehr früh eingefunden. Vier Gesetzesentwürfe waren an der Tagesordnung, aber nur der über die geheimen Fonds veranlaßte eine lebhafte und höchst wichtige Erörterung, indem das Ministerium erklärt hatte, daß es aus diesem Gesetz eine Cabinetsfrage mache. Das Resultat dieser ersten Prüfung war folgendes: 1stes Bureau. Hr. Lamartine ward zum Commissär ernannt. Er hatte 30 Stimmen unter 44. 2tes Bureau. Hr. Harlé erhielt 20 Stimmen gegen Hrn. Ganneron mit 19. 3tes Bureau. Hr. Caumartin erhielt 24 St. gegen Hrn. Saunac mit 20. 4tes Bureau. Hr. Wustemberg erhielt 23 St. gegen Hrn. Duvergier de Hauranne mit 14. 5tes Bureau. Hr. Berville 28, Hr. Barrada 17; 6tes Bureau. Hr. Amilhau 23, Hr. Calmon 19; 7tes Bureau. Hr. Havin 27, Hr. Gaillard-Kerbertin 16; 8tes Bureau. Hr. Berryer 21, Hr. Lanyer 17; 9tes Bureau Hr. Defitte 25, Hr. Galos 17. Im Ganzen hat das Ministerium fünf Commissarien durchgesetzt, die HH. Caumartin, Berville, Berryer, Havin und Defitte. Die 221 haben deren 4, die HH. Lamartine, Harlé, Wustemberg, Amilhau. Kurz das Ministerium hatte 191, die 221 183 Stimmen, ohne die weißen Zettel zu rechnen. Die Legitimisten enthielten sich an diesem Tage der Abstimmung. Die äußerste Linke votirte mit den 221. – Der Minister des Innern, der zum dritten Bureau gehört, erklärte, daß das Ministerium vollkommen und aufrichtig das Princip der parlamentarischen Regierung verwirklichen, durch die Kammern regieren, und sich auf die constitutionelle Majorität stützen würde. Das Ministerium werde suchen, die bereits gebildeten Allianzen fester zu knüpfen, diesen Allianzen aber keines der Interessen des Landes opfern. Die Wahlreform gehöre nicht zum Programm des Ministeriums; das Ministerium wolle sich durchaus nicht in die Bahn radicaler Uebertreibungen einlassen; es werde über die Septembergesetze eine Definition des Attentats geben, die geeignet sey, die constitutionellen Forderungen zu befriedigen.
Auf Befehl des Kriegsministers wird im Pariser Münzgebäude eine Medaille zum Andenken an die Vertheidigung von Masagran geprägt. Die eine Seite stellt die Ansicht des
Kampfes dar; auf der andern Seite liest man die Namen der 123 Vertheidiger.
Acht antike Basreliefs in Granit, die man in Constantine gefunden, sind in dem Hofe des Museums vom Louvre aufgestellt.
In Albi (Hauptort des Departements Tarn, von dem die Albigenser ihren Namen haben) soll dem unglücklichen Weltumsegler Lapeyrouse, der hier geboren, ein Denkmal errichtet werden. Die Regierung hat eine Beisteuer von 4000 Francs bewilligt.
Paris, 10 März. Die Menschen sind ihrer Natur nach dazu gemacht beherrscht zu werden; wenige verstehen sich selber zu beherrschen. In bessern Zeiten herrscht in Monarchien die Sitte, in Republiken der Gemeingeist; heute sind aber alle diese Elemente in Rauch aufgegangen: Demokratie und Despotismus – äußerste Individualisirung und zerbröckeltste Parteiung – gaffen einander grollend in die Augen. Da nimmt man denn ein Repräsentativsystem zu Hülfe, um etwas Gemeinsinn, und wo möglich etwas Sitte in diese Antithesen der Demokratie und des Despotismus hineinzuflicken; aber nichts will werden als purer Wortkram der Tribune, Intriguen der Coulissen. Eine wahre Politik, höhere Gesetzlichkeit kommen nicht zum Vorschein. Weßhalb? Weil dazu eine große moralische Autorität, eine siegende Kraft und Ueberlegenheit des Geistes gehört, der französische Pitt oder Chatham aber noch geboren werden soll, während die französischen Walpoles grassiren. Dieses französische Repräsentativsystem – welches mit dem englischen auch nicht das Geringste gemein hat – ist heutzutage nichts Anderes als ein Colle ium von ministeriellen Beamten einerseits, von antiministeriellen Tribunen andrerseits, so wie die Presse sich ebenfalls in eine ministerielle und antiministerielle theilt. Nichts als Haß auf Stellen und Vertheidigung der Stellen. Wird Thiers der Retter seyn? der Pitt? der Chatham? Seine Schmeichler sagen ihm: mehr als dieß; ihre Bewunderung seines Genie's hat einen unglaublichen Enthusiasmus des Zeitungsdilettantismus erreicht, denn das neunzehnte Jahrhundert ist in geistiger Hinsicht das Zeitalter der Zeitungen, in materieller das der Dampfschiffe und Eisenbahnen. Hr. Thiers, welcher eine bändereiche Geschichte der Revolution geschrieben hat, ist der Koloß der Zeitungsmacherei, der durchdachteste, vollendetste Ausdruck unsers Jahrhunderts. Nach dem riesenhaften Napoleon ein umgekehrter Riese – das ist in der Ordnung. Immerhin wird der kleine Thiers seine Gegner der Kammer zu Grabe läuten; sie wollen ihn eigentlich Alle und glauben an ihn, denn er ist witziger als sie, und vor seinem Witze werden ihre Feindschaften zu Schanden.
Deutschland.
München, 17 März. Diesen Morgen halb 9 Uhr verschied nach längern Leiden im Alter von 58 Jahren der königl. bayerische Finanzminister, Großkreuz, Comthur und Ritter verschiedener Orden etc. Dr. Ludwig v. Wirschinger. Geboren zu Stadtamhof bei Regensburg, der Sohn bürgerlicher Eltern, erhielt er nach vollendeten Rechtsstudien noch unter fürstl. primatischer Regierung als Pfleger zu Wörth seine erste Anstellung. Im Jahr 1811 wurde er in königl. bayerische Dienste übernommen, erst zum Polizeicommissär in Landshut bestimmt, in demselben Jahre aber in gleicher Eigenschaft nach München versetzt, im Jahr 1818 zum Polizeidirector in Augsburg, 1819 zum Stadtcommissär und Regierungsrath daselbst ernannt. Im J. 1823 wurde er Ministerialrath im Ministerium des Innern, 1827 Vorstand der Generalzolladministration und zugleich als Ministerialrath der Finanzen verwendet. 1833 erhielt er den Titel und Rang eines wirklichen geheimen Rathes und wurde am 2 Jan. 1835 zum Staatsrath im ordentlichen Dienste und zum Finanzminister befördert. Der König verliert in ihm einen treuen Diener, die Regierung einen gewandten Vertreter und ausgezeichneten Geschäftsmann. Seit 17 vollen Jahren hier in ununterbrochener Geschäftsthätigkeit und sich keine Erholung gönnend, unterlag der rüstige Körper der Anstrengung, aber noch bis zu den letzten Tagen, wiewohl qualvoll leidend und seinen Tod voraussehend, ließ er sich vortragen und unterzeichnete. Seine Familie betrauert in ihm einen liebevollen Gatten und Vater. – I. D. die Fürstin von Thurn und Taxis, Gemahlin des königl. Kronoberstpostmeisters etc., ist zum Besuche ihrer Schwester, der jungen Fürstin Bertha von Oettingen-Spielberg, die vor einigen Tagen noch gefährlich krank, sich jetzt auf dem Wege der Genesung befindet, hier eingetroffen.
