1720.Der Patriarch Mezzabarba, der 1720 in China erschien, um den päpst- lichen Willen durchzusetzen, fand den Kaiser unbeugsam in seinem Entschluss, den Päpsten keinerlei Gewalt über seine Unterthanen einzuräumen, und musste Zugeständnisse machen, um den katholischen Glauben nicht gänzlich aus dem Reiche der Mitte verbannt zu sehen.
Der folgende Kaiser, Yun-tsin, vertrieb bei seiner Thron- 1723.besteigung 1723 alle Missionare als Ruhestörer. Einige hielten sich unter Verkleidungen in den Provinzen versteckt; wenige Jesuiten durften unter dem Einflusse mächtiger Beschützer in Pe-kin blei- 1735.ben. -- Kien-lon, welcher 1735 den Thron bestieg, verfuhr mit äusserster Strenge gegen die Christen; die in den Provinzen ver- steckten Geistlichen wurden eingekerkert, die Gemeinden ausein- andergesprengt. Wer den Glauben nicht abschwören wollte, musste fliehen. Die Jesuiten in Pe-kin wandten vergebens alle Mittel auf, 1785.den Kaiser zur Milde zu stimmen; erst 1785 befreite Kien-lon die noch lebenden Priester aus dem Kerker und erlaubte ihnen, das Land zu verlassen.
Einzelne katholische Missionare sammelten seitdem im Ver- borgenen wieder Gemeinden um sich, wurden aber zu Zeiten mit Härte verfolgt. Der letzte Jesuit verliess Pe-kin erst 1823 aus eige- nem Antriebe. Eine zahlreiche Christengemeinde hielt sich dort trotz aller Verbote unter eingeborenen Priestern bis in die neueste Zeit. Das Religionsedict, das Tau-kuan nach dem Frieden von Nan-kin zu Gunsten der Christen erlassen musste, scheint kaum praktische Folgen gehabt zu haben. Erst die französischen Verträge von 1858 und 1860 setzten die katholischen Missionare in ihre alten Rechte ein.
Nach den Portugiesen und Spaniern kamen im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts zunächst Holländer, dann Engländer, Dänen, Schweden, Franzosen, Americaner nach Kan-ton. Deutsche Schiffe erschienen dort wahrscheinlich erst in diesem Jahrhun- dert. -- Die Russische Regierung liess 1806 durch Krusenstern in Kan-ton Versuche zu Anknüpfung des Seehandels machen, dem die chinesische durch ein Verbot begegnete; nur über Kiak-ta sollten mit dem Slavenreiche Waaren getauscht werden. Dieser Land- handel konnte einzig unter dem Schutz von Monopolen gedeihen, und wurde von russischer Seite durch Verbote der Einfuhr chi- nesischer Producte zur See lange begünstigt.
Christenverfolgungen.
1720.Der Patriarch Mezzabarba, der 1720 in China erschien, um den päpst- lichen Willen durchzusetzen, fand den Kaiser unbeugsam in seinem Entschluss, den Päpsten keinerlei Gewalt über seine Unterthanen einzuräumen, und musste Zugeständnisse machen, um den katholischen Glauben nicht gänzlich aus dem Reiche der Mitte verbannt zu sehen.
Der folgende Kaiser, Yuṅ-tšin, vertrieb bei seiner Thron- 1723.besteigung 1723 alle Missionare als Ruhestörer. Einige hielten sich unter Verkleidungen in den Provinzen versteckt; wenige Jesuiten durften unter dem Einflusse mächtiger Beschützer in Pe-kiṅ blei- 1735.ben. — Kien-loṅ, welcher 1735 den Thron bestieg, verfuhr mit äusserster Strenge gegen die Christen; die in den Provinzen ver- steckten Geistlichen wurden eingekerkert, die Gemeinden ausein- andergesprengt. Wer den Glauben nicht abschwören wollte, musste fliehen. Die Jesuiten in Pe-kiṅ wandten vergebens alle Mittel auf, 1785.den Kaiser zur Milde zu stimmen; erst 1785 befreite Kien-loṅ die noch lebenden Priester aus dem Kerker und erlaubte ihnen, das Land zu verlassen.
