Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.Preßfreiheit haben? Hat man in einem Lande Was das elend kranke monarchische Prinzip im¬ Preßfreiheit haben? Hat man in einem Lande Was das elend kranke monarchiſche Prinzip im¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0059" n="47"/> Preßfreiheit haben? Hat man in einem Lande<lb/> das nicht mit der Preßfreiheit verflucht iſt, je von<lb/> der Mütterlichkeit einer Prinzeſſin Wittwe reden ge¬<lb/> hört?“ Ganz Recht hat Herr Jarke. In ſolch<lb/> einem glücklichen Lande erfährt man dergleichen nie.<lb/> Nichts iſt <choice><sic>abſchenlicher</sic><corr>abſcheulicher</corr></choice> und furchtbarer als die Pre߬<lb/> freiheit; ſogar einer fürſtlichen verwittweten Unſchuld<lb/> kann ſie einen böſen Leumund machen.</p><lb/> <p>Was das elend kranke monarchiſche Prinzip im¬<lb/> merfort an ſich kurirt! wahrhaftig man muß Mitleid<lb/> mit ihm haben. Da es ſieht, daß ihm Aerzte und<lb/> Apotheker nicht helfen können, nimmt es zu alten<lb/> Weibern ſeine Zuflucht, und gebraucht ſympathetiſche<lb/> Mittel. Vorgeſtern war ein Ball bei Hofe und da<lb/> erſchienen mehrere Damen „die <hi rendition="#aq">presque jolies et</hi><lb/> „<hi rendition="#aq">à peu près jeunes</hi>“ waren, zum allgemeinen Er¬<lb/> ſtaunen mit Puder in den Haaren, und gekleidet nach<lb/> der Mode aus der tugendhaften Zeit der Regentſchaft.<lb/> Die königliche Familie überhäufte dieſe tugendhaften ge¬<lb/> puderten, loyalen, monarchiſchen, faſt <hi rendition="#g">ſchönen</hi><lb/> und <hi rendition="#g">ungefähr jungen</hi> weiblichen Köpfe, mit Gunſt¬<lb/> bezeugungen aller Art. Der Herzog Decazes machte<lb/> ihnen den Hof im Namen der Camarilla. Thiers<lb/> ſagte ihnen im Namen der Doktrinairs die ſchönſten<lb/> Schmeicheleien. Im Namen des diplomatiſchen Corps<lb/> überreichte ihnen der päpſtliche Nuncius Confect und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [47/0059]
Preßfreiheit haben? Hat man in einem Lande
das nicht mit der Preßfreiheit verflucht iſt, je von
der Mütterlichkeit einer Prinzeſſin Wittwe reden ge¬
hört?“ Ganz Recht hat Herr Jarke. In ſolch
einem glücklichen Lande erfährt man dergleichen nie.
Nichts iſt abſcheulicher und furchtbarer als die Pre߬
freiheit; ſogar einer fürſtlichen verwittweten Unſchuld
kann ſie einen böſen Leumund machen.
Was das elend kranke monarchiſche Prinzip im¬
merfort an ſich kurirt! wahrhaftig man muß Mitleid
mit ihm haben. Da es ſieht, daß ihm Aerzte und
Apotheker nicht helfen können, nimmt es zu alten
Weibern ſeine Zuflucht, und gebraucht ſympathetiſche
Mittel. Vorgeſtern war ein Ball bei Hofe und da
erſchienen mehrere Damen „die presque jolies et
„à peu près jeunes“ waren, zum allgemeinen Er¬
ſtaunen mit Puder in den Haaren, und gekleidet nach
der Mode aus der tugendhaften Zeit der Regentſchaft.
Die königliche Familie überhäufte dieſe tugendhaften ge¬
puderten, loyalen, monarchiſchen, faſt ſchönen
und ungefähr jungen weiblichen Köpfe, mit Gunſt¬
bezeugungen aller Art. Der Herzog Decazes machte
ihnen den Hof im Namen der Camarilla. Thiers
ſagte ihnen im Namen der Doktrinairs die ſchönſten
Schmeicheleien. Im Namen des diplomatiſchen Corps
überreichte ihnen der päpſtliche Nuncius Confect und
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Zitationshilfe: | Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/59>, abgerufen am 22.07.2024. |