München, 17 März. Die Kammer der Abgeordneten setzte heute die Berathung über den Gesetzesentwurf, in Betreff der bayerischen Wechsel- und Hypothekenbank fort und zwar zunächst über Art. 1 des zweiten Entwurfes (resp. nach der Zusammenstellung mit dem ersten Entwurfe nun Art. 2). Hiezu hatte Graf Buttler die Modification vorgeschlagen: „Jedoch dürfen sie den 4ten Theil der Gesammtsumme der emittirten Banknoten nicht überschreiten.“ Weder diese Modification, noch der Art. 2 selbst, welcher dahin ging, „daß die Bank verpflichtet ist, ihre Noten sogleich auf Begehren bei ihren Cassen einzulösen, Banknoten, deren Betrag geringer als 10 fl. seyn soll, können nur zu dem Betrage von 5 fl. ausgestellt werden,“ wurden angenommen. Ebenso wurde der ganze Art. 2 (nun 3) durch Kammerbeschluß verworfen. Auch die Modification hiezu von Freiherrn v. Freyberg fand die Zustimmung der Kammer nicht. Letztere beabsichtigte folgende Redaction: „Die Bank ist zu diesem Behufe berechtigt, nicht nur die verfallenen Zinsen, sondern auch die verfallenen und rückständigen Annuitäten, dann Capitalfristenzahlungen bis zum Betrage von 1/10 des ursprünglichen Capitalstocks bei hypothekarischen aufkündbaren Darlehen ohne Annuitäten nach dem §. 52 des Hypothekengesetzes vom 1 Jul. 1822 einzuklagen und zur Execution zu bringen, wenn sie sich dieses in den von nun an zu errichtenden Darlehensverträgen ausbedungen hat.“ – Freiherr v. Schäzler hatte nach dem Schlusse dieses Gesetzes zwei Wünsche vorgeschlagen: a) die königl. Regierung wolle veranlassen, daß der §. 73 der Bankstatuten dahin abgeändert werde, es dürfen fernerhin eigene Bankactien nicht mehr in Depot genommen werden; b) solche Bestimmungen zu veranlassen, wonach die bei der bayerischen Hypotheken- und Wechselbank dermalen in Depot befindlichen eigenen Bankactien und Promessen in einem näher zu bestimmenden Zeitraum (allenfalls von 6 Monaten von Abänderung des Gesetzes) wieder bei der Bank ausgelöst werden müssen. – Ferner beantragte Freiherr v. Gumppenberg den Wunsch: Es wolle bei Abschätzung der Güter zum Behufe der von der Bank zu reichenden Darlehen mehr, als es bis jetzt geschehen ist, Rücksicht auf die Meliorationen genommen werden, indem gerade die fleißigen, intelligenten Landwirthe es sind, welche eine Unterstützung vor Allem verdienen.“ – Diese Wünsche erhielten zwar die Zustimmung der Kammer, indeß da bei der definitiven Abstimmung beider in ein Gesetz vereinigten Entwürfen die Zustimmung der Kammer mit 59 gegen 48 Stimmen versagt wurde, so erschien dadurch jene Annahme wieder als aufgehoben.
Baden-Baden, 15 März. Gestern Vormittag um 11 Uhr ist General Guilleminot gestorben, nachdem er bereits eine geraume Weile hoffnungslos an einer Brustentzündung danieder gelegen. Die Leiche wird, der letztwilligen Verfügung des Verstorbenen gemäß, nach Frankreich gebracht. Die trockene Kälte, hervorgebracht durch den Wochen lang anhaltenden steifen Nordostwind, war überhaupt dem allgemeinen Gesundheitsstand auch hier sehr ungünstig, und ließ häufig ganz gewöhnliche katarrhalische Anfälle zu ernstlichen Krankheiten ausarten; so war auch die Ursache vom Tode des nahe an siebenzig Jahre alten Generals keine andere, als ein in seinem Beginn vernachlässigter Schnupfen. Die Arbeiten der Rheingränzberichtigung, welche Guilleminot als französischer Bevollmächtigter leitete, sind, bis etwa auf ein paar Kleinigkeiten, beendigt, das letzte friedliche Werk eines der Krieger des großen Kaisers, welche jetzt nachgerade einer um den andern vom Schauplatz abtreten. Mit welchen Empfindungen mochte er in der letzten Zeit auf Konstantinopel blicken, der letzten Scene seiner umfassenden Thätigkeit!
Vom Main. Das Pariser Capitole, welches sich seit seinem annoch kurzen Bestehen bereits manchen Wechselfällen ausgesetzt sah, zeigt in seiner Nummer vom 27 Febr. an, daß es in den Besitz eines Hrn. Jourdain, ancien Magistrat, übergegangen sey. Hr. Charles Durand erscheint also nicht mehr als dessen Hauptredacteur; in einer im Eingang jener Nummer stehenden Bezeichnung des politischen Standpunktes des Blattes verspricht die Redaction, daß sie dessen bisherigem Streben, und sonach dem Napoleonismus treu bleiben werde. Dieß wird in folgenden Worten verkündet: „In Beziehung auf auswärtige Politik wird der Gedanke Napoleons stets der unsrige bleiben. Dieser ewige unveränderliche Gedanke war die Oberherrschaft Frankreichs über den Continent und die Befreiung Europa's von dem englischen Joch. Diese Befreiung muß Frankreichs Werk seyn. Sich auf Rußland stützend, um den Kampf gegen England durchführen zu können, muß unser Vaterland Rußland in Asien für das lohnen, was es in Europa durch dessen Beihülfe gewinnt. Eine Allianz der Art ist eben so sachgerecht als erhebend für die Einbildungskraft. Rußland ist die civilisirende Macht für Asien, wie Frankreich dieß für Europa ist. Indem wir den nordischen Koloß gegen Indien und China drängen, werden wir uns als Ersatz die Rheingränze, das Protectorat über Spanien, Italien und Deutschland und die Macht und das Recht sichern, ganz Europa Gesetze vorzuschreiben, welche die Gerechtigkeit, den Frieden und die Freiheit zum Ziele haben!“ In diesem Styl fährt der Artikel – das Manifest der neuen Redaction – fort, die Träume eines kranken Gehirns auszukramen. Gehörten selbige diesem Blatt allein an, so würde es wohl nicht der Mühe lohnen, auch nur eine Sylbe darüber zu verlieren. Dem ist aber nicht also; das, was das Capitole hier sagt, hat, genau erwogen, den Werth des freimüthigen Geständnisses einer Idee, welche in vielen französischen Köpfen spukt, und in dieser Fassung auch wohl nur in solchen Köpfen Eingang finden konnte. Der Plan ist, wie das Capitole gesteht, erhebend für die Einbildungskraft, jedoch wohl nur für die französische; um die Gefühle der übrigen Nationen des Continents dürfte es wohl anders stehen. So möchte namentlich der nordische Koloß die Theilung des Rayons für das Civilisationsunternehmen wohl nicht ganz billig finden. Andrerseits könnten auch in den auf Bonapartische Art zu civilisirenden Reichen des europäischen Continents sich Stimmen erheben, welche gegen dergleichen Proceduren einigen Einspruch thäten, und Recht, Friede und Freiheit in andern Richtungen sichern zu können glauben möchten. Der Wahnsinn jedoch hat stets eine Seite, von wo aus er der Vernunft verständlich wird. Auch in dem vorliegenden Falle drängt sich beim Anhören jener Ausbrüche eines, durch ungezügelte Herrschaft kindischer Eitelkeit und rohen, räuberischen Gelüstes nach fremdem Gute verschuldeten Irreseyns die Erwägung auf: in welch traurigem Zustande sich das Land befinden müsse, in welchem es solchen Producten geistig krankhafter Zustände auch nur möglich ist, irgend einen Anspruch auf den Rang und Titel politischer Plane zu machen. Wahrlich, es ist nicht nöthig, Europa heute vor jenem Geiste zu warnen. Wenn die angerathenen Versuche nicht schon gemacht wären; wenn die Heere des Welteroberers noch am Niemen stünden; wenn Europa die Süßigkeiten einer, zur Universalmonarchie strebenden Militärherrschaft noch niemals kennen gelernt, wenn es sich noch in keiner frühern Periode mit äußerster Anstrengung gegen eine solche emporgerafft hätte; wenn die Jahre 1812 bis 1815 nicht da gewesen, oder die Erinnerungen aus dieser Zeit bis auf die letzte Spur erloschen wären; wenn in Deutschland namentlich Alles, was Geistesbildung, Nationalehre, Sprache,
Sitte und Vaterlandsliebe heißt, keinen Halt und keine Wurzel mehr hätte – dann wäre es Zeit, die Plane des Capitole zu fürchten. Und selbst dann noch würde Europa berechtigt seyn zu fragen: woher dem wieder ins Leben sich zurückdrängenden Gespenste den Leib, woher dem neuen Bonapartismus der Bonaparte kommen sollte? Jene mitleidswürdigen Gestalten, die sich mit den Lappen des zerrissenen Kaisermantels behängen möchten, auch nur als Gegenstände ernster Besorgniß anzusehen – diese Zumuthung wäre für jene eine Ehre, die sie selbst in Verwunderung setzen würde, für Deutschland aber eine ärgere Schmach als Alles, was ihm seit Menschengedenken Schimpfliches angethan worden.
Kassel. In der Sitzung der Ständeversammlung vom 12 März berichtete v. Eschwege 2r über den Militäretat. Der Kriegsminister, Generallieutenant v. Loßberg, war zugegen. Obrist Schmidt vertheidigte als Regierungscommissär die Propositionen. Bei der Berathung des Etats der Cavallerie, wo ein Mehrbetrag von 40,000 Thlrn. zur Errichtung von zwei Schwadronen beantragt war, wurde dieser abgelehnt. (K. A. Z.)