Einzelne katholische Missionare sammelten seitdem im Ver- borgenen wieder Gemeinden um sich, wurden aber zu Zeiten mit Härte verfolgt. Der letzte Jesuit verliess Pe-kiṅ erst 1823 aus eige- nem Antriebe. Eine zahlreiche Christengemeinde hielt sich dort trotz aller Verbote unter eingeborenen Priestern bis in die neueste Zeit. Das Religionsedict, das Tau-kuaṅ nach dem Frieden von Nan-kiṅ zu Gunsten der Christen erlassen musste, scheint kaum praktische Folgen gehabt zu haben. Erst die französischen Verträge von 1858 und 1860 setzten die katholischen Missionare in ihre alten Rechte ein.
Nach den Portugiesen und Spaniern kamen im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts zunächst Holländer, dann Engländer, Dänen, Schweden, Franzosen, Americaner nach Kan-ton. Deutsche Schiffe erschienen dort wahrscheinlich erst in diesem Jahrhun- dert. — Die Russische Regierung liess 1806 durch Krusenstern in Kan-toṅ Versuche zu Anknüpfung des Seehandels machen, dem die chinesische durch ein Verbot begegnete; nur über Kiak-ta sollten mit dem Slavenreiche Waaren getauscht werden. Dieser Land- handel konnte einzig unter dem Schutz von Monopolen gedeihen, und wurde von russischer Seite durch Verbote der Einfuhr chi- nesischer Producte zur See lange begünstigt.
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Christenverfolgungen.
Der Patriarch Mezzabarba, der 1720 in China erschien, um den päpst-
lichen Willen durchzusetzen, fand den Kaiser unbeugsam in seinem
Entschluss, den Päpsten keinerlei Gewalt über seine Unterthanen
einzuräumen, und musste Zugeständnisse machen, um den katholischen
Glauben nicht gänzlich aus dem Reiche der Mitte verbannt zu sehen.
1720.
Der folgende Kaiser, Yuṅ-tšin, vertrieb bei seiner Thron-
besteigung 1723 alle Missionare als Ruhestörer. Einige hielten sich
unter Verkleidungen in den Provinzen versteckt; wenige Jesuiten
durften unter dem Einflusse mächtiger Beschützer in Pe-kiṅ blei-
ben. — Kien-loṅ, welcher 1735 den Thron bestieg, verfuhr mit
äusserster Strenge gegen die Christen; die in den Provinzen ver-
steckten Geistlichen wurden eingekerkert, die Gemeinden ausein-
andergesprengt. Wer den Glauben nicht abschwören wollte, musste
fliehen. Die Jesuiten in Pe-kiṅ wandten vergebens alle Mittel auf,
den Kaiser zur Milde zu stimmen; erst 1785 befreite Kien-loṅ die
noch lebenden Priester aus dem Kerker und erlaubte ihnen, das
Land zu verlassen.
1723.
1735.
1785.
Einzelne katholische Missionare sammelten seitdem im Ver-
borgenen wieder Gemeinden um sich, wurden aber zu Zeiten mit
Härte verfolgt. Der letzte Jesuit verliess Pe-kiṅ erst 1823 aus eige-
nem Antriebe. Eine zahlreiche Christengemeinde hielt sich dort
trotz aller Verbote unter eingeborenen Priestern bis in die neueste Zeit.
Das Religionsedict, das Tau-kuaṅ nach dem Frieden von Nan-kiṅ zu
Gunsten der Christen erlassen musste, scheint kaum praktische Folgen
gehabt zu haben. Erst die französischen Verträge von 1858 und
1860 setzten die katholischen Missionare in ihre alten Rechte ein.
Nach den Portugiesen und Spaniern kamen im Laufe des
17. und 18. Jahrhunderts zunächst Holländer, dann Engländer,
Dänen, Schweden, Franzosen, Americaner nach Kan-ton. Deutsche
Schiffe erschienen dort wahrscheinlich erst in diesem Jahrhun-
dert. — Die Russische Regierung liess 1806 durch Krusenstern in
Kan-toṅ Versuche zu Anknüpfung des Seehandels machen, dem die
chinesische durch ein Verbot begegnete; nur über Kiak-ta sollten
mit dem Slavenreiche Waaren getauscht werden. Dieser Land-
handel konnte einzig unter dem Schutz von Monopolen gedeihen,
und wurde von russischer Seite durch Verbote der Einfuhr chi-
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/36>, abgerufen am 22.02.2025.
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