Göttingen, 13 März. Seit acht Tagen circulirt bei sämmtlichen Mitgliedern der Universität, sofern sie Professoren oder diesen gleichstehend sind, ein Rescript hohen Universitätscuratoriums, worin in den gnädigsten Ausdrücken die Universität gelobt wird, daß sie gewählt habe; zugleich ist im Auftrage Sr. Maj. versichert, alles Vergangene soll vergessen seyn. Während alle Uebrigen diesem Schreiben ein bloßes vidi oder ihren Namen beigefügt, haben zwei wirkliche Mitglieder der medicinischen Facultät, Langenbeck und Marx, unterschrieben: „mit dem größten Vergnügen gelesen.“ Es ist dieses im höchsten Auftrag erlassene Schreiben jedoch schon kurz nach der Wahl und zu einer Zeit erlassen, wo man hoffte, daß das ganze Land „der freien unabhängigen Intelligenzwahl“ der Universität folgen würde, und wo man der unbedingten Annahme der Wahl von Seite des Justizraths Bothmers sicher entgegen sah. Bis auf den heutigen Tag ist inzwischen noch kein Antwortschreiben von dem Gewählten hier angelangt, und man versichert, daß derselbe einem ihm nahestehenden, dem Cabinet sehr befreundeten Verwandten die Erklärung gegeben habe, sein Eintritt werde allein davon abhängen, ob sich die größeren Städte zur Beschickung der zweiten Kammer verständen. Im gleichen Sinn hat sich auch der Deputirte der Stadt ausgesprochen. Mit den Ergänzungswahlen scheint es jedoch den erwünschten Fortgang nicht zu nehmen; die Hannover'sche Zeitung ist bei der Aufzählung der dritten Wahl stehen geblieben. Die Stadt Uelzen hat gewählt, da aber diese Wahl eine Minoritätswahl war, so scheint das Cabinet dieselbe zu ignoriren, wenigstens ist, nachdem die Wahl schon in der Hannover'schen Zeitung publicirt war, der Stadt Uelzen eine Aufforderung zur Vornahme der Wahl zugegangen. Uebrigens ist nicht Ritter, sondern Gieseler als Prorector bestätigt, wie dieß nach den Vorgängen vom 21 Febr. auch das Wahrscheinlichere war. Die Vorlesungen an der Universität werden erst in der mit dem 22 d. M. beginnenden Woche geschlossen, worauf dießmal streng gehalten werden soll, da jeder Lehrer, nach einem schon vor einigen Wochen eingegangenen Rescript des Curatoriums, selbst anzeigen muß, an welchem Tage er seine Vorlesungen beendigt habe. – Die als Broschüre abgezogenen Verhandlungen der sächsischen Kammer über die hannover'schen Verfassungsangelegenheiten wurden verboten, und werden schon deßhalb, wie auch die neuesten Verhandlungen der großherzoglich hessischen Kammer, mit großer Gespanntheit in den Tagsblättern gelesen.
Ein Besuch beim Vladika von Montenegro.
(Beschluß.)
Wenige Tage vor unserer Ankunft in Czetinje waren zwei Montenegriner, angeblich wegen Bruchs des Waffenstillstandes mit den österreichischen Gränznachbarn und an einem Soldaten begangenen Raubs, vor den Fenstern des Klosters erschossen worden. Dieser Vorwand soll jedoch dem Vladika die erwünschte Gelegenheit geboten haben, Männer aus dem Wege zu räumen, die einer ihm verhaßten Familie angehörten. Derselbe Gewährsmann, auf den ich mich schon weiter oben berief, war einmal Augenzeuge einer Hinrichtungsscene, und die Beschreibung des Verfahrens, das in Montenegro bei Executionen in Anwendung gebracht wird, dürfte hier an ihrem Platze seyn. Mein Gewährsmann hatte die Nacht in Czetinje zugebracht, und nahm eben in Gesellschaft des Vladika sein Frühstück ein, als im Angesichte des Klosters, fast unter seinen Fenstern, die Anstalten zur Hinrichtung zweier, durch den Senat verurtheilten Montenegriner gemacht wurden. Der Vladika sagte lächelnd und seinen Kaffee ungestört schlürfend: „Ich bedaure, Ihnen gerade beim Frühstück dieses Spektakel geben zu müssen.“ Achtzig bis hundert Mann von der Landguardia waren aufgeboten worden, um den Act der Gerechtigkeit zu vollführen; sie waren in einer langen Linie nach Art unserer Vedettenketten, doch in sehr kleinen Intervallen aufgestellt worden und erwarteten mit geladenem Gewehr und gespanntem Hahn die Delinquenten. In einer Entfernung von etwa vierzig Schritten vor dieser Linie lag ein ziemlich großer Stein, der die Bestimmung hatte, die Entfernung zu markiren, welche die Unglücklichen erreicht haben mußten, bevor es erlaubt war, auf sie Feuer zu geben. Schweigen herrschte in der Reihe der Schützen, welche, wie zu einer Treibjagd versammelt, auf das Wild zu warten schienen. Jetzt wurden die Opfer aus dem alten Kloster herausgeführt, ihre Hände waren auf den Rücken gebunden, der Wind blies durch die langen Haare, welche die bleichen Gesichter überschatteten. Man stellte sie dicht vor die Schützenreihe, drehte sie dann rasch mit dem Rücken gegen dieselbe, und sie in der Richtung nach dem Steine hin stoßend, rief man ihnen zu: „Lauft, was ihr laufen könnt!“ Als sie die Entfernung erreicht hatten, in welcher der Stein lag, entluden sich alle Gewehre auf die Fliehenden, und diese stürzten, von zwanzigfacher Todeswunde ereilt, zu Boden. Es soll sich mehr als einmal zugetragen haben, daß es dem Opfer einer solchen Menschenjagd gelang, unverletzt oder nur leicht verwundet zu entkommen und in der Türkei Sicherheit zu finden. Wenn er seines Opfers gewiß seyn will, zumal wenn in den Reihen der Landguardia einige Sympathie für den Verurtheilten zu befürchten ist, theilt der Vladika mehrere seiner verläßlichen Perianiczen unter sie ein, die das Wild dann sicher nicht fehlen. Den Grund zu dem seltsamen Verfahren, das in Montenegro bei Hinrichtungen in Anwendung gebracht wird, ist wohl nicht schwer zu finden. Ein Einzelner, der sich als Werkzeug gebrauchen ließe, würde mit mathematischer Gewißheit als Opfer der Blutrache fallen, welche von den Angehörigen des Hingerichteten als eine heilige Verpflichtung gegen die Manen desselben betrachtet würde, während sich bei der oben beschriebenen Weise durchaus nicht ermitteln läßt, wessen Kugel getroffen hat.
Bei Signor Toni, der Miene machte uns zu verlassen, um sein Bett zu suchen, erkundigten wir uns, ob es denn wahr sey, daß vierzig feindliche Köpfe, welche in dem letzten Scharmützel mit den Türken gefallen, als Siegstrophäen vor dem Kloster aufgepflanzt seyen? Er meinte, wir dürften des Morgens nur unsere Fenster öffnen, um uns durch Augenschein davon zu überzeugen. Dann wünschte er uns eine gute Nacht und entfernte sich. Der Gedanke, den schauerlichen Insignien barbarischer Sitte so nahe zu seyn, verlieh der Nacht, welche wir in Czetinje zubrachten, den Charakter des Abenteuerlichen, und nur der Schlaf, der sich bleiern auf die Wimpern der Ermüdeten senkte, machte unsern Betrachtungen über das Seltsame unserer Lage ein Ende.
Am andern Morgen trieb uns eine sehr begreifliche Neugierde ins Freie; wir sollten ja erst im hellen Tageslicht sehen, was die Nacht der Malerin Phantasie zu eigen gegeben hatte: das alte Kloster, das Castell mit den 40 Türkenköpfen, den neuen Wohnsitz des Vladiken, kurz das Gesammtbild von Czetinje. Wenn die Gebäude, von denen hier die Rede ist, ziemlich ansehnlich erscheinen, so ist's wohl nur für ein durch die Nacktheit und Armseligkeit dieses Felsenlandes vorbereitetes Auge. Der Abstand der Residenz gegen die Hütten des Volkes ist beiläufig nicht größer als der, welchen das Budget von 44,000 fl. gegenüber den armseligen Erwerbsquellen der Unterthanen bildet. Neben dem alten Kloster, das, einem Patricierhause des siebenzehnten Jahrhunderts nicht unähnlich, weder stattlich noch armselig genannt werden kann, steht auf einer Anhöhe eine Art halb ausgebauten runden Thurmes, der mit dem Namen Castell bezeichnet wird, um den türkischen Gränznachbarn, wenn sie davon reden hören, zu imponiren, und ihnen die Lust zu benehmen, die sie etwa verspüren könnten, einen Besuch in Czetinje abzustatten. Der Thurm trägt statt des Daches 40 Holzpfähle, auf denen die Köpfe der erschlagenen Feinde prangen. Aus der Ferne gesehen, gleicht diese wundersame Citadelle einem Nähpolster, welcher mit halbversenkten Stecknadeln verziert ist. Das neue Kloster, in welchem wir übernachtet, ist vom jetzt regierenden Vladiken erbaut worden und hat von außen das Ansehen einer Caserne oder eines Spitals. Es ist nur einen Stock hoch, und der Erbauer scheint weniger die Stattlichkeit der äußern Erscheinung als vielmehr die Bequemlichkeit und Gemächlichkeit im Innern vor Augen gehabt zu haben. Cavaliere Milakovich, der sich zu uns gesellt hatte, schien über unsern Wunsch, die aufgespießten Türkenköpfe in der Nähe zu schauen, höchlich erstaunt, und versicherte mich, als mein Begleiter in der bezeichneten Absicht die Anhöhe erstieg: er begreife nicht, wie man solche Gräuel besehen
könne, er, für sein Theil, ergreife jedesmal die Flucht, wenn Köpfe nach Czetinje gebracht würden, und habe es nie übers Herz bringen können, einen derselben in der Nähe zu betrachten. Der Gedanke, der während dieser Worte über seine Gesichtszüge hinglitt, entging mir nicht, und war ein ganz anderer als der, den er aussprach. Der mißtrauische Secretär schien vielmehr in diesem Augenblick der Vermuthung Raum zu geben, als seyen wir nach Czetinje gekommen, um uns die Ueberzeugung zu verschaffen, ob nicht auch Köpfe von österreichischen Soldaten Montenegro's Industrie-Ausstellung verherrlichten.
In unser Schlafgemach zurückgekehrt, erfuhren wir, daß Monsignore sogleich bei uns erscheinen werde. Ein Riese trat gleich darauf in Begleitung des Cavaliere Milakovich ein, grüßte uns, und überließ, wie am Abend zuvor sein Secretär, uns die Eröffnung des Gespräches. Die Gesichtszüge des Vladika sind nichts weniger als einnehmend: breite Formen, kleine lauernde Augen, fahle Gesichtsfarbe, sparsamer schwarzer Bart, und ein gewisses Etwas im Ausdruck, das eher List oder Schadenfreude als Entschlossenheit verräth. Er trug bürgerliche Kleidung; seine à la Cosaque geformten Pantalons vermochten, trotz ihrer Weite, den etwas ungebührlich großen Fuß nicht zu maskiren, die Weste war bis an den Hals zugeknöpft und der Capot, an dem das Tuch nicht gespart worden, war schlotternd und bequem. Auf dem Kopfe trug er einen rothen türkischen Fes, um den ein seidenes Taschentuch turbanartig gewunden war. Die Hände in der Tasche haltend, vermag Monsignore nicht einen Augenblick ruhig zu stehen; seine Bewegungen, die während unsers halbstündigen Gesprächs kaum unterbrochen wurden, glichen beinahe denen eines wilden Thieres, das, in einen Käfig gesperrt, den engen Raum, der ihm zu Gebot steht, von der Rechten nach der Linken und so umgekehrt beständig mißt. Der Bischof spricht außer der russischen und illyrischen Sprache nur die französische, deren Erlernung er einem Franzosen verdankt, welcher mit seiner hübschen jungen Frau zwei Jahre im Kloster von Czetinje zubrachte. Auf meine Frage, wie es Monsignore in Wien, das er zweimal besucht, gefallen habe, erfolgte nur eine halbe Antwort, die einer raschen Wendung des Gespräches Platz machen mußte, und mir die Ueberzeugung verschaffte, daß ich nicht das Lieblingsthema des Vladiken angestimmt habe. Auf einige Artigkeiten, die ich ihm rücksichtlich des Rufes sagte, den der „Einsiedler von Czetinje“ als Dichter genieße, erwiederte er fast eben so ausweichend, während Milakovich schamhaft zu Boden blickte. „Ich bin nicht im Alter, das der Poesie angehört,“ sagte der Bischof, „die Jugend ist die Zeit der poetischen Ergüsse, übrigens gehören unsere Dichtungen mehr dem Volke als irgend jemand Anderm an.“ Auf meine Frage, welche Richtung diesen poetischen Erzeugnissen eigen sey? erhielt ich die sehr bestimmte Antwort: „Unsere Poesie gleicht ganz der des Homer.“ Durch die Deutlichkeit dieser Antwort vollkommen zufrieden gestellt, gaben wir dem Gespräch eine andere Wendung und beantworteten unsererseits einige Fragen über gleichgültige Gegenstände. Nach einer halben Stunde war die Audienz beendigt. Ein kurzer Besuch, den wir Cavaliere Milakovich im alten Kloster abstatteten, schien diesem zu schmeicheln, denn er empfing uns mit ungewöhnlicher Freundlichkeit. Die reichlichen Trinkgelder, die wir an die Dienerschaft vertheilten, erzeugten unter dieser viel Heiterkeit. Monsignore ließ uns sagen, er wünsche uns noch einen Augenblick zu sehen, und empfing uns, bei der kurzen Abschiedsvisite, die wir ihm machten, in seinem Wohnzimmer. Ueber dem Schreibpulte prangte das Porträt Sr. Maj. des Kaisers Nikolaus von Rußland. Der Vladika gab uns einen seiner Perianiczen mit, der den Auftrag hatte, uns bis Cattaro zu begleiten. Auch der ehrliche Sbiro Martinovich stellte sich wieder ein, und so traten wir denn unsere Rückreise an, nicht ohne die wehmüthigen Blicke zu bemerken, die uns einige österreichische Deserteurs, und namentlich der arme Signor Toni nachwarfen.
G. F. Rank.
Andeutungen über das wahrscheinliche Erträgniß der Monzer-Eisenbahn.
Die Berechnung des wahrscheinlichen Erträgnisses einer Eisenbahn begründet sich einerseits auf die Bau- und Betriebskosten, andrerseits auf die zu hoffende Einnahme von der Personen- und Waaren-Frequenz.
Die Bau- und Einrichtungskosten von Monza sind festgesetzt und garantirt – ein Vorzug, dessen sich bisher wenige Bahnen rühmen konnten. Die Betriebskosten sind durch vielseitige Erfahrungen bei den in vollem Betriebe stehenden Bahnen so weit ermittelt, daß sie zuverlässig auf 40-60 Proc. der Brutto-Einnahme geschätzt werden können. Kurze Bahnen, die leicht zu übersehen sind, wo durch zeitige kleine Reparaturen oft spätere große Auslagen vermieden, und der kurzen Fahrten wegen die Maschinen weniger angestrengt werden, wo die anordnenden und ausübenden Kräfte so ineinander greifen, daß der größere Theil der Schreibereien wegfällt, und die strengste Aufsicht durch die geringsten Auslagen erzielt werden kann, haben unstreitig die größte Wahrscheinlichkeit verhältnißmäßig geringerer Betriebskosten für sich. Wenn demnach in Nürnberg laut mehrjährigen Erfahrungen die Betriebskosten nur 38 Proc. der Brutto-Einnahme betragen, so ist mit Zuversicht anzunehmen, daß dieselben in Monza unter ähnlichen Umständen das Maximum von 50 Proc. nicht übersteigen werden.
Eine schwierigere Aufgabe ist die richtige Schätzung der zu erwartenden Personen- und Waaren-Frequenz. Noch keine bisherigen Voranschläge haben letztere auch nur annähernd richtig geschätzt, doch gereicht es zu einer großen Beruhigung, daß dieselben überall mehr oder weniger durch die Wirklichkeit übertroffen worden sind. Es hatten demnach die bisher eröffneten Bahnen durchgängig ein weit höheres Erträgniß abwerfen müssen, als man bei ihrer Anlage erwartet hatte, wären nicht gleichfalls auch die Kostenanschläge, und zwar oft in sehr bedeutendem Maaße, unterschätzt gewesen, wodurch natürlich manche sehr unerwartete Resultate zum Vorschein kamen – eine bittere Erfahrung, die bei Monza nicht zu befürchten steht.
So weit die bisherigen Erfahrungen reichen, läßt sich die muthmaßliche Frequenz nicht bloß nach einzelnen Umständen, also nicht ausschließlich nach der Dichtigkeit der Bevölkerung, oder nach der Einwohnerzahl der Endpunkte, noch nach der bisherigen Frequenz berechnen, sondern es ist die möglichst richtige Lösung dieser Aufgabe ferner auch davon abhängig: ob die Bahn einem bedeutenden Bedürfnisse abhilft, ob sie im Stande ist, den alten Verkehr zu erhöhen, und einen neuen zu erzeugen, ob das Publikum sich leicht in neue Verhältnisse findet und dieselben eifrig zu benutzen pflegt u. s. w.
Wer die Verhältnisse von Mailand und Monza nicht nur durch oberflächliche Anschauung, sondern durch tieferes Eindringen in die eigenthümlichen italienischen Zustände kennt, wird gestehen, daß dort alle Umstände vorhanden sind, welche dieser Bahn eine sehr bedeutende Frequenz zuführen müssen.
Betreffend zunächst die Dichtigkeit der Bevölkerung, so beträgt dieselbe in den Umgebungen von Mailand, die Stadtbevölkerung ungerechnet, 12–20,000 Einwohner auf die Quadratmeile, eine Ziffer, die außer den ersten Hauptstädten schwerlich anderswo erreicht werden dürfte – und daher zu den schönsten Hoffnungen berechtigt. – Die Bevölkerung der beiden Endpunkte beträgt für Mailand 200,000, für Monza allein 20,000 Seelen; um Monza herum, im Umkreise einer Meile, leben weitere 40,000, hinter Monza, in der herrlichen reichen Brianza-Gegend, leben noch 60,000 Seelen, die alle, eben so sehr wie Monza selbst, für ihre Geldverhältnisse, den Ankauf ihrer Bedürfnisse und den Verkauf ihrer Erzeugnisse, von Mailand abhängig sind. Man hat den Grundsatz aufgestellt, die muthmaßliche Frequenz sey gleich der doppelten Bevölkerung der beiden Endpunkte. Die Erfahrung aber hat bewiesen, daß bei kurzen Bahnen, deren beide Endpunkte in gegenseitigem Verkehre stehen, die wirkliche Frequenz das 3 bis 4 und auch das 10fache der Bevölkerung der beiden Endpunkte erreicht hat. Wenn aber für die Monzer-Eisenbahn auch nur das Doppelte dieser Ziffer angenommen werden will, so müßte ihre Frequenz 640,000 Personen erreichen. – Andere Voranschläge haben den bisherigen Verkehr auf der Landstraße zum Grunde gelegt, und angenommen, daß derselbe sich durch die Eisenbahn verdoppeln werde. Auch hier hat sich gezeigt, daß unter günstigen Umständen die Eisenbahn nicht nur das Doppelte, sondern auch das 3-, 4- bis 10- und Mehrfache der frühern Frequenz erlangt hat. Für die Monzerbahn ist der bisherige Verkehr durch eine zehnmonatliche Zählung der Personen-Frequenz auf der Poststraße von Mailand nach Monza vom 1 März bis 31 December 1837, und zwar:
auf 1279 Personen täglich ermittelt worden, wovon nur 1/8 Fußgänger sind. – Hiervon bloß das Doppelte für die Eisenbahn angenommen, so würde eine Frequenz von jährlichen 933,670 Personen zu erwarten seyn.
Daß obige Annahmen keineswegs übertrieben sind, und daß die Wirklichkeit ein noch schöneres Resultat hoffen läßt, weil die natürlichen Verhältnisse der beiden Endpunkte eine Steigerung des Verkehrs sehr begünstigen, geht aber auch aus folgenden Umständen hervor: Mailand, in flachen, fetten Wiesengründen gelegen, hat keine schönen Umgebungen und eine schwere erschlaffende neblige Luft; erst in der Entfernung von ein paar Meilen gegen Norden hin wird das Land trockner und unebner, die Luft reiner und leichter. Wer es daher vermag, sucht sich, so oft er kann, durch einen Ausflug nach den Hügelgegenden zu erquicken; aber dieser Genuß ist gegenwärtig der Entfernung und der Kosten wegen nur Wenigen vergönnt, und die Masse der Bevölkerung muß die ihr so zuträglichen und überall so beliebten Ausflüge aufs Land entbehren. Bekanntlich haben wenige große Städte einen so allgemeinen Wohlstand wie Mailand, wo ein großer Theil des Bodenertrages der Lombardie einer Masse von Grundbesitzern zufließt und der Arbeiter gut bezahlt wird. Es wird demnach weder an Mitteln noch an Lust fehlen, eine Eisenbahn zu benutzen, welche den Genuß einer herrlichen Gegend jedem Stande zulänglich macht, welche dem Beamten, dem Geschäftsmanne, ja sogar dem bloßen Arbeiter die Bequemlichkeit darbietet, seinen Wohnsitz auf dem Lande zu nehmen, ohne seinen Beruf zu vernachlässigen oder seine Unkosten zu vergrößern, indem der Fahrlohn durch die geringern Miethen und Luxus-Ausgaben auf dem Lande ersetzt wird. Die Reize der Brianza-Gegend, welche, von prächtigen Villen und wohlhabenden Ortschaften besäet, einen einzigen Garten zu bilden scheint, sind in der Lombardie sprüchwörtlich; mittelst
der Zeitersparniß auf der Monzerbahn ist es möglich, mit den gleichen Pferden in Einem Tage ihre entferntesten Winkel zu besuchen, und wieder heimzukehren, wozu man gegenwärtig einen kostspieligen Pferdewechsel oder zwei Tage Zeit braucht, die Wenigen zu Gebote stehen. – Diese Bequemlichkeit kömmt nicht nur den Vergnügens-Reisenden, sondern auch den Grundbesitzern zu gut, die nun um so häufiger ihre Landgüter besuchen werden, je weniger Zeit und Geld solches kostet, und statt hierzu mehrere Seitenstraßen zu benutzen, sich künftig fast ausschließlich der Monzerbahn bedienen werden. Eben so erwünscht wird diese dem Seidenhändler seyn, der sich vom Stande der Maulbeerbäume, vom Ergebniß der Seidenernte, vom Gange seiner Filanda, seines Filatojo, selbst überzeugen und sich nicht, wie bisher, auf die unzuverlässigen Berichte Anderer verlassen will; nicht minder dem Baumwollgarnhändler, der die 4000 Baumwollwebstühle von Monza und die eben so zahlreichen der Umgegend, welche von Monza abhängen, mit dem Rohstoffe versieht, – so wie hundert andere Industrien, welche hier aufzuzählen zu weitläufig wäre. Hierzu rechne man endlich die Merkwürdigkeiten und Kunstschätze von Monza, als alter Hauptstadt der Lombardie, die prächtige kais. Villa, mit ihrem großartigen Parke, welche dem Publicum stets aufs liberalste geöffnet sind und einen bedeutenden Anziehungspunkt für Einheimische und Fremde bilden, – und man wird sich überzeugen, daß der schon jetzt ansehnliche Verkehr von Mailand nach Monza durch Eröffnung der Eisenbahn einer sehr bedeutenden Vermehrung zuverlässig entgegensieht.
Nicht minder einleuchtend sind aber auch die Motive, welche eine größere Bewegung von Monza nach Mailand hervorrufen müssen. Zum Theil ist dieß schon durch die Vermehrung der Frequenz von Mailand nach Monza der Fall, denn wer hinfährt, fährt auch wieder herein; aber sie ist auch unabhängig hievon zu erwarten. Die Monzer Fabriken haben ihren Absatz großentheils in Mailand, und beziehen auch ihre rohen und Färbestoffe von eben daher. Je mehr die Verbindung mit Mailand erleichtert und Monza zur Vorstadt von Mailand erhoben wird, desto mehr wird die Anzahl der Fabriksinhaber zunehmen, weil auch der kleinste sich im Stande sehen wird, seine Ein- und Verkäufe persönlich abzumachen, während dieß gegenwärtig noch von wenigen geschieht. Monza hat wohlfeile Localitäten, Wasserkräfte, eine sehr industriöse Bevölkerung, die nach aller Wahrscheinlichkeit auf der betretenen Bahn schnell fortschreiten, noch eine Menge anderer Gewerbszweige ergreifen wird, so daß es sich in kurzer Zeit zum Manchester von Mailand emporschwingen kann. – Neben der Baumwoll-Fabrication beschäftigt die Seiden-Industrie mit ihren zahlreichen Filanden und Filatorien die ganze Gegend von Monza aufwärts bis an die Arme des Comer-Sees. Auch sie empfängt ihren Impuls von der Hauptstadt; die erzeugte rohe und filotajirte Seide geht nach Mailand, die Gelder und ein großer Theil der rohen Seide für die Filatorien kommen von Mailand, indem das locale Erzeugniß in roher Seide lange nicht hinreicht, die Filatorien in fortdauernder Thätigkeit zu erhalten. Bezug und Absatz geschehen gegenwärtig meist durch Unterhändler, aber der Eigenthümer wird vorziehen, seine Interessen selbst zu besorgen, wenn es mit größerer Leichtigkeit als bisher geschehen kann. – Eben so wie die Grundbesitzer häufiger ihren Besitzungen nachsehen werden, ist auch für gewiß anzunehmen, daß die Pächter, statt ihre Producte bei Hause oder durch Unterhändler zu verkaufen, sie lieber selbst in der Stadt verwerthen werden. Die ganze Bevölkerung überhaupt, für welche jetzt eine Reise nach der Stadt ein Ereigniß ist, wird sich immer mehr daran gewöhnen, ihre Erzeugnisse selbst in der Stadt abzusetzen, und dort ihre Bedürfnisse einzukaufen, dadurch wird sie zu größerer Thätigkeit gespornt, und der Austausch, mit ihm der Verkehr, immer lebhafter werden.
Schließlich ist noch im Allgemeinen zu erwähnen, daß der Lombarde ein sehr betriebsamer Menschenschlag ist, der sich auch mit einem kleinen aber sichern Gewinne begnügt, der höchst mißtrauisch ist, und seine Geschäfte lieber durch sich selbst als durch Andere besorgt – lauter Umstände, die ihn vorzugsweise zur Benützung der Eisenbahn hinleiten müssen. Ferner ist es Thatsache, daß das Fußreisen den Volksgewohnheiten und Vorurtheilen in Ialien durchaus widerspricht, was wohl im Klima begründet ist, und daß auch der Aermste sich gern etwas am Unterhalt abbricht, um nur eine Fahrgelegenheit benützen zu können. Wie viel eifriger werden daher alle Volksclassen die Eisenbahn benutzen, bei der sie Zeit gewinnen, weniger ausgeben, und ihre Gesundheit schonen? Ein nicht minder wichtiger Umstand ist der, daß die schlechte Jahreszeit in Italien ein Monat später, die gute ein Monat früher eintrifft, als in nördlichen Ländern, daher auch aus diesem Grunde die Frequenz der italienischen E. B. im Allgemeinen um so höher anzuschlagen ist, als derjenigen Gegenden, wo die schlechte Jahrszeit auf volle vier Monate anzunehmen ist, während sie in Italien nur zwei Monate ausfüllt.
Aus allen angeführten Gründen geht hervor, daß die Personenfrequenz auf der Monzer Eisenbahn zu den günstigsten unter den bisher bekannten gehören, und demnach auch ihr Erträgniß sich nicht minder günstig gestalten wird.
Nimmt man nur das Doppelte der jetzigen Frequenz an, so beträgt selbiges zu 24 kr. Durchschnitts-Fahrpreis, mit Abzug von 50 Proc. Kosten, reine 186,734 fl. jährlich, oder über 15 1/2 Proc. des Anlags-Capitals. Es ist nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich, daß die Bahn 20 und mehr Proc. tragen wird, indeß bleibt es jedem überlassen, sich, auf die vorbemerkten Thatsachen gestützt, die Wahrscheinlichkeit des wirklichen Erträgnisses nach eigener Ansicht zu berechnen, indem hierbei nicht sowohl von festen Ziffern, die der Wirklichkeit nie genau entsprechen können, sondern vielmehr von einer richtigen Schätzung der wahren Sachlage ausgegangen werden muß. Hiezu ein Scherflein beizutragen, ist der Hauptzweck gegenwärtiger Zeilen.
Bisher ist die Monzer Bahn bloß für sich allein, ohne Beziehung auf andere Bahnen betrachtet worden. Aber ihr Erträgniß stellt sich noch weit höher heraus, wenn sie in Verbindung mit ihren natürlichen Fortsetzungen, einerseits nach Bergamo, andrerseits nach Como gedacht wird. Beide Seitenarme liegen so nahe, daß ein paar Worte hierüber an der Zeit scheinen, um die ganze Wichtigkeit von Monza als Centralpunkt jener beiden Arme gehörig zu würdigen.
Für Bergamo hat sich eine eigene Compagnie gebildet, und die bezügliche allerhöchste definitive Concession wird in Bälde erwartet. In Gemäßheit der eingereichten, ganz detaillirten Bauplane können die Bau- und Einrichtungskosten dieser Bahn auf 2 Millionen Gulden angenommen werden. Um dieses Capital mit bloßen 5 Proc. zu verzinsen, sind, den Durchschnitts-Fahrpreis zu 1 fl. angenommen, jährlich 200,000 Personen nöthig, welche der Monzer Bahn zufallen müssen. Aber schon die gegenwärtige Frequenz ist auf 256,000 Personen ermittelt worden, und die wirkliche Frequenz wird, aller Wahrscheinlichkeit nach, einst diese Ziffer weit übersteigen, indem der Verkehr zwischen Bergamo und Mailand durch die Erleichterungen der Eisenbahn einer ansehnlichen Vermehrung fähig ist, und ein lebhafter Verkehr zwischen Bergamo, der Brianza und Como, wie er der natürlichen Verhältnisse halber stattfinden könnte und sollte, noch gar nicht besteht, weil die Entfernung und der Umweg der jetzigen Straße zu groß sind.
Für eine Bahn von Mailand nach Como besteht schon ein allerhöchstes Privilegium, das aber noch nicht zur Ausführung gekommen ist, weil Jedermann einsieht, daß es thöricht wäre, auf ein Drittel der Länge eine neue Bahn fast parallel und in kleiner Entfernung neben der Monzer Bahn zu bauen. Es ist demnach die allgemeine Ansicht, daß die Comer Bahn von Monza aus fortgesetzt werden sollte, und diese Ansicht wird auch dadurch gerechtfertigt, daß die Steigung der geraden Linie von Mailand nach Como bis zu dem Punkte, wo die Monzer Linie auf selbige einmünden würde, 4 1/2 pr. Mille beträgt, also der kleine Umweg von 3/4 Meilen über Monza eben dazu dienen würde, diese Steigung dem Locomotiven-Betriebe zugänglicher zu machen, ohne daß dabei die geringste Zeit in der Fahrt verloren würde, denn je steiler die Bahn, desto langsamer die Fahrt. Hiezu kommt dann noch, daß Monza selbst zu dem Verkehre mit Como einen bedeutenden Beitrag liefern kann; daß der Arm von Monza nach Como mehrere der bedeutendsten Seitenstraßen nach der Brianza durchschneidet, und also auch von diesen einen großen Zuspruch zu erwarten hat, dessen die directe Linie entbehren wird; daß der Verkehr zwischen Como und Bergamo, der gegenwärtig nur auf einem bedeutenden Umwege stattfindet, über Monza unendlich erleichtert wird und einer großen Steigerung fähig ist, während die directe Linie von Mailand nach Como bis zum obbemerkten Einmündungspunkte der Monzer Bahn nur unbedeutende Dörfer ohne Industrie durchschneidet, die keinen wesentlichen Beitrag zum Verkehr mit Como liefern können. Es ist demnach mit aller Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß diese so einleuchtenden Gründe den Besitzer des Comer Privilegiums bewegen werden, sich an die Monzer Bahn anzuschließen. Die Baukosten von Monza nach Como können, wie nach Bergamo, auf 2 Millionen Gulden zu stehen kommen, zu deren Verzinsung à 5 Proc. es abermals 200,000 Reisender bedarf. Genaue Erhebungen über den gegenwärtigen Verkehr zwischen Mailand und Como sind zwar noch
keine gemacht worden, indeß der Anzahl der bestehenden Eilwagen und Miethkutschen nach zu urtheilen, kann derselbe nicht geringer seyn, als derjenige nach Bergamo, und da für dessen muthmaßliche Vermehrung durch die Eröffnung der Eisenbahn die nämlichen Gründe sprechen, wie für die Bahn nach Bergamo, so ist auch vermittelst dieser Bahn eine ansehnliche Vermehrung der Frequenz von Monza zu hoffen. Diese Vermehrung von Seite der beiden Arme nach Bergamo und Como kann ohne Uebertreibung so hoch angeschlagen werden, als die Frequenz von Monza allein, ohne den Waarentransport zu rechnen, der sich zuverlässig sehr bedeutend machen wird, und in den Anschlägen dieser Seitenarme eine wichtige Stelle einnimmt. Wollte daher mit der übertriebensten Bedenklichkeit angenommen werden, daß die Monzer Bahn auch nur die Ziffer des gegenwärtigen Personenverkehrs auf den drei benannten Bahnen erlangen werde, so steht auch in diesem Fall eine Verzinsung des Anlags-Capitals à 15 1/2 Proc. zu erwarten. Wie aber die Rechnung sich stellen würde, wenn die Verkehrziffer der Monzer Bahn den jetzigen Stand auf den drei Bahnen verdoppeln oder verdreifachen sollte, bedarf keiner weitern Erläuterung.
Gehen wir nun noch einen Schritt weiter, und betrachten wir Como als den Sammelpunkt des ganzen Verkehrs zwischen der Lombardie und der Schweiz, nebst dem südwestlichen Deutschland – so gelangen wir auf ein Feld, wo zwar jede annähernde Berechnung aufhört, wohl aber die klare Gewißheit eines glänzenden Gelingens vorliegt. Um sich auf diesen Standpunkt zu versetzen, bedarf es keines Aufwandes von Phantasie, sondern nur der Betrachtung von Thatsachen. – Bekannt sind die Fortschritte der Dampfschifffahrt auf dem Rheine bis Basel; es besteht keine schnellere und bequemere Verbindungslinie über die Alpen, als diejenige von Basel bis Mailand, welche in circa 50 Stunden zurückgelegt werden kann; wenn aber die verschiedenen projectirten, leicht ausführbaren und sehr rendablen Verbesserungen einst ins Leben getreten sind, wird der Weg von Basel bis Como über Chur und den Splügen-Paß nach zuverlässiger Berechnung in höchstens 30 Stunden zurückgelegt werden können – eine Schnelligkeit, die für jeden andern Alpenpaß unerreichbar ist, und dem obbenannten, resp. auch der Comer Bahn, die Hauptmasse des ganzen Personen- und Waarenverkehrs zwischen Italien und dem reichern belebtern Theile von Deutschland zuführen muß.
Letztere Bahn wird zudem auch von den beiden Nebenpässen des St. Gotthard und Stilfser-Jochs mit Vortheil benutzt werden können, und also gewissermaßen die obligate Brücke zwischen Italien und Deutschland bilden.
Wenn nun also Como selbst schon so schöne Aussichten hat, wie werden sie sich für Monza stellen? – Setzen wir hinzu, daß bei der Wichtigkeit des Verkehrs zwischen Bergamo und Brescia die Bergamer Compagnie sich leicht entschließen dürfte auch einen Arm nach Brescia zu bauen – ein Entschluß, der ganz in ihrem Interesse liegt, und dessen Ausführung keine Hindernisse entgegenstehen – so würde dadurch auch eine directe Eisenbahn-Verbindung zwischen Monza und Venedig hergestellt und zweifelsohne auch hiermit eine neue Quelle der Frequenz für die Monzer Bahn eröffnet.
[967-72]
Bayerisch-würtembergische Donau-Dampfschifffahrt.
Dienst zwischen Ulm, Regensburg und Linz während der Monate April und Mai 1840
Von Ulm nach Regensburg den 6, 13, 20, 27 April – 6, 13, 20, 27 Mai.
Von Regensburg nach Linz den 1, 8, 15, 22, 29 April – 3, 8, 13, 15, 17, 19, 22, 24, 27, 29 Mai.
Von Linz nach Regensburg den 2, 9, 16, 23, 30 April – 4, 9, 14, 16, 19, 21, 24, 26, 29, 31 Mai,
Von Regensburg nach Ulm den 2, 9, 16, 23 April – 2, 9, 17, 24, 31 Mai.
Die Schiffe stehen mit denen der österreichischen Gesellschaft sowohl bei der Thal- als Bergfahrt in directer Verbindung, so daß stets am Tage nach der Ankunft in Linz die Reise nach Wien resp. Regensburg fortgesetzt wird.
Regensburg, im März 1840
Die Direction.
[900]
Bei George Westermann in Braunschweig ist erschienen und in der M. Rieger'schen Buchhandlung in Augsburg und Lindau vorräthig:
Burns, Rob., Lieder und Balladen, deutsch von Heinr. Jul. Heintze. Mit dem Bildniß und einem kurzen Lebensabriß des Dichters nebst erläuternden Anmerkungen. 8. Velinpap. engl. cartonnirt. 1 1/2 Thlr.
Es wird diese vorliegende Sammlung ausgewählter Poesien des liebenswürdigen Schotten, welchen Goethe zu den ersten Dichtergeistern seiner Zeit rechnete, dem Publicum eine willkommene Erscheinung seyn.
Das Portrait des Dichters in Stahlstich und dessen Lebensabriß ist dem elegant ausgestatteten Bändchen beigefügt.
[882-83]
Zu kaufen gesucht wird
1 Exemplar
der topographischen Karte
von
Würtemberg.
Herausgegeben vom königl. würtembergischen
Generalstabe,
so weit dieselbe erschienen.
Wer ein solches abzulassen hat, beliebe die Verkaufsbedingungen der Expedition der Allg. Zeitung anzuzeigen.
[683-85]
Bekanntmachung.
Ein mit der Technologie, hauptsächlich aber mit dem Fache des Wagenbaues und den darauf bezüglichen neuesten Erfindungen und Verbesserungen etc. sowohl theoretisch als praktisch vollkommen vertrauter, und in jeder Hinsicht durchaus gebildeter Mann, besonders wenn er bereits einer vorzüglichen Wagenfabrik in oder außerhalb Deutschland als Dirigent vorgestanden hat, kann bei einer öffentlichen Anstalt von bedeutender Ausdehnung eine entsprechende Anstellung mit angemessenem Gehalte finden.
Deßfallsige Anmeldungen sind bei der Expedition dieses Blattes, und zwar längstens bis zum 15 Mai 1840einzureichen.
[752-57]
Bei Georg Wigand in Leipzig ist erschienen:
Mittheilungen aus der Generalversammlung deutscher Landwirthe in Potsdam,
insbesondere Zusammenstellung der Verhandlungen der
Abtheilung für Schafzucht, herausgegeben von Gumprecht.
8. In Umschlag broschirt 18 gGr.
[912]
Bei Montag & Weiß in Regensburg ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Urkundliche Enthüllung
der Unwahrheiten
über die
Kirche in Rußland.
Auch unter dem Titel: Kritische Bemerkungen über den bezüglich auf Rußland im Journal de Francfort vom 23 April 1839 eingerückten Artikel.
Aus dem Italienischen.
gr. 8. geheftet 30 kr. oder 8 gr.
Dieses kleine zeitgemäße Schriftchen ist bestimmt, aus der ältern und neuern Urkundengeschichte Rußlands und Polens (von Photius 886 an bis Nikolaus) die Lügen und Irrthümer nachzuweisen, welche man über den griech. Schismatismus zu verbreiten sucht, und somit auch die Ungerechtigkeiten zu entlarven, welche man gegen das mit Rom unirte Volk begangen hat.
☞ Siehe über diese Schrift nähere Erwähnung in Nr. 72 der Allg. Zeitung d. J.
[65]
In der Unterzeichneten ist so eben erschienen und in allen Buchhandlungen Deutschlands zu haben:
Geschichte
der
Glasmalerei
in Deutschland und den Niederlanden, Frankreich, England, der Schweiz, Italien und Spanien, von ihrem Ursprung bis auf die neueste Zeit.
Von
M. A. Geffert,
Rechtsgelehrten
gr. 8. Preis 2 fl. 42 kr. oder 1 Rthlr.
16 gr.
Diese Geschichte der Glasmalerei ist die erste selbstständige und erschöpfende Bearbeitung dieses kunstgeschichtlichen Stoffs, denn das Wenige, was Levieil in seiner Art de la peinture sur verre über deren Geschichtliches schrieb, betrifft lediglich Frankreich und die Niederlande, erstreckt sich kaum auf die drei älteren Perioden dieser Kunst, und ist, wie mehr oder minder alles seither über Glasmalerei Geschriebene, seiner historischen, technischen und sonstigen Irrthümer oder Entstellungen wegen nur mit äußerster Vorsicht zu gebrauchen. Gegenwärtige geschichtliche Darstellung hingegen erfaßt auch die Glasmalerei in Deutschland, England, der Schweiz, Italien und Spanien, kurz allen Ländern, wo sie je Pflege gefunden, und ist um eine Periode, gerade die wichtigste, die ihres neuerlichen Aufschwungs, reicher. Wie weit aber der Hr. Verf., indem er dem Bekannten Neues hinzugefügt, jenes gesichtet, zurecht gesetzt und verständlicht, dieses aber in gebührenden Zusammenhang mit jenem gebracht, kurz das erreicht, was zu erreichen galt, wird der Leser auch ohne Fürwort, welchem der Erfahrene ohnehin nicht zu viel traut, ermessen.
Stuttgart und Tübingen, October 1839.
J. G. Cotta'sche Buchhandlung.
[736]
Bei Karl J. Klemann in Berlin ist so eben erschienen und durch alle Buchhandlungen und Postanstalten des In- und Auslandes zu beziehen:
Tutti Frutti
der neuesten Litteratur des Auslandes.
Herausgegeben
von
Alex. Cosmar und Ludw. Lenz.
1840 I. Heft.
Nicht ein planloses Aggregat, sondern eine Auswahl der besten Erzeugnisse der schönwissenschaftlichen Litteratur, so wie der periodischen Presse des Auslandes, namentlich Frankreichs und Englands – also, da nur die allerneuesten Piecen Aufnahme finden, gleichsam eine fortlaufende Litteraturgeschichte jener Länder – wird hier dem gebildeten Publicum dargeboten. Für den Werth der Uebersetzungen bürgen die Namen der Herausgeber. – Sonach darf das Werk in Leihbibliotheken von auch nur einigem Rufe, in Lesecirkeln, Museen etc. nicht fehlen; aber auch jeder Freund einer werthvollen, belehrend unterhaltenden Lecture wird es gern in seiner Sammlung willkommen heißen.
Regelmäßig jeden Monat erscheint ein elegant broschirtes Heft von etwa 100 Seiten Octav, Velinpapier; jeder Band von 6 Heften (also etwa 600 Seiten) kostet 2 1/2 Rthlr., jedoch werden auch einzelne Hefte à 1/2 Rthlr. abgelassen.
Ausführliche Prospecte gratis.
[761-63]
In der Karl Haas'schen Buchhandlung in Wien, Tuchtauben Nr. 561 ist erschienen und daselbst, so wie durch alle Buchhandlungen zu erhalten:
Die k. k. Bilder-Galerie
im Belvedere zu Wien.
Nach den Zeichnungen des k. k. Hofmalers und Galerie-Custos Sigmund v. Perger, in Kupfer gestochen von verschiedenen
berühmten Künstlern.
Nebst Erklärungen, in historischer und artistischer Hinsicht, in deutscher und
französischer Sprache.
4 Bände in 60 Heften, das Heft in 4 Blättern (also 240 Kupfer) 90 fl. Conv-M.
☞ Kauflustigen, welche sich directe an uns wenden, bewilligen wir noch besondere Vortheile; auch kann zur Erleichterung der Anschaffung dieses Prachtwerk lieferungsweise im Pränumerationspreis abgenommen werden.
Ein ausführliches Inhalts-Verzeichniß wird gratis ausgegeben.
[835]
In der Chr. Fr. Müller'schen Hofbuchhandlung in Karlsruhe erschien so eben
Geschichte der Taktik.
Nach Quellen bearbeitet
von
Freiherrn Karl du jarrys de La Roche,
Großherzoglich badischem Oberlieutenant und Regiments-Adjutanten.
Erster Band.
Geheftet, Preis 1 Rthlr. 3 gGr. oder 1 fl. 48 kr.
Jedem wissenschaftlich gebildeten Militär sind die Schwierigkeiten bekannt, welche sich bei der Abfassung eines Werkes wie das obige dem Herausgeber entgegenstellen, um durch Sammeln der aller Orten zerstreut liegenden Materialien etwas Gemeinnütziges und Tüchtiges zu liefern. Um so mehr wird dem militärischen Publicum ein solches willkommen seyn, bei dem alle Mühe angewandt wurde, die größtmögliche Vollständigkeit zu erzielen.
Ohne hier das Specielle des Werkes selbst anzugeben, wird nur angedeutet, daß dasselbe den Zustand der Taktik seit dem Auftreten von Kriegern bis auf die heutige Zeit darstellen und daher in den verschiedenen Perioden umfassen wird: 1) die Organisation und Bewaffnung der einzelnen Truppengattungen; 2) die Stellung, Bewegung und Fechtart derselben; 3) die Verbindung der Waffengattungen zu selbstständigen Corps oder Armeen. Um die größern Gefechtsverhältnisse näher zu beleuchten, sind jeder Epoche eine oder mehrere Schlachten angehängt, welche, um nicht allein den Charakter derselben, sondern auch der Kriegsführung überhaupt genau darzustellen, mit möglichster Ausführlichkeit beschrieben sind.
[891]
Oesterreichische medicinische Litteratur.
In Wien 1840 bei Singer & Göring ist so eben erschienen:
Observationes microscopicae
ad morphologiam pathologicam
fluidorum Auctore Dr. Gruby.
Tomi primi pars prima.
Tabellis septem et Tabulis quinque lith.
Ohne sich in Meinungen und Hypothesen zu verirren, verfolgt diese gründliche Schrift sowohl in der Auffassung als auch Darstellung der zahlreichen mit Genauigkeit ausgeführten Versuche ihren eigenen Weg. Viele für die Medicin sehr wichtige neue Entdeckungen, die diese Schrift enthält, berührt der bescheidene Verfasser ganz schlicht ohne Lärm und Prunk. Als Schluß fügte dieser Naturforscher Resultate, die allerdings Scharfsinn und tiefe Einsicht des Gelehrten in die Medicin und Chirurgie verrathen, hinzu.
Die sieben zweckmäßig eingerichteten Tabellen erleichtern die Uebersicht der Untersuchungen. Die fünf vom Verfasser selbst genau nach der Natur gezeichneten Tafeln, so wie die übrige Ausstattung verdient besondere Anerkennung.
Dr. W.
[827]
Kriegswissenschaft.
In der Fr. Beck'schen Universitäts-Buchhandlung in Wien sind erschienen und durch alle Buchhandlungen zu erhalten:
Abhandlung
über die Feldbefestigungskunst,
den Angriff und die Vertheidigung der Feldbefestigungen,
nebst einem kurzen Anhange über Kriegsbrücken
für die Schulen der k. k. österreichischen Artillerie
Von
Joh. Fischmeister,
Oberlieutenant im k. k. Bombardier-Corps.
Mit 10 Kupfertafeln. gr. 8. 1840 geh. 2 Rthlr. 12 gr.
Handbuch für die k. k. österreichischen
Artillerie-Officiere.
Mit Benutzung der hinterlassenen Schriften des k. k. General-Majors in der
Artillerie
J. Frhrn. v. Smola,
bearbeitet und herausgegeben
von
Karl Frhrn. v. Smola, Hauptm. im k. k. Gen. Quartierm. Stab.,
und
Joseph Frhrn. v. Smola, Capitänlieut. im Bombardier-Corps.
Zweite vermehrte Auflage mit 10 Kupfertafeln. 8. Velinpapier, 1839.
Geheftet 3 Rthlr. 8 gr.
Leitfaden zur Terrain-Lehre
und à la vue Aufnahme.
Mit 7 Steindrucktafeln. gr. 12. 1839. Geheftet 1 Rthlr. 18 gr.
Vega.
Vorlesungen über die Mathematik.
Erster Band:
Rechenkunst und Algebra.
Sechste Auflage,
Durchgesehen und vermehrt von W. Matzka.
gr. 8. 1838. 3 Rthlr. 12 gr.
[904-6]
Gasthofs-Empfehlung.
Der Unterzeichnete erlaubt sich hiermit seinen ganz neu eingerichteten Gasthof zum
Würtemberger Hof
allen hohen Herrschaften so wie einem geschätzten reisenden Publicum ergebenst zu empfehlen, unter der Versicherung, daß für beste Aufnahme und Bedienung alle Vorsorge getroffen ist. – Frankfurt a. M., im März 1840
Johann Rudolph Strohecker zum Würtemberger Hof.
[64]
In der Unterzeichneten sind erschienen und an alle Buchhandlungen versandt worden:
Geschichtchen
für meine Söhne
von A. v. Kotzebue.
Neue Auflage.
Gr. 8. In Umschlag brosch. Preis 2 fl.
24 kr. od. 1 Rthlr. 12 gr.
Inhalt: Der Tausendkünstler. – Die Pomeranzenschalen und Melonenschalen. – Der alte Oberrock und die alte Perrücke. – Belohnte Theilnahme. – Was geht es mich an? – Der Großsprecher. – Der Lügner. – Die Reise nach Köln. – Die wüste Insel. – Die Gefahren der Einbildungskraft. – Oswald und Gustchen.
Es mangelt zwar nicht an Erzählungen für Knaben, und die Verfasser derselben haben es herzlich gut gemeint; doch kennen wir nur wenige, die im Stande wären, die Einbildungskraft ihrer jungen Leser zu fesseln, und ohne diesen Zauber darf man sich keine Wirkung versprechen. Viele sind zu trocken, mit Moral überladen, die doch nur der Knabe selbst aus den Begebenheiten ableiten sollte. Die Lehre: meide diesen oder jenen Fehler! wird ihm selten vorschweben, wohl aber das Bild des Jünglings, der diesen oder jenen Fehler beging und dafür büßt. – Nicht für Knaben allein, mehr noch für Jünglinge sind diese Erzählungen geschrieben.
Stuttgart und Tübingen 1839.
J. G. Cotta'sche Buchhandlung.
[807-9]
Haus-Verkauf.
In der schönsten und belebtesten Straße der Stadt Zürich, in der unmittelbarsten Nähe des besuchtesten Gasthofes und der Post, kann ein solid gebautes Haus, mit 4 bequemen Wohngemächern, geräumigem Pleinpied und Kellern, käuflich übernommen werden. Es bietet diese Localität überdieß noch den großen Vortheil dar, daß ein daranstoßender Bauplatz damit verbunden ist, durch dessen Benutzung noch ein Gebäude mit beliebiger Einrichtung unmittelbar an jene Straße hingestellt werden kann. – Zugleich könnte die schon seit mehreren Jahren in diesem Hause betriebene öffentliche Apotheke mit allen dazu gehörigen Geräthschaften in den Kauf eingeschlossen werden, wenn ein Käufer sich fände, der dasselbe Gewerbe, wozu Lage und Einrichtung sich vorzüglich eignet, daselbst betreiben wollte. Wer nähere Auskunft wünscht, beliebe sich mittelst frankirter Briefe nunmehr nur an den Eigenthümer in der Apotheke Nr. 34 auf dem Münsterhof selbst zu wenden.
[908-10]
Dienst-Offert.
Eine Schnupftabaks-Fabrik im südlichen Deutschland sucht einen soliden Commissions-Reisenden, welcher zweimal im Jahr die Schweiz bereist und bereits daselbst Verbindungen hat, zum Behuf des Absatzes ihrer Fabricate.
Deßfallsige Offerte beliebe man an die Expedition unter dem Buchstaben R versiegelt abzugeben, worauf dann directe Erwiederungen erfolgen werden.
[913]
Bekanntmachung.
Den Besuchern des Bades Wildbad zeigen wir hiermit an, daß wir Anfangs Mai eine Buch-, Kunst- und Musikalienhandlung, verbunden mit Leihbibliothek, in Wildbad eröffnen werden, und empfehlen unser Etablissement bestens.
C. A. Sonnewald'sche Buchhandlung
in Stuttgart.